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fragte Peter müde.

      »Zwei bis drei Tage zur Beobachtung.«

      Peter wandte sein Gesicht zur Wand. »Ich will nicht, daß Stefanie es erfährt«, flüsterte er.

      »Es braucht niemand etwas zu erfahren«, erwiderte Dr. Norden, der bei dem Namen Stefanie stutzte. Aber das war kein seltener Name, und er wollte sich darüber jetzt keine Gedanken machen.

      Die machte er sich erst dann, als er am Nachmittag eine Unterredung mit Professor Weissenberger hatte.

      Jetzt sagte er: »Sie könnten eine Reise vorschützen, Herr Reinhold.«

      »Ja, das ist ein guter Gedanke«, erklärte Peter nun lebhafter. »Ich will dieses Unbehagen loswerden. Ich beginne schon, mir manches einzureden. Bitte, haben Sie Verständnis. Ich möchte heiraten.«

      Dr. Norden stockte das Blut in den Adern, aber er war es gewohnt, seinen Patienten immer eine zuversichtliche Miene zu zeigen.

      »Ich werde mit Dr. Behnisch sprechen. Es wird sicher noch diese Woche möglich sein, daß die Untersuchung stattfinden kann.«

      »So schnell wie möglich«, sagte Peter. »Sie gestehen wenigstens ein, wenn Sie nicht mehr weiter wissen.«

      Aber was soll man ihm sagen, wie soll man es ihm erklären, daß es nicht mehr besser, sondern immer schlimmer wird, dachte Dr. Norden verzagt. Er konnte jetzt nichts anderes tun, als ihm eine Injektion zu geben, die ihn beruhigte und ihm über die Depressionen hinweghalf. Er konnte nur darauf hoffen, daß diesem so labilen Stadium dann wieder ein optimistischeres folgen würde.

      Er rief seinen Freund Dieter Behnisch von zu Hause aus an. In zwei Fällen brauchte er nun seine Hilfe, aber Dieter versagte sie nie, wenn es ihm nur einigermaßen möglich war.

      Was Christopher Bentham betraf, war er sofort bereit, ihn schon am Nachmittag zu röntgen. Peter Reinhold sollte dann am Donnerstag in die Klinik kommen, da wurde ein Einzelzimmer frei, das man zwischenzeitlich für zwei Tage belegen konnte. Da Daniel sagte, daß er über diesen Fall noch persönlich mit ihm sprechen müsse, ahnte Dieter Behnisch schon, daß es sich mal wieder um einen sehr schwierigen handelte. Doch darauf mußten sie immer gefaßt sein. Viele hatten sie in freundschaftlicher Zusammenarbeit schon durchgestanden! Oft genug hatten sie auch helfen können, weil sie miteinander und nicht gegeneinander arbeiteten.

      Daniel rief Christopher im Hotel an. Der und Vanessa hatten schon mit brennender Ungeduld auf diese Nachricht gewartet.

      Fee sah sich um eine ruhige Mittagstunde mit ihrem Mann gebracht, da er nun noch zu Professor Weissenberger fahren wollte. Die Kinder, Danny, Felix und Anneka, waren damit auch nicht einverstanden. Sie schmollten. Sie hatten während der letzten Tage ihren heißgeliebten Papi zu selten zu Gesicht bekommen.

      *

      Als Professor Weissenberger von der Universität ins Institut zurückgekehrt war, wunderte er sich, daß Stefanie bereits an ihrem Platz saß.

      »Was ist mit der Mittagspause?« fragte er erstaunt.

      »Ich habe keinen Hunger«, erwiderte sie.

      »Reinhold beschäftigt Sie, Stefanie«, stellte er nachdenklich fest.

      »Beide Reinholds«, gab sie zu. »Meinen Sie nicht, daß Ralph über Peters Zustand informiert werden müßte?«

      Er atmete schwer. »Da steckt man immer in einer Zwickmühe, Stefanie«, sagte er gedankenvoll. »Würden Sie diese Aufgabe denn übernehmen wollen?«

      »Ungern.« Sie wollte nicht daran denken, daß sie noch vor einer Stunde dazu entschlossen gewesen war. Gittas Auftritt hatte sie so schockiert, daß sie in einen tiefen Konflikt gestürzt worden war.

