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bin ernstlich gespannt, wer Sie sind, Sir! Lassen Sie sich näher betrachten! Ich wäre so froh!“

      „Es ist nicht nötig! Ich räche mich. Um das zu sagen, bin ich unter Ihrem Gastrecht gekommen. Ich gehe jetzt wieder hinüber nach Theben in das Tal.“

      Und Herr Sanders, immer Herr der Situation, hielt die Voreiligen um ihn zurück.

      „Rührt ihn nicht an! Lasst ihn ruhig gehn! Gott weiss, wer das ist. Aber alles, nur kein Auftritt, der Mrs. Sanders das Fest stört! So. Nun ist er schon wieder draussen in der Nacht.“

      13

      Aus dem Tagebuch Sabine Ritters

      Als der schwarze, alte Mann glücklich weg war, war mir ganz unheimlich zumute. Es presste mir etwas das Herz zusammen. Es war wie eine unbestimmte, aber schreckliche Angst vor der Zukunft — nicht für mich, sondern für Herrn Sanders, der das Schicksal so ohne Not herausfordert. Es wäre doch wirklich schade um ihn. Er ist doch Millionär. Was gehen ihn die Mumien an? Kein Mensch verlangt von ihm, dass er sich für die ägyptische Wissenschaft opfert, von der er doch gar nichts versteht, und wenn er auch jetzt noch so majestätisch als Pharao an meiner grünen Seite sass.

      Ich hätte als die Pharaonin natürlich immer gnädig lächeln müssen. Ich schaute oben von meinem sehr wackeligen Sitz auf der Sänfte bang durch die Halle. Da sah ich überall betroffene Gesichter. Die Ladies und Gentlemen standen wie gelähmt. Es wollte niemand recht reden. Die Feststimmung war gründlich verflogen.

      Der Mr. Nothomb mit seiner unverwüstlichen Laune war auch nicht mehr da. Der hatte in aller Eile seinen Priestermantel einem nubischen Krieger zum Aufheben zugeworfen und war in Frack und weisser Binde hinaus nach dem Sethostempel gerannt. Dort in der Garderobe hatte er seinen Zylinder einer lebensgrossen zweiköpfigen Götterstatue auf den einen Kopf gesetzt. Das hatte ich vorhin gesehen. Mit dem Zylinder im Genick fuhr er Hals über Kopf nach dem Telegraphenamt. Man hörte in der Ferne sein Töffen.

      Die Mrs. Sanders faltete die Hände vor dem riesigen Skarabäus, den sie auf der Brust eingestickt trug. Sie warf einen verzweifelten Blick auf ihren Mann, er müsse helfen und den Abend retten.

      Es ist vielleicht nicht gut, dass ein Pharao raucht. Es stört die Illusion. Nun gar eine kurze englische Pfeife. Aber es wirkte doch sehr gemütlich und beruhigend, als Herr Sanders breitbeinig neben mir in der Sänfte stand und zwischen den ersten Zügen, die er paffte, zu reden anfing.

      Er redete so, wie die Engländer nach Tisch reden. Die haben doch so eine trockene und humoristische Art. Sie machen ganz ernste Gesichter und zwinkern nur ein bisschen mit den Augen, dass die andern bei den ernstesten Sätzen lachen müssen. So hatte Sanders nach ganz kurzem die Lacher auf seiner Seite. Nach seiner Auffassung war der alte Gentleman, der da plötzlich aus dem Kasten gesprungen war, eine neue Einrichtung von Cook and Son — eine Gespenster-Company Limited —, um durch eine neue Sensation den Touristenverkehr im Niltal zu heben — wenn nicht etwa betrüblicherweise — das sagte mein Pharao sehr bedenklich — dieser zynische Nothomb den missvergnügten alten Herrn von vorhin ausstaffiert und in Gang gesetzt habe, um seinen Blättern eine vorläufige Kostprobe garantiert echtes altes Ägypten vorzusetzen und sie so auf die kommenden Knalleffekte seiner Berichte vorzubereiten.

      Denn er sei allerdings entschlossen, von dem Ritt auf das Scheschonkgrab abzusehen, schloss Sanders traurig und unter einem allgemeinen Gemurmel des Bedauerns, aber erst an dem Tag, an dem die Hölle gefriere. Aber bis dahin, hoffe er ernstlich, habe es noch gute Wege. Des Teufels Grossmutter habe noch Kohlen genug, und diese Zeit wolle er, Sanders, weise im Tal der Könige ausnutzen und seine Arbeit dort weder wie jetzt eben hier bei einem Speech unter Freunden, scherzhaft, noch, einer missvergnügten Mumie zuliebe, tragisch, sondern ganz nüchtern, als eine nützliche und gute Sache betrachten. Auf das Gerede der Mumien dürfe man als moderner Mensch nichts geben. Mumien seien immer unzufrieden. Sie seien schon zu alt. Sie lebten sich nur langsam in die Neuzeit ein. Man müsse ihnen nötigenfalls mit ein wenig Humor begegnen.

