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meist nur ein Gelaß enthaltend, mit Stroh oder Dünger gedeckt. Der Fürsorge der Militärverwaltung entsprachen nur die Kirche und die steingefügten Häuser für den Popen und für die Schule.

      Der langhaarige und bärtige Pope Vid sprang wie ein gehetzter Hirsch herbei, als Hauptmann Tonidandel mit sechs Soldaten am Pfarrhause hielt. Überschwenglich und untertänig begrüßte der Pope den „erlauchten“ und gnädigen Herrn, völlig nach Domestikenart, unterwürfig und kriechend.

      Barsch fragte Tonidandel in dem üblichen Gemisch von Militärdeutsch und Likaner Kroatisch, ob der Pope Vid heiße und der Pfarrer dieses Dorfes sei.

      „Gehorsamst aufzuwarten, gnädiger Herr! Ich bin der Pope dieses Dorfes auf Empfehlung des hochwürdigsten Archimandriten durch die Gnade des erlauchten Chefs des Likaner Regiments, des gnädigsten Herrn Oberst K. in Karlstadt! Womit kann ich Euer Hochwohlgeboren dienen! Ich bitte um die hohe Ehre, die Schwelle meines Hauses überschreiten zu wollen!“

      Den Hinweis auf die Ernennung zum Popen durch den Regimentschef K. hielt Tonidandel einstweilen für eitel Prahlsucht. Sein Pferd und die Bedeckungsmannschaft schickte der Offizier in das Dorfgasthaus. Und sofort machte sich Tonidandel an die Erledigung der Dienstgeschäfte, die für einen Offizier ebenso seltsam wie lästig waren.

      Der Forderung, die Register (Pfarrmatrikel) vorzulegen, suchte sich der

       Pope zu entziehen mit dem Hinweise, daß er — kein Freund von

       Schreibereien sei und um keinen Preis der Welt den gnädigen Herrn

       Kommandanten belästigen wolle.

      Scharf bestand Tonidandel auf der Vorlage der Pfarregister. Der Pope wand und krümmte sich. Und er jammerte: „Halten zu Gnaden, erlauchter Herr Hauptmann! Die Matrikel, so Euer Herrlichkeit wünschen, ist ganz überflüssig, also nicht vorhanden!“

      „Waaas? Wieso?“

      „Halten zu Gnaden, Erlaucht! Li ja baš tako![8] Ganz überflüssig! Wird ein Kind geboren, so taufe ich es, das Kind ist da, braucht also nicht aufgeschrieben werden, weil es da ist! Stirbt einer in meiner Gemeinde, so ist er weg; den Toten schreibe ich nicht auf, weil er eben weg ist!“

      „Prachtvoll!“ höhnte Tonidandel.

      „Danke gehorsamst für diese Anerkennung Euer Erlaucht! Sie freut mich sehr!“

      „Und die Hochzeiten! Werden diese auch nicht aufgeschrieben?“

      „Nur die Namen, von wegen der Gebühren, wenn die Paare nicht gleich bezahlen! Die Zahlung ist die Hauptsache! Wovon soll ein armer Pop leben?“

      „Eine interessante Wirtschaft in einem Pfarramt!“

      „Ich danke untertänigst! Aber interessant ist bei mir nichts, das

       Einkommen schlecht!“

      „Wo hat Er denn studiert?“

      „Gehorsamst aufzuwarten, beim Archimandriten!“

      „Wie? Unbegreiflich! Zeig' Er mir seinen Lehrbrief!“

      „Halten zu Gnaden, Herrlichkeit! Ich besitze ein solches Dokument nicht!“

      „Tod und Teufel! Also hat Er Theologie gar nicht gelernt!“

      „Zu dienen, Erlaucht! Der hochwürdigste Archimandrit hat mich höchstpersönlich unterrichtet, hat mich gelehrt: Messe lesen, Predigen, alle praktischen Funktionen, die ein Pop wissen und ausüben muß! Ganz praktisch, nur praktisch! Ein Dokument hierüber haben mir der hochwürdigste Archimandrit nicht auszufertigen geruht!“

      „Warum hat Ihn der Archimandrit in so auffallender Weise sozusagen — abgerichtet?“

      „Aus Dankbarkeit!“

      „Wie? Was? Wie kommt ein Archimandrit dazu, einem Menschen wie Ihm — so sonderbar zu Dank verpflichtet zu sein?“

      „Das kann ich Euer Herrlichkeit nur ins — Ohr sagen, denn es muß das ein

       Geheimnis bleiben!“

      Und ehe der Offizier diese widerliche Zudringlichkeit verhindern konnte, hatte ihm der Pope das — Geheimnis ins Ohr geflüstert.

