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kurzer Zeit in meinen Palazzo geführt?“

      Salome erhob das strahlend schöne Auge zum Gebieter, dann nickte sie und lispelte: „Nicht ein Stern ist's gewesen, des Vaters Auftrag führte mich in den Palast. In Geldangelegenheiten geht mein Vater sicher und deshalb muß zum Einhub die Tochter kommen.“

      „So waret Ihr es doch, die ich flüchtig nur bei meinem Kastner sah!“

      Salome nickte.

      „Und Euer Vater, glücklich zu preisen ob solcher Tochter, die allen

       Liebreiz in sich verkörpert, ist er hier in unserem Kreise?“

      Leise erwiderte Salome, daß der Vater zur Linken neben der Muhme Platz genommen habe.

      „Und die Mutter?“

      „Die Teure ist seit langem uns entrissen!“

      „Wie schmerzlich muß es gewesen sein, von solchem Kind zu scheiden! Doch wollen wir in der Gegenwart bleiben!“ Wolf Dietrich lehnte sich in seinen Stuhl, dessen Lehne mit dem Raittenauer Wappen und den bischöflichen Farben geschmückt war, zurück, um den Blick auf Wilhelm Alt frei zu bekommen. Ein kurzer, musternder, prüfender, stechender Blick, der dem Antlitz des Fürsten einen harten Ausdruck gab, dann kehrte wohlwollende Leutseligkeit in das Antlitz zurück, und freundlich, mit gewinnender Güte und Herablassung rief Wolf Dietrich dem Handelsherrn zu: „Wilhelm Alt, meinen Gruß! Verzeiht, daß so verspätet ich an Euch mich wende, Euch glücklich preise ob der schönen Tochter und den Dank Euch sage dafür, daß es mir vergönnt, die Königin des Festes zur Partnerin zu haben!“

      Wilhelm Alt hatte sich schon bei den ersten Worten erhoben und dem Fürsten tiefe Reverenz durch eine Verbeugung erwiesen. Dann aber blieb der Handelsherr aufrecht vor dem Landesherrn stehen, stattlich anzusehen als ein seiner Bedeutung wohlbewußter, reicher Patrizier. Ein von Liebe und väterlichem Stolz sprechender Blick flog zu Salome hinüber, ein zweiter galt dem Fürsten, und dieser Blick schien prüfend, mißtrauisch zu sein, gleichsam, als traue der Vater nicht dem jungen Herrn, der so wenig Hehl aus seiner Bewunderung und Huldigung für die Tochter mache. Der Dank für die Ansprache fiel etwas kühl aus, vollendet höflich und ehrerbietig, aber fühlbar frostig.

      Sofort zeigte des Fürsten Antlitz den Zug unbeugsamer Härte, den Ausdruck von Hochmut, der Blick ward stechend und höhnisch; doch weltgewandt meisterte Wolf Dietrich sofort seine Empfindungen und den Gesichtsausdruck, die Falte auf der geistkundenden Stirn glättete sich, lächelnd grüßte der junge Kirchenfürst unter den Worten: „Wir danken Euch, Wilhelm Alt und wollen Euch den nun beginnenden Tafelfreuden nicht länger entziehen!“

      Nach abermaliger tiefer Verbeugung nahm der Kaufherr seinen Platz wieder ein, sofort von der Schwägerin interpelliert, was denn alles der gnädige Herr gesprochen. „Ich hör' auf einem Ohr nicht gut, das schlechte Wetter ist daran schuld!“ fügte die neugierige Bürgermeisterin hinzu. Wilhelm Alt war boshaft genug, um der Schwägerin zuzuwispern: „Einen Hopser will er später mit Euch machen!“ Frau Alt schien das Geflüster doch vollkommen verstanden zu haben, denn ganz etikettwidrig platzte sie heraus: „Nicht möglich?“ Das klang so drollig, daß auch Salome ein Kichern nicht unterdrücken konnte.

      Wolf Dietrich hatte sich an den Bürgermeister gewendet, als der Gang: „Ein gelb Essen ist lind zu essen“[1] serviert worden war, und sprach zum ehrerbietig aufhorchenden Stadtgewaltigen: „Nun wir die linde Speise hinter uns haben, wollen wir auch linder Stimmung sein und vernehmen, was die Herzen meiner Salzburger beweget.“

      Das klang wie Musik in den Ohren Ludwig Alts, der es gleich dem Stadtrat bitter genug empfunden hatte, daß der Landesherr kaum nach seinem Regierungsantritt von den Errungenschaften früherer Erzbischöfe schleunigst Gebrauch machte und eine Revision in den Personen des Stadtrates in Bezug auf ihre Gesinnung vornahm, die eine fühlbare Veränderung dieser Instanz hervorrufen mußte.

