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Er jedenfalls betrachtete sie als mager, obgleich sie für andere schon wegweisend waren. Er behielt sein Wissen nicht für sich. Er war nicht darauf erpicht, Ehren einzuheimsen, wenn er einen Schritt weitergekommen war. Ihm bedeutete es viel, wenn es ein paar Kollegen gab, die sich für sein Bemühen interessierten.

      Er notierte sich alles, was Stefanie ihm sagte. Einen Kommentar gab er nicht dazu, denn erst wollte er Peter selbst kennenlernen.

      Stefanie hatte kaum den Hörer aufgelegt, als das Telefon wieder läutete. Sie dachte, es wäre Peter, aber es war Ralphs Stimme, die an ihr Ohr tönte.

      »Sei nicht böse, Steffi, daß ich so spät noch anrufe, aber deine Leitung war besetzt«, sagte er.

      »Ja, ich habe telefoniert«, erwiderte sie.

      Es wäre unpassend gewesen, sie zu fragen, mit wem sie telefoniert hatte. Sie hätte es ihm auch nicht gesagt.

      »Ich muß unbedingt mit dir allein sprechen, Stefanie«, sagte Ralph bittend. »Peters Benehmen ist mehr als eigenartig, findest du nicht?«

      Ob er sich auch ernsthaft Gedanken macht, fragte sich Stefanie. Aber am Telefon wollte sie dies nicht erörtern.

      »Gut, morgen in der Mittagspause«, schlug sie vor, »wenn es dir paßt. Bei uns in der Nähe ist ein kleines Lokal. Klosterstüberl heißt es. Da esse ich.«

      »Wann?« fragte er.

      »Zwölf Uhr, aber mehr als eine Stunde habe ich nicht Zeit.«

      »Ich bin pünktlich«, erwiderte er. »Danke, Stefanie, und jetzt wünsche ich dir eine gute Nacht.«

      Ein frommer Wunsch war das. Sie konnte keine Ruhe finden. Sie wanderte in ihrer hübschen kleinen Wohnung hin und her, und endlich griff sie zu einer Beruhigungstablette. Es war die letzte von jenen, die ihr verschrieben worden waren, als sie vor drei Monaten Ärger mit ihrem früheren Chef bekommen hatte. Es waren ganz persönliche Differenzen gewesen. Er wollte sich ihretwegen scheiden lassen, obgleich sie ihm niemals Hoffnungen gemacht hatte. Er drohte, sich umzubringen, wenn sie ihn nicht erhören würde. Und dann hatte seine Frau einen Selbstmordversuch unternommen. Es war eine schlimme Zeit für sie gewesen, aber sie hatte mit niemandem darüber gesprochen, auch nicht mit Ralph und Peter. Sie hatte gekündigt, dann aber sehr schnell die Stellung bei Professor Weissenberger gefunden.

      An diesem Abend kam Stefanie zu der Überzeugung, daß Männer ihr nur Unglück brächten.

      *

      Ausnahmsweise waren die Nordens und die Delormes an diesem Abend nicht gleich heimgefahren, wie es eigentlich vorgesehen war. Sie hatten sich im Foyer getroffen, aber dort wurden sie schon von einem jungen Paar erwartet.

      David bemerkte es erst, als sein Name gerufen wurde. Die Überraschung war perfekt. Er erkannte in dem Mann einen Studienfreund, den ebenfalls sehr begabten Geiger Christopher Bentham. Die Frau an seiner Seite war eine auffallende Schönheit, aber von so mädchenhaftem Liebreiz, daß sie sofort Sympathie gewinnen mußte.

      David und Christopher hatten sich herzlich begrüßt. Man machte sich bekannt. Christophers junge Frau Va-nessa blickte Daniel forschend an, als David erklärte, daß sein Schwager Arzt sei. Ihr zartes Gesicht belebte sich.

      »Oh, Christopher, vielleicht kann Dr. Norden uns behilflich sein, einen Spezialisten zu finden«, sagte sie leise.

      »Was für einen Spezialisten?« fragte David.

      »Mit ein paar Worten ist das nicht zu erklären«, sagte Christopher. »Und fast habe ich die Hoffnung auch schon aufgegeben. Aber…«

      Seine Frau unterbrach ihn. »Aber vielleicht dürfen wir Sie zu einem Drink einladen. Wir würden uns sehr freuen.«

      »Ein Glas Wein könnte nicht schaden, aber vorher eine große Flasche Wasser«, sagte David. »Ich habe höllischen Durst. Die Luft war so trocken im Saal. Mir kam es auch so vor, als hätten die Töne nicht richtig angesprochen.«

      »Du hast wundervoll gespielt, David«, sagte Christopher. »Dir ist das Glück treu geblieben.«

      Eigentlich gaben diese Worte den Ausschlag, daß auch Daniel und Fee sich zu dem Umtrunk bereit fanden, und Daniel wie auch Fee war es inzwischen aufgefallen, daß Christopher Bentham seinen linken Arm nur mühsam bewegte.

