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gilt für den hl. Ninian, der laut Beda von Carlisle ausgesandt wurde, um die südlichen Pikten zu missionieren. Leider gibt es keinen Hinweis auf ein Datum (allerdings spricht man sich allgemein für das 5. Jahrhundert aus) und keine genauere Spezifizierung der »südlichen Pikten«. Falls der Ausdruck sich auf die Novantae und Selgovae bezieht, könnte die Gründung der christlichen Gemeinschaft in Candida Casa (heute Whithorn) in Galloway auf Ninian zurückgehen. Der dort gefundene »Stein des Latinus«, ein christlicher Grabstein, stammt aus der Zeit um 450 n. Chr. Wenn die Caledonier von Fortriu gemeint waren, hätte er das Gebiet des Königreichs Strathclyde durchqueren müssen, um dorthin zu kommen.24

      Die Geografie wie die Chronologie der beiden nachgewiesenen nördlichen Könige des 5. Jahrhunderts, Coel Hen und Ceredig Gueldig (Coroticus), ist unsicher. Es ist möglich, dass Coel Hen anfangs über ein Territorium vom Clyde bis nach Eboracum (York) herrschte. Doch nachdem Coel Hen um 420 in einem Sumpf bei Tarbolton in Aeron ertränkt worden war, kann man durchaus damit rechnen, dass sich Alt Clud von Rheged lossagte, etwa so, wie es Gododdin wohl getan hatte. In diesem Szenario wird Ceredig zu einem Nachfolger und möglicherweise zu einem Nachkommen von Coel Hen und zum Gründer der Dynastie von Dumbarton Rock. Ceredigs vermutete Nachfolger – Erbin, Cinuit, Gereint, Tutagual und Caw – sind nichts als Namen.

      Die Historizität von Ceredig Gueldig basiert auf entsprechenden Hinweisen in den Harleian Genealogies und wird durch eine weitere Erwähnung in den Annalen von Ulster gestärkt, wo er im Zusammenhang mit Patricks Abenteuern als Coirtech rex Aloo auftaucht.25 »Aloo«, das mehrfach genannt wird, ist offenbar eine Kurzform von Alauna. Die frühmittelalterlichen Annales Cambriae (Annalen von Wales), die in St David’s zusammengestellt wurden, nennen ihn »Ceretig Guletic map Cynlop« (Ceredig der Reiche, Sohn des Cynloyp).26 Er bleibt zwar schattenhaft, ist aber klarer zu identifizieren als sein weitaus berühmterer Zeitgenosse König Arthur.

      Bis zu diesem Punkt kann man die Geschichte von Alt Clud ganz und gar im Zusammenhang der nachrömischen britischen Stämme erzählen. Im 6. Jahrhundert jedoch verändert sich die Situation radikal. Zunächst einmal fassten die germanischen Angeln, ein weit vorausziehender Teil jener Angelsachsen, die sich anschickten, Südbritannien zu übernehmen, an der Küste von Gododdin und Bryneich Fuß. Dann gründeten die gälischen Skoten aus Dalriada in Ulster einen ähnlichen Außenposten an der nordwestlichen Küste in der Nähe, aber etwas oberhalb von Dumbarton Rock. Seitdem hing die Zukunft des Intervallum vom Ergebnis der Auseinandersetzungen zwischen vier Völkern ab: den ansässigen Briten und Pikten und den neu angekommenen Angeln und Skoten. Dreihundert Jahre später traten als fünfte Partei in der Endphase dieses Gerangels die Wikinger als wichtiger Katalysator auf.

      Laut Beda »trat Ida seine Herrschaft im Jahr 547 an«. Nach Auskunft des walisischen Mönches, der nach Beda lebte und im fernen Gwynedd die Historia Brittonum zusammenstellte, »vergrößerte Ida Berneich um Din Guauroy«.27 Ida Flamdwyn (der Flammenträger) war ein Angelsachse aus dem Süden. Berneich oder Bryneich war der ursprüngliche britisch/keltische Name des Reiches, das er und seine Nachkommen regierten und anglisierten und das allgemein unter seiner lateinischen Bezeichnung Bernicia bekannt ist. Din Guauroy war der britische Name der beeindruckenden und praktisch uneinnehmbaren Burg in Bamburgh.

      Zunächst gründeten Idas Angeln einen kleinen, isolierten Vorposten. Anders als andere Angelsachsen vermischten sie sich schnell mit den einheimischen Briten – »die einzige erkennbar germano-keltische kulturelle und politische Verschmelzung in Britannien«.28 Langfristig verfolgten sie, ausgehend von ihrer günstigen Position an der Küste, die Strategie, Verbindungen zu ihren Verwandten im Königreich Deur oder Deira im Süden zu knüpfen und ein vereinigtes Reich der Angeln in Northumbria (also »nördlich des Humber«) zu schaffen. Gleichzeitig eroberten sie weiterhin kleine Gebiete auf Kosten der umgebenden britischen Reiche Rheged und Gododdin.

