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bevor er ein Engagement annahm, denn die Familie sollte nicht zu kurz kommen.

      Aber wen von dieser Familie und von seinen vielen Bewunderern hätte es nicht gefreut, daß auch dieses Konzert wieder zu einem großartigen Erfolg wurde. Noch jung an Jahren, zeigte David in seinem Spiel eine Reife, die andächtig stimmte. Auch Daniel vergaß alles um sich her. Er ließ sich mitreißen und emportragen. Er vergaß alles, was ihn beschwert hatte.

      Stefanie konnte das nicht. Für sie sollte dieser Abend einen dramatischen Verlauf nehmen. Sie war nicht zum ersten Mal in diesem schönen Haus, das die Reinholds schon in der dritten Generation bewohnten. Es war zwar den modernen Ansprüchen angepaßt worden, aber doch so dezent und mit künstlerischem Sinn, daß die Atmo-sphäre nicht verlorengegangen war.

      Ralph kam ihr entgegen und begrüßte sie herzlich. »Peter hat sich hingelegt, weil er sich anscheinend nicht ganz wohl fühlte«, erklärte er. »Er schläft noch immer. Ich wollte ihn nicht wecken.«

      Stefanie nahm sich zusammen, aber es fiel ihr doch schwer, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu geben, als sie sagte: »Es kursiert wieder mal eine Grippe. Hoffentlich hat es Peter nicht zu arg erwischt.«

      »Er ist manchmal einfach schlapp«, sagte Ralph. »Vielleicht hat er Vitaminmangel oder so was.«

      Sollte sie es ihm verübeln, daß er so leicht dahinredete? Er war völlig arglos. Er strotzte vor Gesundheit, und ihm mochte es unbegreiflich sein, daß Peter Schwäche zeigte. Wie würde er reagieren, wenn sie ihm jetzt sagte, welchen Grund das hatte? Sie konnte es nicht. Sie hätte es nicht über die Lippen gebracht. Sie hatte ihr Wort gegeben.

      Und dann stand Peter plötzlich in der Tür, blaß, erregt und so aggressiv, wie Stefanie ihn noch nie erlebt hatte.

      »Warum hast du mich nicht geweckt, Ralph?« stieß er hervor. »Du wolltest wohl den Abend mit Stefanie allein verbringen? Ist das die feine Tour, mich auszubooten?«

      »Peter«, sagte Ralph beschwichtigend. »Ich dachte, du könntest krank sein.«

      »Ich bin nicht krank«, ereiferte sich Peter. »Ich bin eingeschlafen. Das blöde Wetter ist dran schuld, oder gar diese Tabletten, die mir Dr. Norden verschrieben hat.«

      »Du warst bei Dr. Norden?« fragte Ralph.

      »Ja, ich war bei ihm«, brauste Peter auf. »Aber er kann auch nur Rezepte ausstellen.« Er machte eine Pause, und die anderen sagten auch nichts. »Ich habe Hunger«, erklärte er dann. »Gehen wir zum Weinbauern.«

      »Ich habe alles herrichten lassen. Wir wollten doch den Abend hier verbringen«, sagte Ralph betont ruhig, aber Stefanie nahm den grollenden Unterton wahr.

      »Ich habe nicht viel Hunger«, sagte sie leise. »Es war ein ziemlich anstrengender Tag.«

      »Fühlst du dich auch nicht wohl, Stefanie?« fragte Peter, und das klang sogar hoffnungsvoll.

      »Nein, so ganz wohl fühle ich mich auch nicht«, erwiderte sie ablenkend. Es entsprach allerdings nur ihrer seelischen Verfassung.

      »Du solltest dich schonen, Stefanie«, sagte Peter sogleich besorgt. »Du scheinst ziemlich ausgenützt zu werden in dieser neuen Stellung.«

      »O nein, nicht im geringsten. Es ist interessant, mit Professor Weissenberger zu arbeiten.«

      »Womit beschäftigt er sich?« fragte Peter, erstmalig solches Interesse zeigend.

      »Überwiegend mit der Erforschung unbekannter Krankheitssymptome«, erwiderte Stefanie vorsichtig.

      »Was gibt es denn da für welche?« erkundigte sich Peter beiläufig.

      »Ziemlich viele, deren Ursache man erst finden muß, um helfen zu können.«

      Peter trank einen Schluck Wasser. »Dann soll er mal meine Müdigkeit erforschen«, sagte er mit einem Seufzer, der allerdings von einem Lächeln begleitet war, wenn auch von einem etwas gequälten. »Wieviel verstehst du davon?«

      »Vielleicht brauchst du nur eine Luftveränderung«, sagte sie.