      Sie gingen zu einem Weinlokal. David Delorme war immerhin so bekannt, daß man sich schnellstens bemühte, in einem kleinen Nebenraum einen Tisch für die drei Paare zu decken, und hier sollten sie auch ganz ungestört bleiben.

      David hatte seinen Studienfreund nicht so genau beobachtet wie Daniel Norden.

      »Wo bist du eigentlich abgeblieben, Christopher?« fragte er. »Warum hört man nichts von dir?«

      »Ich kann nicht mehr spielen«, erwiderte der andere leise. »Schon seit einem Jahr nicht mehr.«

      »Christopher hatte einen Unfall«, warf Vanessa ein. »Aber irgendwo muß es doch einen Arzt geben, der ihm helfen kann.«

      Ein paar Sekunden herrschte betretenes Schweigen.

      »Was war das für ein Unfall?« fragte Fee dann. Bloß nicht schon wieder eine von diesen unheilbaren Krankheiten, hatte Daniel unwillkürlich gedacht, denn für diesen Abend wünschte er sich wirklich einen erfreulicheren Abschluß. Aber ihm schien es tatsächlich bestimmt zu sein, immer und überall mit Krankheiten konfrontiert zu werden.

      Krank sah Christopher allerdings nicht aus, er wirkte nur ein bißchen sehr melancholisch, und seine kleine Frau schien sehr bemüht zu sein, ihm darüber hinwegzuhelfen.

      »Es war ein ganz dummer Unfall«, sagte Christopher sarkastisch. »So was kann auch nur mir passieren.«

      »Das kann jedem passieren«, warf Vanessa nachsichtig ein. »Wir verbrachten den Urlaub bei meinen Eltern in Florida, und ausgerechnet am letzten Tag glitt Christopher aus, als er aus dem Swimming-pool stieg, und fiel auf den Arm.«

      »Ich wollte mich noch abstützen und habe das sehr ungeschickt angefangen«, bemerkte er. »Der Ellenbogen und der rechte Daumen wurden gestaucht.«

      Florida, Swimming-pool, dachte Daniel unwillkürlich, sie scheint aus gutem Hause zu kommen. Nun, man sah es ihr an, ihrem feinen Gesicht, ihrem dezenten Benehmen, der damenhaften Eleganz.

      »Leider hat sich Christopher nach der Behandlung nicht geschont«, sagte Vanessa sanft und ohne vorwurfsvollen Ton.

      »Du weißt genau, warum, Liebling«, sagte er rasch.

      »Und was ist nun mit dem Arm?« fragte Daniel, der seine Verlegenheit bemerkte.

      »Jede Bewegung schmerzt«, sagte Christopher. »Ich kann ihn kaum noch heben. Ich werde mir einen anderen Beruf suchen müssen, wenn nicht bald etwas geschieht.« Er sah David an. »Du hast mir mal von der Insel der Hoffnung erzählt, Dave, und das ist der eigentliche Grund unseres Hierseins.«

      David zwang sich zu einem Lächeln. »Bitte, Daniel ist der Mitbesitzer des Sanatoriums. Du kannst direkt mit ihm sprechen.«

      »Sagtest du nicht, daß dein Schwiegervater das Sanatorium leitet?« fragte Christopher überrascht.

      »So ist es, aber über unsere etwas verzwickten Familienverhältnisse reden wir nicht gern so nebenbei.«

      »Was aber nicht besagt, daß die verzwickten Verhältnisse konfliktreich wären«, warf Fee lächelnd ein. »Dr. Cornelius ist mein Vater, seine Frau Anne ist Katjas Mutter. Außerdem war mein Vater der beste Freund von Daniels Vater. Ich bin im bereits fortgeschrittenen Alter zu einer reizenden Schwester gekommen und zu einem berühmten Schwager.«

      »Und wir können uns glücklich schätzen, die besten Ärzte in der Familie zu haben«, gab Daniel seinen Kommentar dazu. Der Ton hatte sich gelockert. Man lächelte nicht mehr so gezwungen.

      »Ich würde vorschlagen, daß Dieter den Arm erst einmal röntgt«, sagte Daniel. »Dr. Behnisch ist ein guter Freund von mir, der sehr viel von der Behandlung von Unfallfolgen versteht. Er ist Chrirurg.«

      Christophers

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