      Ludwig Alt traute aber der „linden“ Stimmung des jungen Gebieters nicht völlig, immerhin wollte er den Versuch machen, sie zu Gunsten der Stadt, namentlich zur Wiedererlangung der abgenommenen Kriminalgerichtsbarkeit auszunutzen. Vorsichtig brachte Alt hervor: „Wenn wir in schuldiger Ehrfurcht eines vom gnädigen Herrn erbitten dürften, so wäre es, daß das Stadthaupt und der Rat gewissermaßen doch auch noch etwas zu sagen hätten!“

      Wolf warf den geistvollen Kopf auf, sein scharfer, geschwinder Sinn hatte im Nu erfaßt, wohinaus der Bürgermeister zielte, doch wollte er die Erkenntnis nicht verraten und fragte daher: „Wie meint Er das?“

      „Wenn Hochfürstliche Gnaden es huldvoll verstatten wollen: Wir haben nur noch die Exekutive, seit Ew. Gnaden neue Hofratsordnung in Kraft getreten ist und auch diese Gerichtsbarkeit dieser erzbischöflichen Behörde übertragen wurde, und —“

      In diesem gewichtigen, ja gefährlichen Augenblick trat Wilhelm Alt, der in höchster Spannung dem bedeutungsvollen Gespräch zugehört, dem Bruder warnend auf den Fuß.

      „Und?“ fragte Wolf Dietrich mit lauernder Miene.

      Der Bürgermeister konnte die brüderliche Warnung nicht recht deuten und im Banne der fürstlichen Frage rutschte ihm heraus: „Und diese Exekutive erniedrigt uns zum bedeutungslosen Polizeibüttel, der sonst nichts ist und nichts zu sagen hat!“

      Wolf Dietrichs Wangen färbten sich rot, Wilhelm Alt, der Weitblickende, erblaßte. Ahnunglos plauderten und aßen die Festgäste, nur in der nächsten Umgebung des Fürsten herrschte beklemmende Ruhe.

      Wieder meisterte der Landesherr sein heißes Blut, kühl, fast höhnisch sprach er: „Deut' ich das vernommene Wort recht, und es ist nicht schwer zu deuten, so spukt in euren Köpfen der Geist der Rebellion!“

      Beide Alts zuckten zusammen. Da griff Salome helfend ein: „Verstattet gnädigster Herr und Gebieter ein vermittelnd Wort!“

      Überrascht rief Wolf Dietrich: „wie? Majestät Schönheit will sich ins Gebiet der Politik begeben?“

      „Verzeihung, gnädigster Landesvater! Ich fühle wohl den herben Tadel in den Worten Ew. Hochfürstlichen Gnaden und gestehe willig dessen Berechtigung zu. Ein Weib, ein Mädchen nun gar soll schweigen, so im Kreise bedeutender Männer das Wohl des Landes beraten und erwogen wird. Ein Weib —“

      „Ein fürstlich Weib!“ murmelte Wolf Dietrich und ein bewundernder Blick schien die schöne Gestalt Salomes umfassen zu wollen.

      Klug nützte Salome den Augenblick wie die Schmeichelei: „Ein Weib versteht nichts von den wichtig politischen Dingen, doch kann weibliches Empfinden oft besser erfassen, den Kern einer Sache erkennen, als ein kluger Manneskopf, wasmaßen das Weib meist nicht von Nebendingen beeinflußt ist.“

      „Ei ei, der Diplomat im weiten Rock!“ lachte der Fürst amüsiert.

      Tapfer behauptete Salome: „Ew. Hochfürstliche Gnaden werden mir zugeben, daß ich in der eben vernommenen Sache ganz unzweifelhaft nicht beeinflußt bin, denn mit Kriminal- und peinlichen Prozessen habe ich in meiner Lebtage nichts zu schaffen gehabt und hoffe, davon verschont zu bleiben, bis des Alters Schnee auf meinem Haupte lastet und darüber hinaus.“

      „O, carissima mia! Wie kann das lieblichste Geschöpf der Erde die Schrecken des Alters heraufbeschwören, stören den harmonisch schönen Eindruck, der mein Herz entzückt! Schnee auf Eurem goldigen Haupte, holde Göttin meiner Seele! Bannt mir solches Denken! Hinweg damit! Ich kann dieses Wortbild nicht fassen, ich hasse es!“

      „Und dennoch wird jene Zeit auch über mich kommen! Doch Euer Wunsch, gnädigster Herr, ist mir Befehl, heut und so lang ich lebe —“

      „Hört ihr es!“ wandte sich Wolf Dietrich zu den beiden Alten, „so spricht eine Unterthanin Salzburgs, weise und ergeben in den fürstlichen Willen, und wären der Unterthanen alle wie Schönsalome, es wäre eine Freud' und Lust, Herr zu sein! — Doch sprecht aus, was Eure Brust bewegen mag!“

      „Mein Ohm,“ erwiderte Salome, „der allverehrte Bürgermeister hat es ehrlich, wenn auch vielleicht zu hastig, ausgesprochen, daß zu viel genommen ward von den Rechten Salzburgs, daß der Rat

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