      »Dr. Norden wird heute zu mir kommen. Sind Sie einverstanden, wenn ich ihm sage, daß Sie die Brüder Reinhold kennen?«

      »Ja, gewiß«, erwiderte Stefanie, ohne zu überlegen. »Ich würde sehr gern mit ihm sprechen.«

      »Dann ist alles in Ordnung, Stefanie. Ich schätze keine Unklarheiten.« Mit väterlicher Zuneigung ergriff er ihre Hand. »Es ist eine sehr schwierige Situation für Sie.«

      »Aber es ist gut, wenn ich die Wahrheit kenne«, erwiderte sie leise. »Ich weiß jetzt, wie ich mich verhalten muß. Ralph kann mehr aushalten als Peter.«

      Es war seltsam, wie nahe sie sich durch dieses Geschehen gekommen waren. Die große Achtung, die Stefanie vor Professor Weissenberger hatte, war nun auch in vertrauensvolle Zuneigung umgeschlagen.

      »Sie dürfen aber nicht zuviel von Ihrer seelischen Substanz investieren, Stefanie«, sagte er gedankenverloren. »Sie sind jung. Sie sind gesund. Für Sie geht das Leben weiter. Sehen Sie, damals, als wir unser Kind verloren, versuchte ich, meiner Frau zu helfen. Es konnte mir nicht gelingen, weil sie selbst kaum Widerstandkraft aufbrachte. Sie dachte eine Zeit, alles wäre nun auch für mich zu Ende, aber so war es nicht. Ich mußte leben und mit dem fertig werden, was mich aus dem Geleise geworfen hatte. Sich selbst darf man nicht aufgeben. Mir liegt jetzt Ihr Wohl am Herzen. Sie könnten meine Tochter sein, und ich möchte Ihnen sagen, wie sehr ich mir eine solche Tochter wünschte. Wenn Sie sich jetzt nicht umwerfen lassen, können wir gemeinsam vielleicht noch manches für die Menschheit tun.«

      »Ich lasse mich nicht umwerfen«, sagte Stefanie, »aber ich weiß jetzt, daß ich Peter über diese schweren Tage hinweghelfen muß. Es ist doch wohl nicht verwerflich, einen Menschen zu belügen, wenn man ihm helfen will?«

      »Nein, das ist nicht verwerflich. Sie glauben an Gott?«

      »Ja.«

      »Sie glauben, daß er Wunder vollbringen kann?«

      »In diesem Fall nicht. Alles spricht dagegen. Aber geschehen nicht immer wieder Wunder?« Ganz leise war ihre Stimme.

      »Und wenn ein Wunder geschähe, würden Sie bei ihm bleiben, obgleich Sie ihn nicht lieben?«

      Stefanies Blick schweifte zum Fenster hinaus und zum Himmel empor. »Wenn dieses Wunder geschähe, würde ich auch daran glauben, daß man einen Menschen liebenlernen kann«, sagte sie.

      Professor Weissenberger straffte sich. »Ich habe ein solches Wunder noch nicht erlebt, Stefanie. Sie werden sehr viel Kraft brauchen, wenn Sie Peter Reinhold zur Seite stehen wollen. Vielleicht über Jahre hinaus. Dar-über müssen Sie sich klar werden. Diese Kraft wird an Ihnen zehren.«

      »Daran denke ich jetzt nicht«, sagte sie. »Wann kommt Dr. Norden?«

      »Er wird wohl in einer halben Stunde hier sein.«

      »Dann werde ich jetzt Teewasser aufsetzen.«

      Als sie an ihm vorbeigehen wollte, hielt er sie am Arm fest. »Sie werden nicht vergessen, daß ich immer für Sie da bin, wenn Sie nicht mehr weiterwissen, Stefanie?« fragte er.

      »Ja, das weiß ich. Ich danke Ihnen.«

      *

      Nur mit ein paar Minuten Verspätung war Daniel gekommen. Ohne lange Vorrede hatte ihm Professor Weissenberger erklärt, in welchen Konflikt er gebracht worden sei.

      »Stefanie Linden kennt die Brüder Reinhold schon längere Zeit«, begann er ohne Umschweife. »Peter Reinhold weiß, daß sie meine Assitentin ist, also könnte er stutzig werden, wenn er meinen Namen hört, und den wird er ja hören, wenn ich ihn untersuche.«

      »Man könnte Sie schlicht und einfach als Professor Berger vorstellen«, sagte Daniel nach kurzem Überlegen. »Persönlich kennen Sie sich doch nicht?«

      »Nein. Stefanie hat Kenntnis erlangt über diesen Fall, weil ich vergessen hatte, das Diktiergerät abzustellen. Es ist verständlich, daß es ihr nahegeht. Sie möchte auch gern selbst mit Ihnen sprechen. Selbstverständlich wird die ärztliche Schweigepflicht gewahrt werden, obgleich Stefanie der Meinung ist, daß Ralph Reinhold vorbereitet werden sollte.«

      »Ich halte das für verfrüht«, sagte Daniel. »Sie wissen, wie sehr das Mitleiden zehrt. Wir zwei brauchen uns da keiner Täuschung hinzugeben.

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