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So macht MANN das. Bernhard Fanger
Читать онлайн.Название So macht MANN das
Год выпуска 0
isbn 9783527834686
Автор произведения Bernhard Fanger
Жанр Малый бизнес
Издательство John Wiley & Sons Limited
Damit sind die vier grundlegenden Gefühle schon genannt: Wut, Traurigkeit, Freude und Angst. Jedes dieser Gefühle kennst Du wahrscheinlich, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Und jedes dieser Gefühle hat eine andere Wertigkeit, eine andere Akzeptanz. Während Wut und, vielleicht etwas weniger, Freude auch Männern gerne zugestanden werden, ist Traurigkeit verpönt. Mann sagt also lieber »Ich bin total sauer, dass das Budget für unser Projekt jetzt endgültig gestrichen ist. Da könnte ich abkotzen, für alles andere war wieder Geld da!« statt »Ich bin wirklich sehr traurig, dass unser Projekt jetzt nicht weitergeht. Wir waren mit so viel Freude und Begeisterung dabei, und die Enttäuschung bei mir und meinen Mitarbeitern ist sehr groß!«
Das am meisten gefürchtete und dementsprechend auch unterdrückte Gefühl ist Angst. Ich selbst war lange der Meinung, gar keine Angst zu haben. Lieber hatte ich Wut, das fühlte sich stark und kämpferisch an. Wut ist akzeptiert in der Männerwelt. Angst wird oft nur im indirekten Zusammenhang verwendet.
Entweder Angst stellvertretend für andere: »Mir ist angst und bange um den Technologiestandort Deutschland« oder »Ich habe Angst, dass wir bald Mitarbeiter entlassen müssen, wenn das so weitergeht mit Corona.«
Oder die Angst der anderen wird benutzt: »Mein Team hat Angst, dass wir den Anschluss bei der Digitalisierung verpassen« oder »Bei uns haben viele Angst um den Erhalt des Standorts«.
Aber was ist mit Deiner Angst? Wie würde es sich anfühlen zu sagen »Ich habe Angst, bald zu alt zu sein für diese Branche« oder »Ich habe Angst, dass ich an einen anderen Standort versetzt werde und dann meine Kinder kaum mehr sehe«. Ein Manager aus der Sportartikelbranche hat mir von seinen Ängsten erzählt. Zum Abschluss unseres Gesprächs sagte er dann: »Ich habe oft den Eindruck, dass ich der Einzige von meinen Kollegen bin, der solche Ängste hat. Das liegt natürlich auch daran, dass ich nicht darüber rede. Es wäre schon gut zu wissen und sehr erleichternd, dass es anderen genauso geht, dass sie auch Ängste und Schwächen haben.« Dazu müssen Männer diese erst mal spüren. Und dann anfangen darüber zu reden.
Hilfreich dazu ist, die alten Bewertungen dieser Gefühle in einem neuen Licht zu sehen. Der bisherigen, eher negativen Bewertung des Gefühls eine neue, positive Konnotation zu geben.
Abb. 3.1: Vier grundlegende Gefühle
Wer sich traut, seine Gefühle auch im geschäftlichen Leben auszudrücken, wird nicht nur anschlussfähiger und erreichbarer. Er wird auch viel schneller spüren, wenn etwas nicht rund läuft. Und kann damit schneller und erfolgreicher agieren und reagieren.
Anmerkungen
1 1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/290399/umfrage/umfrage-in-deutschland-zum-einkommen-von-frauen-und-maennern/
2 2 Interview mit Prof. Dr. Hartmut Rosa in https://www.geo.de/magazine/geo-wissen/18952-rtkl-gesundheit-burnout-entsteht-nicht-dadurch-dass-man-zu-viel-zu-tun-hat
3 3 Robert Wingham: Ich bin raus – Wege aus der Arbeit, dem Konsum und der Verzweiflung; 2. Auflage 2016; Wilhelm Heyne Verlag München;
4 Berufsglück gibt's nicht auf Rezept
Achtung: Dieses Buch ist kein Ratgeber, keine Betriebsanleitung, kein Rezeptbuch. Es soll Dir Ideen geben, Mut machen, Ängste nehmen und mentale Grenzen etwas verschieben. Vieles wird für Dich passen, manches nicht. Probier' es aus! Du kannst auch gerne da bleiben, wo Du jetzt stehst. Oder – wie manche meiner Gesprächspartner – auf mehreren Spuren fahren. Also neben deinem Hauptjob ein neues Business parallel dazu aufbauen. Es gibt viele Wege und Möglichkeiten, erfüllter zu leben. Um sie auszuschöpfen, ist die Auseinandersetzung mit Dir selbst wichtig, und das geht als Erstes mit einer Bestandsaufnahme.
