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dir sein.«

      Langsam hoben sich die Lider des jungen Mannes. Er sah sie an. Seine Lippen bewegten sich. Es fiel ihm schwer zu sprechen, weil sein Mund so trocken war. »Ja, du bist da«, erwiderte er stockend und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe dich gerufen, und du bist gekommen.«

      »Und so wird es immer sein«, versprach Melanie außer sich vor Glück. »Ich bin so froh, daß du endlich aufgewacht bist, Jörg. Du ahnst nicht, wie sehr ich dich vermißt habe.« Sie strich ihm sanft über die Wange.

      Ihr Freund schloß müde die Augen. »Geh nicht fort, bleib bei mir«, bat er. »Ich brauche dich so sehr.«

      »Nein, ich gehe nicht fort«, versicherte sie und wischte sich über die Augen, dann klingelte sie nach der Nachtschwester.

      *

      Vier Wochen später feierten Melanie Berger und Jörg Thomson im kleinen Saal des »Luisenhofes« ihre Verlobung. Sie hatten ihre Freunde und all die Menschen eingeladen, die ihnen etwas bedeuteten. Seit Jörg aus dem Krankenhaus entlassen worden war, wohnte Melanie wieder im »Luisenhof«, allerdings nicht in einem der Gastzimmer, sondern in einem kleinen Appartement, das

      zur Wohnung ihrer zukünftigen Schwiegereltern gehörte. Gerhard Thomson und sie hatten sich ausgesprochen, und er hatte eingesehen, wie unrecht er ihr getan hatte.

      »Wie lange wirst du noch am Tegernsee bleiben, bis du nach Stuttgart zurückkehren mußt?« fragte Fabian Lindenmaier die junge Frau, als er mit ihr tanzte.

      »Noch eine Woche«, antwortete Melanie. »Ich habe meiner Vorgesetzten bereits gesagt, daß ich kündige. Also werde ich wohl bis Ende des Jahres für immer an den Tegernsee übersiedeln.« Ein Lächeln umhuschte ihre Lippen. »Jörgs Vater hat mir auch schon einen Job angeboten. Er möchte, daß ich alles lerne, was mit der Führung eines Hotels zusammenhängt. Deshalb will er mich nach und nach durch sämtliche Abteilungen seines Hotels schleusen.«

      »Und wie ich Herrn Thomson kenne, wird das harte Arbeit für dich bedeuten«, meinte Fabian herausfordernd.

      »Davor fürchte ich mich nicht. Wenn es sein muß, kann ich zupacken«, antwortete sie. »Außerdem bin ich ziemlich gut, wenn es darum geht, etwas zu organisieren. Mein zukünftiger Schwiegervater wird bald merken, daß ich ein Gewinn für sein Hotel sein werde.«

      »An Selbstbewußtsein mangelt es dir jedenfalls nicht«, stellte der junge Mann lachend fest. »Sieht aus, als hätte Gerhard Thomson seinen Meister gefunden.«

      »Er weiß es vermutlich nur noch nicht«, scherzte Melanie und schaute sich nach Jörg um, der mit Corinna Dillmann tanzte. Als sie ihn entdeckte, winkte sie ihm zu. Vergnügt erwiderte er ihren Gruß.

      Auch Dr. Baumann gehörte zu den Gästen dieses Abends. Zusammen mit den Thomsons und den Kordes’ saß er an einem der runden Tische, die im Halbkreis um die Tanzfläche standen. Volker Kordes erkundigte sich nach den Pferden und den Ponys, die sie an den Reitstall des Hotels verkauft hatten, dann kamen sie auf das Brautpaar zu sprechen und das Wunder, daß Jörg fast unverletzt den schweren Unfall überlebt hatte.

      »Manchmal könnte man wirklich glauben, daß Engel über uns wachen«, meinte Maria Thomson. »Jörg hat unwahrscheinliches Glück gehabt. Außerdem kann ich mir bis heute nicht erklären, wie Melanie ihn hören konnte, obwohl mein Sohn im Koma lag und sie nicht einmal bei ihm gewesen ist.«

      »Eine logische Erklärung wird es dafür auch nie geben«, antwortete Eric. »Liebe ist eine sehr starke Macht. Wenn zwei Menschen so miteinander verbunden sind, wie Ihr Sohn und Frau Berger, bedarf es schon mehr als eines Komas, um sie zu trennen.«

      »Sie sind ein wirklich schönes Paar«, bemerkte Gerhard Thomson. »Ich bin sehr froh, daß ich mich in Melanie geirrt habe. Ich sollte in Zukunft vorsichtiger beim Beurteilen meiner Mitmenschen sein.«

      »Könnte nichts schaden«, erklärte Heinz Kordes. »Ich habe schon oft festgestellt, daß man nicht immer nach seinem ersten Eindruck gehen sollte.« Er wandte sich an Dr. Baumann: »Du hast darin ja auch einige Erfahrung,

      Eric. Wie ich gehört habe, hast du einer jungen Frau, die zum Strandgut unserer Gesellschaft zählt, neuen Lebensmut gegeben.«

      »Meinst du Frau Stanzl?« fragte der Arzt überrascht.

