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Verlobungsfeier der beiden Prinzessinnen statt, wobei der König von Preußen den Ringwechsel persönlich vollzog.

      Schön, überaus schön muß die Braut des Kronprinzen gewesen sein, denn die Zeitgenossen, ob Feind oder Freund, sind sich darüber einig. »Es war eine Schönheit des Ausdrucks, der stärker fesselt als die Formen. Ihr Auge war sprechend und verriet das lebhafteste Gefühl und die empfänglichste Einbildungskraft, was ihr einen ganz eigentümlichen Reiz verlieh. Sie gehörte zu den Frauen, durch die alle Männer und alle Frauen bezaubert werden.« Goethe war hingerissen von ihrer Anmut, und er verstand gewiß etwas von Frauenliebreiz und Frauenschönheit. Er sah beide Prinzessinnen im Gefolge des Großherzogs von Weimar, am 29. Mai 1793 im Lager vor Mainz. In seinem Tagebuch schildert er den Eindruck, den Luise und Friederike auf ihn machten. »In mein Zelt eingeheftelt, konnte ich sie vertraulich mit den Herrschaften auf und nieder und nahe vorübergehend auf das Genaueste beobachten, und wirklich muß man diese beiden jungen Damen für himmlische Erscheinungen halten, deren Eindruck auch mir niemals erlöschen wird.« ... Frau von Voß, Luises spätere Oberhofmeisterin, notierte in ihr Tagebuch, als sie die Kronprinzessin zum erstenmal sah: »Die Kronprinzessin hat einen wunderschönen Wuchs, ihre Erscheinung war zugleich edel und lieblich, jeder, der sie sah, fühlte sich unwiderstehlich angezogen und gefesselt.«

      Auch ganz trockene und nüchterne Männer kamen bei ihrem Anblick in Ekstase. »Sie schwebte«, schrieb der sonst wenig galante und liebenswürdige Ritter von Lang, der sie einige Jahre später als Königin sah, »wie ein überirdische« Wesen vor einem ... Eine Zauberin, wenn ich jemals eine gesehen.« – Männer wie Frauen waren von ihr begeistert. Prinzessin Anton Radziwill, die Schwester des Prinzen Louis Ferdinand, sagte: »Zu jener Zeit (1793) machten der Kronprinz und sein Bruder die Bekanntschaft der Prinzessinnen von Strelitz ... Es war (in Frankfurt) nur noch die Rede von ihrer Schönheit. Der Kronprinz wurde besonders von der schönen Prinzessin Luise gefesselt ... Die zweite der Prinzessinnen, Friederike, war keine so regelmäßige Schönheit wie ihre Schwester, aber sie hatte eine entzückende Gestalt, war äußerst liebenswürdig und immer bemüht zu gefallen, wodurch sie oft der edlen Schönheit ihrer Schwester vorgezogen wurde.« Und später, beim Empfang der Prinzessinnen in Berlin ist sie von neuem entzückt: »Niemals habe ich ein herrlicheres Wesen gesehen als die Kronprinzessin. Ihr sanfter, bescheidener Gesichtsausdruck, vereint mit ihrer edlen Schönheit, gewann ihr alle Herzen.«

      Vor allem aber war der alte Frauenkenner Friedrich Wilhelm II. von seinen zukünftigen Schwiegertöchtern begeistert. Er bewunderte sie beide und freute sich, zwei so reizende junge Damen bald an seinem Hofe zu haben. Drei Tage nachdem er sie in Frankfurt gesehen hatte, berichtete er überaus glücklich nach Berlin:

      »Seit meinem letzten Brief habe gar kein« Zeit zum Schreiben gehabt, wir haben in lauter Fêten gelebt, die besonders durch die Anwesenheit hoher Fremden veranlaßt wurden, nämlich von der Prinzeß George von Darmstadt und ihren beiden herrlichen Kindeskindern, den Töchtern des Prinzen Karl von Mecklenburg und also der Königin von England ihren Nichten. Wie ich die beiden Engel zum erstenmal sah, es war am Eingang der Komödie, so war ich so frappiert von ihrer Schönheit, daß ich ganz außer mir war, als die Großmutter sie mir präsentierte. Ich wünschte sehr, daß sie meine Söhne sehen möchten und sich in sie verlieben. Den anderen Tag ließen sie sich auf einem Ball präsentieren und waren ganz von ihnen enchantiert. Ich machte mein möglichstes, daß sie sich oft sahen und sich recht kennenlernten. Die beiden Engel sind, so viel ich sehen kann, so gut als schön, nun war die Liebe da und wurde kurz und gut resolviert, sie zu heiraten.«