      Erst starrte der Hauptmann den sonderbaren „Pfarrer“ an, verblüfft in hohem Maße; dann aber lachte Tonidandel, daß ihm das Wasser aus den Augen schoß.

      Zum Schlusse dieser denkwürdigen Pfarrmatrikelkontrolle bestand der

       Offizier auf der Einhändigung des Ernennungsdekretes.

      Dieses Dokument lieferte der Pope ersichtlich ungern, zögernd und wider

       Willen ab.

      Ein Blick auf Dienstsiegel und Unterschrift. Und Tonidandel frohlockte.

       Es stimmte genau; der Oberst K., kein anderer, hatte dieses Monstrum von

       Theologen zum Pfarrer ernannt. Und den Popen Vid mußte er völlig

       vergessen haben: denn sonst würde er den Hauptmann nicht auf das —

       Protektionskind gehetzt, Kontrolle und Bestrafung angeordnet haben.

      Wegen der weiteren Erledigung dieser Angelegenheit, erklärte der

       Offizier, daß ein Bescheid dem — „Pfarrer“ schriftlich zugehen werde.

       Das Ernennungsdekret nahm er mit.

      Wie zu Stein erstarrt blieb der Pope stehen, als der Hauptmann lachend das Pfarrhaus verließ….

      Zwei Tage später schrieb Tonidandel in der Kanzlei zu S. den gewünschten Bericht an das Regimentskommando in Karlstadt. Zwar nicht „erschöpfend“, aber sarkastisch, knapp und sehr verständlich. Der Inhalt lautete ungefähr: Eine Pfarrmatrikel gibt es im Dorfe …. nicht; der mit Dekret des Regimentskommandanten, des Herrn Oberst K. zum — Pfarrer ernannte Jaša Vid war früher durch viele Jahre Kutscher beim Archimandriten …., der den Vid aus Dankbarkeit zum Popen abrichtete, weil der Vid niemals einen — Lohn für seine Kutscher- und Hausknechtsarbeit erhalten hat. Deshalb besitzt der Vid auch keinen theologischen Lehrbrief und keine theologischen Kenntnisse. Vid behauptet, daß der Archimandrit ihn dem Herrn Regimentschef empfohlen habe. Die Bestrafung wegen ungenügender Matrikelführung wolle das hohe Regimentskommando vornehmen.

      Bezüglich der Errichtung von Räuberkommandos wird gehorsamst bemerkt, daß es im Dienstbereiche des Kompagniekommandos S. Räuber nicht gibt.

      Deshalb wird gehorsamst um Angabe der Dörfer gebeten, in die zwecklos

       Detachements gelegt werden sollen….

      Lachend fügte Tonidandel diesem Schriftstück das Dienstsiegel des

       Kompagniekommandos und seine Unterschrift bei.

      Das Städtchen S. und die Lika wurden bald darauf eingeschneit, von allem Verkehr gänzlich abgeschnitten. Wochen vergingen. Und als erstmals wieder auf Schlitten die Militärpost aus Karlstadt nach S. kam, enthielt die Posttasche unter anderm ein Schriftstück, das den Befehl zur Aufstellung von Räuberkommandos widerrief und dem Kompagniekommando mitteilte, daß Oberst K. unter Beförderung zum Generalmajor nach Wien versetzt worden sei. Also war Hauptmann Tonidandel seinen „Befehlsgeber“ und Peiniger los geworden.

      Fußnoten:

      [1] Starešina (gesprochen Starjeschina) = Oberhaupt, Gemeindesvorsteher, Bürgermeister, Dorfältester, auch Befehlshaber. Es muß der Starešina nicht immer ein alter Mann sein, soll sich aber in „gesetzten“ Jahren befinden. Der Südslave verehrt nur den Alten, der in bester Lebenskraft voll und ganz seinen Mann gestellt, Großes geleistet hat.

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