      Die gälischen Skoten an der Westküste gingen ähnlich vor. Die Theorie, dass sie in einer einzigen Massenbewegung von Irland her eingewandert seien, ist heute widerlegt: Es ist durchaus möglich, dass es schon sehr viel früher »skotische« (also irische) Siedlungen auf beiden Seiten des North Channel gab. Politisch wichtig jedoch war die Ausweitung des gälischen Königreichs Dalriada von Ulster auf die britische Küste, ein Territorium, das in der Folge »Argyll« oder »Küste der Gälen« genannt wurde und in dem Aedan macGabrain 574 die Regierung antrat. Die groben Umrisse dieser Herrschaft kennen wir, weil der hl. Columban (um 521–597) kurz zuvor eine christliche Gemeinschaft auf der Insel Jona gegründet hatte und dessen Biograf Adamnan eine gut informierte und ausführliche Quelle ist.29 Die strategischen Anliegen der Gälen von Argyll sind nicht schwer zu erraten: Einerseits zielten sie sicher darauf, die Verbindung zwischen Argyll und Ulster zu stärken, insbesondere indem sie ihre Seemacht entwickelten. Andererseits versuchten sie, ihr Territorium auf Kosten der benachbarten Reiche – vor allem der Pikten im Binnenland und der Briten von Alt Clud – auszudehnen, wurden aber immer wieder in ihre Schranken gewiesen.

      Das ist der Kontext eines der vielen Handlungsfäden im großen Rätsel um König Arthur. Wir können es sicher nicht auf diesen wenigen Seiten lösen. Die Literatur zum Thema ist gewaltig, und die dort gezogenen Schlüsse widersprechen einander manchmal vollkommen. So mag es genügen festzustellen, dass es zwei Könige dieses Namens gab, eine schwer greifbare, aber historische Gestalt aus dem 6. Jahrhundert und einen sagenhaften mittelalterlichen Helden, dessen Taten von Barden und Märchenerzählern einer viel späteren Zeit ausgeschmückt wurden. Insgesamt gibt es eine deutliche Tendenz von Arthur-Fans aus England, davon auszugehen, dass er in England lebte und kämpfte, und von Arthur-Fans aus den Grenzregionen, zu beweisen, dass er aus Marchidun alias Roxburgh stammte. Arthur-Fans aus Glasgow lokalisieren ihn entschlossen in Drumchapel, und Arthur-Fans aus dem Clan MacArthur prahlen so sehr, dass es des verstorbenen Generals Douglas MacArthur würdig ist.30 Allerdings schweigen Beda und Gildas zu dem Thema, während die Historia Brittonum dreizehn Schlachtfelder eines »berühmten dux bellorum« nennt, die man noch nicht identifizieren konnte. Der historische Arthur war sicher Brite, da er sich durch den Widerstand gegen die Feinde der Briten einen Namen machte. Alles Weitere ist die Suche nach ähnlich klingenden Ortsnamen in einem Wust halbhistorischer Überlieferungen. Dennoch kann man vom jüngsten Lobbying zugunsten der Ansicht, dass Arthur ein Held des Nordens – im Gegensatz zu Südbritannien – sei, nur beeindruckt sein. Die Verwirrung rund um Damnonia und Dumnonia oder die falsche Zuschreibung walisischer Legenden aus dem »Alten Norden« durch Geoffrey von Monmouth im 12. Jahrhundert kann jeder nachvollziehen. Darüber hinaus kann man nur sagen, dass der Felsen von Dumbarton kaum weniger plausibel ist als Tintagel. Alt Clud war Antiquaren als Castrum Arturi bekannt, und in der Nähe findet man heute noch einen Arthur’s Stone und einen King’s Ridge.31

      Lokalhistoriker waren da weniger zurückhaltend.32 In seinem Buch Glasgow and Strathclyde schreibt James Knight überaus anschaulich:

      Sorgfältige Forschung scheint zu zeigen, dass wir, wenn wir die Arthur-Legenden zu ihren Ursprüngen zurückverfolgen, bei einer realen historischen Person landen … dem Anführer eines britischen Bündnisses in Strathclyde im Jahrhundert nach Ninian. Seine Feinde waren die heidnischen Skoten im Westen, die Pikten im Norden und die Angeln im Osten … Als Folge eines Sieges am Bowden Hill (West Lothian) im Jahr 516 teilte er die eroberten Territorien unter drei Brüdern auf, Urien [von Rheged], Arawn … und I lew oder Loth, König der Pikten … Loth war der Vater von Thenaw … der Mutter von Kentigern oder Mungo, dem eigentlichen Gründer von Glasgow und Schutzheiligen der Stadt … Im Jahr 537 bildete sich ein neuer heidnischer Bund unter Modred, Arthurs Neffen, und bei Camelon nahe Falkirk wurde eine große Schlacht ausgefochten, in der beide Anführer fielen und in deren Folge das Christentum in Schottland eine ganze Generation lang unterdrückt wurde.33

      Was auch immer wir davon halten, jedenfalls kommt hier der hl. Mungo ins Spiel, auch Kentigern, der »Oberste Herr«, genannt. Als einer der beliebtesten Heiligen des mittelalterlichen Britannien lebte er im 6. Jahrhundert und starb als »sehr alter Mann« um 613. Wenn die Catholic Encyclopedia mit dem dort angegebenen Geburtsjahr 518 recht hat, könnte er fünfundneunzig Jahre alt geworden sein. Festeren Boden unter den Füßen hätten die Historiker, wenn seine Vita, im 12. Jahrhundert von einem Mönch verfasst, nicht einfach

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