      »Wir fahren ja in vierzehn Tagen«, warf Ralph ein.

      »Wenn Stefanie nicht mitkommen kann, macht es mir keinen Spaß«, sagte Peter mürrisch. »Du kannst allein fahren, Ralph.«

      Der wartete auf Stefanies Widerspruch, doch solcher blieb aus, und seine Miene verdüsterte sich. Dafür glomm in Peters Augen ein triumphierendes Leuchten auf. Er geriet plötzlich in eine fast euphorische Stimmung, aber es verging keine Viertelstunde, dann stand er auf und ging mit einer gemurmelten Entschuldigung hinaus.

      »Merkst du nicht, daß er es darauf anlegt, dein Mitgefühl zu erregen, Stefanie?« fragte Ralph ungehalten.

      »Er hat vielleicht nur ein Stimmungstief«, sagte sie ausweichend.

      »Ich möchte dich einmal allein sprechen, Stefanie«, sagte Ralph nun drängend.

      »Ich möchte nicht, daß unsere Freundschaft irgendwie gestört wird«, erwiderte sie rasch.

      »Aber wenn Peter hierbleibt, dann wirst du ihm keinen Korb geben, wenn er mit dir zusammensein will.«

      Bevor sie etwas sagen konnte, war Peter schon wieder zurück. »Entschuldigung«, sagte er, »mir wurde plötzlich so heiß.«

      »Du hast Fieber«, stellte Stefanie fest. »Es ist besser, wenn wir unser Beisammensein nicht ausdehnen. Ich fühle mich auch nicht wohl. Ruf doch lieber Dr. Norden an, Ralph.«

      »Nein, ich brauche ihn nicht«, widersprach Peter. »Es tut mir leid, daß ich heute ein richtiger Störenfried bin, aber man ist nicht immer in Form.«

      Hoffentlich sagt Ralph jetzt nicht etwas Unpassendes, dachte Stefanie, aber Ralph schwieg.

      »Ich wünsche dir gute Besserung, Peter«, sagte sie. »Wir werden uns ja noch sehen, bevor ihr in Urlaub fahrt.«

      »Aber das steht doch fest«, sagte Peter stockend. »Es tut mir so leid, daß ich so mies beieinander bin.«

      »Ich möchte nicht, daß du allein heimfährst, wenn du dich auch nicht wohl fühlst, Stefanie«, sagte Ralph.

      »So schlimm ist es bei mir nicht. Hoffentlich erwischt dich die Grippe nicht auch noch, Ralph.«

      Ihm gelang es nicht, ein paar Worte mit ihr allein zu wechseln, denn Peter blieb bei ihnen, bis Stefanie gegangen war. Und dann brauste er auf.

      »Du wirst sie mir nicht wegnehmen, Ralph. Entweder ich bekomme sie oder keiner von uns beiden«, sagte er drohend. Zum Glück hörte das Stefanie nicht mehr.

      Ralph blieb ruhig. »Du hast Fieber, Peter. Geh wieder zu Bett.«

      »Du machst mich krank«, zischte der Bruder. »Du willst unbedingt, daß ich mit dir fahre, aber ich fahre nicht mit. Und du wirst es nicht verhindern können, wenn ich Stefanie treffe.«

      »Es ist ihre Entscheidung«, sagte Ralph ruhig. »Ich finde dein Benehmen, bei allem Wohlwollen, reichlich albern.«

      Er schnippte mit den Fingern. »Gute Besserung, Peter.« Dann zog er sich in sein Zimmer zurück.

      Es hätte ihn wohl doch erschreckt, hätte er gesehen, wie mühsam sich Peter nun in sein Zimmer schleppte, so, als wäre er betrunken, aber er hatte ja keinen Schluck Alkohol zu sich genommen.

      Ralph wartete eine halbe Stunde, dann wählte er Stefanies Nummer, doch es kam das Besetztzeichen. Peter konnte nicht mit ihr telefonieren. Mit wem sprach sie dann? Eifersucht brannte in ihm, denn jetzt wurde es ihm erst recht bewußt, wie eigenartig ihr Benehmen gewesen war, ganz anders als sonst. Gab es schon einen anderen Mann in ihrem Leben? War es gar der Professor, mit dem sie arbeitete?

      *

      Mit dem telefonierte Stefanie allerdings, aber nicht er hatte sie, sondern sie hatte ihn angerufen, um ihm zu berichten, was ihr an Peter aufgefallen war. Sie mußte einfach mit jemandem darüber sprechen, wenn es auch schon spät war. Daran hatte sie zuerst gar nicht gedacht, aber Professor Weissenberger nahm

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