      Der grundehrliche, aber phlegmatische Kronprinz äußerte sich weniger enthusiastisch über seine Braut. Aber sie gefiel ihm doch außerordentlich gut, und Luise konnte überzeugt sein, daß, wenn er sie hübsch fand und er es ihr in einfachen Worten sagte, es auch wirklich so gemeint war, denn schmeicheln konnte er nicht einmal als Bräutigam. Es war keine verliebte Sentimentalität. Auch keim hell auflodernde Leidenschaft, die sich in Sehnsucht verzehrt. Er liebte sie ruhig und aufrichtig, und sie fühlte es wohl. Gerade weil er ihr so einfach und schlicht entgegengetreten war, schien sie ihn zu schätzen. Er gefiel ihr trotz seines linkischen Wesens und trotz seiner äußeren Kälte. Vielleicht war die Sechzehnjährige auch in Liebesangelegenheiten noch zu unerfahren, daß sie für sich und ihre bezaubernde Schönheit keine glühende Leidenschaft, keine allesvergessende Liebesbegeisterung in Anspruch nahm. Ihrem eigenen Wesen lag Leidenschaftlichkeit in jeder Beziehung fern; der Grundzug ihres Charakters war Sanftmut und Weichheit. Jedenfalls schien sie mit ihrem Geschick zufrieden. Denn gleich nach der Werbung des Kronprinzen schrieb sie an ihre Schwester Therese in Regensburg: »Du kannst Dir nicht denken, liebe Therese, wie zufrieden ich bin. Der Prinz ist außerordentlich gut und offen. Kein unnötiger Wortschwall begleitet seine Rede, sondern er ist erstaunlich wahr. Kurz, es bleibt mir nichts zu wünschen übrig. Der Prinz gefällt mir, und wenn er mir zum Beispiel sagt, daß ich ihm gefalle, daß er mich hübsch findet, so kann ich es ihm glauben, denn er hat mir noch nie eine Schmeichelei gesagt.« Auch in Luises Worten über den Bräutigam liegt nichts Himmelhochjauchzendes, keine Begeisterung. Ja, es scheint – wenigstens für eine Sechzehnjährige – als wäre sie fast allzu vernünftig in ihrem Brautglück.

      Im Juni begann die Belagerung von Mainz, die vier Wochen in Anspruch nahm. Der Kronprinz mußte ins Feld. Ihm war nicht gerade kriegerisch ums Herz, zumal er nicht im geringsten von der Notwendigkeit dieses Feldzugs überzeugt gewesen war. Er stand mit dieser Ansicht auf der Seite der Mehrheit des preußischen Volkes. Nur der alte König und einige seiner Ratgeber stimmten für den Krieg gegen die französische Revolution, der Friedrich Wilhelm II. hauptsächlich durch seine Freunde, die Emigranten und Rosenkreuzler suggeriert wurde. Im Volke selbst war man damals viel mehr für Frankreich und gegen Österreich. Im Widerwillen gegen diesen Krieg und im ersten Rausche seiner Liebe suchte der Kronprinz sich so viel wie möglich von seinen militärischen Verpflichtungen freizumachen. Entweder besuchte er seine Braut, oder sie machte ihm einen Besuch im Felde. Friederike war dann auch immer dabei. Anfangs kamen die jungen Prinzessinnen fast täglich nach Mainz ins Lager, wo sich auch der König befand. Vor allem führte der geniale Prinz Louis Ferdinand dort ein sehr geselliges Leben, ohne seine Rolle als Soldat zu vergessen. Denn er zeichnete sich besonders aus und wurde vor Mainz ziemlich schwer verwundet, worauf er äußerst stolz war. Seine Schwester, Prinzessin Radziwill, sagte: »Man begab sich ins Lager von Mainz wie zu einem Fest ... Die elegantesten Frauen waren dort versammelt.« Die meisten Offizier« hatten ihre Frauen bei sich. Der damalige Oberstleutnant und spätere General von Rüchel ließ außer seiner Frau sogar seine Töchter ins Feldlager kommen. Beinahe wäre damals der Verlobte Friederikes ums Leben gekommen. Prinz Louis hatte sich im Lager an einem Kaminfeuer seines Zeltes niedergelegt und war eingeschlafen. Ein paar überspringende Funken entfachten einen Brand, und bald stand die ganze Einrichtung in Flammen. Des Prinzen Kleider begannen bereits zu brennen. Aber er spürte weder die Glut noch den Rauch, so fest schlief er. Glücklicherweise wurde der vor dem Zelt wachehaltende Soldat auf den Brandgeruch aufmerksam. Er stürzte hinein und rettete Louis vom Flammentod.

      Auch außerhalb des Lagers von Mainz trafen sich Luise und ihr Bräutigam: in Großgerau, auf Schloß Kranichstein und bei Onkel Georg in Braunshardt. Als Friedrich Wilhelm dann, nachdem Mainz sich ergeben hatte, in die Pfalz als Befehlshaber des Belagerungskorps von Landau geschickt wurde, entspann sich selbstverständlich ein sehr lebhafter Briefwechsel zwischen den beiden Verlobten. Wie wenig Luise von der Etikette hielt und wie einfach und ganz natürlich sie in ihrem Empfinden war, geht aus einem Zettel hervor, den sie einem der ersten »offiziellen Briefe« an ihren Bräutigam beilegte. Sie mußte nämlich alle Briefe an Friedrich Wilhelm, ehe sie sie abschickte, ihrer Großmutter vorlegen, damit diese sich überzeugte, daß sie nicht gegen den guten Ton verstießen und nicht allzu zärtlich ausfielen. Der jungen Luise waren alle gesellschaftlichen Phrasen und Heucheleien im Innersten zuwider. Sie wollte ihrem Verlobten alles schreiben, was und wie sie für ihn fühlte, besonders ihm aber sagen, wie einfach menschlich sie im Grunde ihres Wesens sei. Und so legt sie, nachdem die Großmama den vorschriftsmäßigen Brautbrief zu ihrer Zufriedenheit gelesen hat, heimlich einen Zettel bei, der aus ihrem guten, liebenden Herzen kommt. »Sie werden vielleicht bemerkt haben, liebster Freund,« schreibt sie ihm, »daß ich viele Dinge in Ihrem Brief mit Schweigen übergehe. Wundern Sie sich nicht darüber. Papa und Großmama haben gewünscht, daß ich ihnen meinen Brief an Sie zeige, und Großmutter vor allem

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