      Es war ihm natürlich mit all dem Unsinn nicht ernst. Aber seine nachlässigen Worte hatten, weil alles darüber lachen musste, die Stimmung wiederhergestellt. Jetzt gab er der Musik ein Zeichen. Das Saxophon setzte ein, und die Harfen und Flöten und Zimbeln halfen bei dem Tango mit, dass es allen in den Schuhen und Sandalen zuckte. Sanders sprang mit einem Satz wie auf der Olympiade von der Sänfte, packte mich um die Taille, schwenkte mich mit einem Schwung durch die Luft herunter auf den Boden. Er musste athletische Kräfte haben. Denn ich bin bei meiner Länge doch auch kein Federgewicht. Er liess mir kaum Zeit, auf die Füsse zu kommen, legte den Arm um mich und tanzte mit mir los.

      Wir tanzten als Pharao und Pharaonin voraus zwischen den riesigen bunt bemalten Säulen. Das gab den andern allen Mut, und sie tanzten hinterher. Da war binnen kurzem wieder das Stimmengewirr von früher, und alles sprang durcheinander, und die gute Laune war wieder da und der komische kleine Mann von vorhin vergessen.

      Aber ich konnte ihn nicht vergessen, sondern sagte, während wir tanzten, in einer Angst, die ich nun einmal nicht loswurde, zu Sanders:

      „Das Leben hat Ihnen doch so viel gegeben!“

      „Meinen Sie?“ sagte er gleichgültig. Ich fuhr halblaut und ein bisschen ausser Atem vom Tanzen fort:

      „Das ist doch klar. Jeder Mensch beneidet Sie! Das sehe ich doch hier den ganzen Abend. Das begreife ich auch selber. Sie haben ja einfach alles!“

      „Das ist aber sehr wenig!“ meinte er und lachte herzlich. Ich sagte:

      „Das ist mir zu hoch! Das verstehe ich nicht!“

      „Nun — je weniger man hat, desto mehr hat man!“ sagte Sanders und tanzte mit mir um eine Säule mit einem riesenhaften Sperbergott. Er tanzte ausgezeichnet. Er führte blendend. Er hatte dabei immer noch Zeit, mit seinen Gästen auf englisch, französisch, italienisch ein paar scherzhafte Worte zu tauschen. Er war wirklich ein internationaler Weltmann. Wir beide, er und ich, sprachen miteinander gut deutsch. Ich konnte mir nicht helfen. Ich frug gepresst:

      „Warum müssen Sie denn durchaus in dem Pharaograb Ihr Leben aufs Spiel setzen?“

      „Es ist nicht so schlimm!“ sagte Sanders zerstreut. Es war, wie wenn man ein Kind beruhigt. Das ärgerte mich. Ich versetzte erbittert:

      „Die Mumien können doch sehr ungemütlich sein! Fragen Sie nur Mrs. Adams! Die kann Ihnen von Beschwörungen erzählen, die durch Jahrtausende fortwirken. Die weiss das ganz genau!“ Ich wurde gegen meinen Willen leidenschaftlich. „Warum muss denn ein Mann wie Sie sich solchen unberechenbaren und unnötigen Gefahren aussetzen?“

      „Oh — ich bleibe am Leben!“ sagte Sanders beiläufig, wie wenn wir vom Wetter sprächen. „Es würde mir auch gar nicht passen! Ich habe in nächster Zeit dringend in Chicago zu tun!“

      „Und wenn Ihnen doch etwas passiert?“ frug ich. Da schaute er mich aus seinen grossen blauen Augen an und sagte ganz ruhig:

      „Na — und was ist denn dann weiter gross an mir verloren?“

      Das klang so seltsam, dass ich ganz erschrocken war und eine Weile beim Tanzen schwieg und über diese Worte nachdachte. Dann sagte ich:

      „Das meinen Sie doch nicht im Ernst?“

      Aber jetzt war es ihm ernst. Das sah man an seinem Gesicht. Das war ganz verändert.

      „Na — wenn ich morgen nicht mehr bin!“ sagte er. „Diese Lücke in der Welt schliesst sich automatisch ganz schnell. Eine Anzahl Banken und Hoteldirektionen und Automobil- und Jachtfirmen und Londoner Schneider und Kammerdiener und Köche und Bilderhändler werden mir eine Zeitlang nachtrauern. Die übrige Menschheit kann mich wirklich verschmerzen!“

      „Wie kann man sich selbst nur so heruntersetzen!“ sagte ich zornig. Ich war ganz erbittert auf ihn. Er erwiderte:

      „Was habe ich denn für die Menschheit getan? Antwort!“

      Das wusste ich nicht. Darauf er:

      „Gar nichts!“

      Die

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