      »Ich weiß nur, daß sie mit Vornamen Andrea heißt«, sagte sein Freund. »Ich habe sie flüchtig kennengelernt, als ich neulich im Tierpflegenest eine Futterspende abgegeben habe. Die junge Frau scheint dort genau am richtigen Ort zu sein. Die Leiterin des Pflegenestes ist voll des Lobes über sie gewesen und hat es auch nicht lassen können, dich in den höchsten Tönen zu preisen.«

      »Du kennst Frau Gabler, sie übertreibt gern«, erwiderte Eric. »Aber ich bin froh, daß ich für Andrea Stanzl einen geeigneten Platz gefunden habe.« Er erzählte, was für ein schreckliches Leben die junge Frau bei Herbert Freytag geführt hatte. »Da sie gut mit Tieren umgehen kann, dachte ich, man könnte es ja mal probieren. Frau Gabler hatte sowieso Hilfe gesucht. Viel kann sie natürlich nicht bezahlen, für Frau Stanzl ist es jedoch ein Anfang.«

      »Und wie es aussieht, ist sie jetzt genau am richtigen Ort«, meinte Hanna Kordes. »Leute wie diesem Herbert Freytag sollte man das Handwerk legen. Nur leider wird es stets Frauen geben, die auf solche Männer hereinfallen. Es ist schon ein starkes Stück, einen anderen so auszunutzen.«

      »Ich will zwar diesem Freytag nicht beistehen, doch es sind nicht immer nur Männer, die zu so etwas fähig sind«, warf Gerhard Thomson ein.

      »Ja, das ist wahr«, pflichtete ihm Heinz Kordes bei. »Aber jetzt möchte ich endlich tanzen.« Er stand auf und reichte seiner Frau die Hand. »Ich denke nicht daran, die Tanzfläche nur der Jugend zu überlassen.«

      Melanie und Jörg wurde der Trubel um sie herum zuviel. Es war ihr Abend, und auch wenn sie sich über die glanzvolle Verlobungsfeier freuten, sie wollten ein paar Minuten allein sein. Arm in Arm verließen sie den Festsaal und gingen durch den Park, bis sie zu einer Sandsteintreppe gelangten, die eine kleine Anhöhe hinaufführte. Oben stand ein nach allen Seiten offener Pavillon, in dem die Thomsons manchmal Kaffee tranken.

      Jörg nahm die Hand seiner Verlobten. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf. Es duftete wundervoll nach den Rosen, die rund um den Pavillon wuchsen. Vorsichtig brach Jörg eine der vollen Blüten ab und versuchte, sie Melanie in die Haare zu stecken, nur die Rose wollte nicht halten.

      »Voraussehende Männer haben für derartige Fälle stets eine Klammer dabei«, scherzte die junge Frau.

      »Nicht nötig.« Jörg zog sein Taschenmesser hervor, bückte sich und schnitt ein Stückchen von seinem rechten Schnürsenkel ab. »Nun, was sagst du jetzt?« fragte er, als er mit dem Band die Rosenblüte in den Haaren seiner Verlobten befestigte.

      »Daß du ein Genie bist«, erklärte sie und legte die Arme um seinen Nacken. »Weißt du noch die Nacht, in der wir zum ersten Mal miteinander getanzt haben?«

      »Wie sollte ich sie je vergessen?« Zärtlich berührte er ihr Gesicht. »Ich bin so glücklich, daß es dich gibt, Melanie, und ich weiß, daß ich dich immer lieben werde. So wie seit ewigen Zeiten Tag und Nacht einander ablösen, so wird meine Liebe zu dir nie vergehen.«

      »Und das macht mich unendlich froh.« Melanie schaute ihm in die Augen. »Als ich noch ein kleines Mädchen war, habe ich manchmal wach im Bett gelegen und mir meinen zukünftigen Mann vorgestellt. Es ist mir nie gelungen, ihm ein Gesicht zu geben, und doch weiß ich, daß du dieser Mann warst.«

      »Weil wir vom Beginn der Zeit an füreinander bestimmt sind«, sagte Jörg und begann, mit ihr nach einer Melodie zu tanzen, die nur sie beide hörten, da sie aus ihren Herzen kam.

Cover Ein gefährlicher Verehrer

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