Einzigartigkeit
Als ich das Buchprojekt startete, habe ich einen Fragebogen entwickelt, der mir helfen sollte, statistisch valide und sozusagen unangreifbar die Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen beruflichen Neustart zu ermitteln. Die Idee war, damit fundiertes Zahlenmaterial zu bekommen mit dem ich weiterarbeiten würde.
Ich lag komplett daneben! Die Gespräche mit meinen »Spurwechslern« haben mir gezeigt, dass es nicht den einen, den Königsweg gibt. Dass Statistik nicht hilfreich ist, wenn es um einzelne Personen und Persönlichkeiten geht. Jeder – und damit auch Du, der Du dieses Buch liest und durcharbeitest – findet seinen eigenen, spezifischen Weg. Dazu bedarf es keiner Statistik, sondern insbesondere der Auseinandersetzung mit uns selbst. Aus diesem Grund können dir die Übungen mit dem Titel »Jetzt aktiv werden« helfen, für Dich Klarheit zu schaffen und dich eher spielerisch Deinen Zielen zu nähern. Die meisten dieser praktischen Übungen kannst Du gut für Dich alleine machen. Natürlich gebe ich auch meine eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse wieder: Was hat mir geholfen, womit habe ich anderen geholfen? Aber auch: Was sind Irrwege und Illusionen über uns selbst?
Selbsterkenntnis
»Erkenne dich selbst« stand einst über dem Eingang des Tempels von Delphi, in dem das berühmte Orakel der griechischen Antike um Rat gefragt wurde. Es ist die Aufforderung, nach innen zu schauen, sich selbst zu verstehen – seine Eigenheiten, Stärken und Schwächen, aber auch seine Vorlieben und Motive. Und ist heute genauso aktuell wie damals.
Wenn Du Dich also aufmachst, die berufliche Spur zu wechseln, wenn Du vorhast, die feste Struktur des Großunternehmens zu verlassen, dann lerne Dich vorher selbst kennen. Ansonsten triffst Du schlechte Entscheidungen. Beispiele gewünscht?
Beispiel 1: Ein Bekannter von mir gab seinen Job bei einem Autohersteller auf, um einen Versand für Bio-Produkte zu gründen. Der Aufbau des neuen Unternehmens erwies sich als schwieriger als gedacht, der Wettbewerb war stark, und seine Leidenschaft für Bio-Lebensmittel verringerte sich auch mit der Zeit. Er erkannte immer mehr, dass er eher aufgrund persönlicher Probleme mit dem damaligen Vorgesetzten das Unternehmen verließ, und bemühte sich längere Zeit, wieder in der Branche Fuß zu fassen. Das gelang ihm schließlich auch, allerdings bei geringerem Gehalt und in einer hierarchisch niedrigeren Position.
Beispiel 2: Ein ehemaliger Kollege, der sich selbstständig machte, erkannte erst spät, dass er gerne Teams leitet und Führung übernimmt. Er hatte ein hohes Bedürfnis nach Status, Anerkennung und intellektuellem Austausch. Daher fiel es ihm schwer, die Aufbauphase seines neuen Unternehmens durchzustehen, in der er vieles alleine stemmen musste und oft frustriert war über Arbeiten, die vorher von seinen Mitarbeitern übernommen wurden. Zudem fehlte ihm der Austausch. Das besserte sich deutlich, als er neben seiner Tätigkeit als Solopreneur auch mehrere Projekte im alten Umfeld als Interimsmanager übernahm.
Deshalb kennen (oder suchen) erfolgreiche Spurwechsler Antworten auf folgende Fragen. Sie stellen im weitesten Sinne unsere Motivation dar:
Was treibt mich an? Was motiviert mich?
Wie sieht mein idealer Arbeitsplatz aus?
Welche Art von Arbeit macht mir am meisten Spaß?
Was will ich die nächsten/letzten Jahre meines