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      CORDELIA

       Nichts.

      LEAR

       Aus nichts kann nichts entstehn; sprich noch einmal!

      CORDELIA

       Ich Unglückselge, ich kann nicht mein Herz

       Auf meine Lippen heben; ich lieb Eur Hoheit,

       Wie's meiner Pflicht geziemt, nicht mehr, nicht minder.

      LEAR

       Wie? Wie? Cordelia! Beßre deine Rede,

       Sonst schädigst du dein Glück.

      CORDELIA

       Mein teurer Herr,

       Ihr zeugtet, pflegtet, liebtet mich; und ich

       Erwidr Euch diese Wohltat, wie ich muß,

       Gehorch Euch, lieb Euch und verehr Euch hoch.

       Wozu den Schwestern Männer, wenn sie sagen,

       Sie lieben Euch nur? Würd ich je vermählt,

       So folgt dem Mann, der meinen Schwur empfing,

       Halb meine Treu, halb meine Lieb und Pflicht.

       Gewiß, nie werd ich frein wie meine Schwestern,

       Den Vater nur allein zu lieben.

      LEAR

       Und kommt dir das von Herzen?

      CORDELIA

       Ja, mein Vater!

      LEAR

       So jung und so unzärtlich?

      CORDELIA

       So jung, mein Vater, und so wahr.

      LEAR

       Sei's so! Nimm deine Wahrheit denn zur Mitgift,

       Denn bei der Sonne heilgem Strahlenkreis,

       Bei Hekates Mysterien und der Nacht,

       Bei allen Kräften der Planetenbahnen,

       Durch die wir leben und dem Tod verfallen,

       Sag ich mich los hier aller Vaterpflicht,

       Aller Gemeinsamkeit und Blutsverwandtschaft,

       Und wie ein Fremdling meiner Brust und mir

       Sei du von jetzt auf ewig! Der rohe Skythe,

       Ja der die eignen Kinder macht zum Fraß,

       Zu sättigen seine Gier, soll meinem Herzen

       So nah stehn, gleichen Trost und Mitleid finden,

       Als du, mein weiland Kind.

      KENT

       Mein guter König -

      LEAR

       Schweig, Kent!

       Tritt nicht dazwischen, wenn der Drache wütet!

       Sie war mein Liebling, und ich setzte alles

       Auf ihre sanfte Pflege.

       Zu Cordelia. Fort! Mir aus den Augen! Sei Friede so mein Grab, als ich von ihr Mein Vaterherz losreiße. - Ruft mir Frankreich! Wer rührt sich? Ruft Burgund! - Ihr, Albany und Cornwall, Zu meiner Töchter Mitgift schlagt dies Dritteil! - Stolz, den sie Gradheit nennt, vermähle sie! - Euch beide kleid ich hier in meine Macht, Vorrang der Würd und allerhöchsten Glanz, Der Majestät umgibt. Wir, nach der Monde Lauf, Mit Vorbehalt allein von hundert Rittern, Die Ihr erhaltet, wohnen dann bei Euch, Nach Ordnung wechselnd. Wir bewahren nur Den Namen und des Königs Ehrenrecht; Die Macht, Verwaltung, Rent und Staatsgewalt, Geliebte Söhn, ist Euer. Des zum Zeugnis Teilt diesen goldnen Reif! Übergibt die Krone.

      KENT

       Erhabner Lear,

       Den ich als meinen König stets geehrt,

       Geliebt als Vater und als Herrn begleitet,

       Als höchsten Hort einschloß in mein Gebet -

      LEAR

       Der Bogen ist gespannt, entflieh dem Pfeil!

      KENT

       Laß ihn nur fliegen, ob die Spitze auch

       Mein Herz durchbohrt. Kent sei nur ohne Sitte,

       Wenn Lear so toll. Was tust du, alter Mann?

       Meinst du, daß Pflicht die Rede scheut, weil Macht

       Sich Schmeicheln fügt? Die Ehre fordert Gradheit,

       Wenn Könige wie Narren sind. Bleib Herrscher,

       Und mit der besten Überlegung hemme

       Die frevle Eil. Mit meinem Leben bürg ich,

       Die jüngste Tochter liebt dich minder nicht,

       Noch ist der ohne Herz, des schwacher Klang

       Nicht Hohlheit widertönt.

      LEAR

       Schweig, Kent, bei deinem Leben!

      KENT

       Mein Leben galt mir stets nur als ein Pfand,

       Zu wagen gegen deinen Feind; gern laß ichs

       Für deine Wohlfahrt.

      LEAR

       Aus den Augen mir!

      KENT

       Sieh besser, Lear, und laß mich immer bleiben

       Der Zielpunkt deines Auges.

      LEAR

       Nun beim Apoll!

      KENT

       Nun beim Apollo, König,

       Du rufst vergeblich deine Götter an.

      LEAR

       O Knecht! Aufrührer!

       Legt die Hand ans Schwert.

      ALBANY und CORNWALL

       Teurer Herr, laß ab!

      KENT

       Tu's, töte deinen Arzt, und gib den Lohn

       Der schnöden Krankheit! Nimm zurück die Schenkung,

       Sonst, bis der Kehle Kraft versagt zu schrein,

       Sag ich dir, du tust Unrecht!

      LEAR

       Höre mich,

       Rebell, bei deiner Lehnspflicht, höre mich!

       Weil du zum Wortbruch Uns verleiten wolltest,

       Den Wir noch nie gewagt, und stolz verwegen

       Dich drängtest zwischen Unsern Spruch und Thron,

       Was Unser Blut und Rang nicht dulden darf,

       Wenn Unsre Macht bewährt, nimm deinen Lohn:

       Fünf Tage gönnen Wir, dich zu versehn

       Mit Schirmung vor des Lebens Ungemach;

       Am sechsten kehrst du den verhaßten Rücken

       Dem Königreich, und weilt am zehnten Tag

       In Unserm Lande dein verbannter Leib,

       So ists dein Tod. Fort nun! Bei Jupiter,

       Dies widerruf ich nicht!

      KENT

       So leb denn wohl, Fürst! Zeigst du so dich, Lear,

       Lebt Freiheit auswärts und Verbannung hier. -

       Zu Cordelia. Dir, Jungfrau, sein die Götter mächtiger Hort, Die richtig denkt und sprach das rechte Wort. - Zu Goneril und Regan. Eur breites Reden mög die Tat bewähren, Und Liebeswort willkommne Frucht gebären! - [Zu den Herzogen. ] Fahrt wohl, Kent muß zum Abschied nun sich wenden, Im neuen Land den alten Lauf vollenden. Er geht ab. Trompetenstoß. Gloster kommt zurück mit Frankreich, Burgund und Gefolge.

      GLOSTER

      

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