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das weitläufige Freigehege eine gute Vorübung dafür gewesen. Dass sie jetzt ständig Jagdversuche innerhalb des Geheges unternahmen, bewies, dass sie ihre angeborenen Fähigkeiten, sich aus eigener Kraft zu ernähren, durchaus noch nicht verlernt hatten.

      Da Andrea von Lehn immer noch ohne ständige Hilfe im Haus war, erbot sich Magda, ihre berühmten Schokoladentorten zu backen, denn selbstverständlich sollte der Auszug der Füchse zu einem Fest ausgestaltet werden, um die Kinder mit dem Verlust der drei frechen Gesellen Pitt, Patt und Spezi zu versöhnen.

      Das Wetter erfüllte alle heißen Kinderwünsche. Die Sonne lachte von einem strahlend blauen Himmel, sodass Andrea ohne Sorge vor Regentropfen zwei Tafeln im Freien decken konnte. Es gab Fruchtsäfte oder Kakao zur Wahl zu trinken. Marianne hatte sich erboten, beim Einschenken und Versorgen der Kinder zu helfen. Auch Rosita war mit der Familie von Schoenecker im Wagen gekommen und durfte von einem besonders bequemen Stuhl aus das Fest miterleben.

      Rosita kannte inzwischen alle Kinder von Sophienlust und hatte auch das Kinderheim schon zweimal kurz besucht. Sie gehörte völlig zur Gemeinschaft des Hauses der glücklichen Kinder, weil sie Kittys Mutter war. Dass sie sich meistens in Schoeneich aufhielt, änderte daran nichts. Schließlich lebte die Familie von Schoenecker ja auch dort.

      Marianne nickte ihrer Herrin zu und lächelte strahlend. Sie war aufgelebt, seit sie sich nicht mehr gar so sehr abzuplagen brauchte. In einem hübschen hellblauen Kleid und weißer Schürze lief sie zwischen den beiden Tischen hin und her, um die große Kinderschar zu betreuen. Sie duldete nicht, dass Andrea mit Hand anlegte.

      Kitty fühlte sich wieder einmal als Hauptperson. »Es ist nur wegen Mummel, dass die Füchse hinausgeworfen werden«, verkündete sie mit erhobenem Stimmchen. »Es geht einfach nicht so weiter mit ihnen.«

      »Es ist wegen Bambi und wegen der Füchse selber. Das Freigehege ist für drei gesunde kräftige Füchse zu eng geworden. Deshalb machen sie jetzt Schwierigkeiten«, verteidigte Nick die drei Frechdachse, die er trotz allem liebgewonnen hatte und von denen er sich nicht leicht trennte.

      Auch Andrea hatte gewissermaßen in dieser Sache zwei Seelen in der Brust. Sie wollte nicht, dass Bambi und Mummel etwas zustieß, aber dennoch bereitete es ihr ein wenig Kummer, dass sie sich von den drei lustigen Gesellen für immer trennen sollte. Insgeheim hoffte sie, dass sie zurückkommen würden, falls sie Hunger bekämen oder sonst in der süßen Suppe der Freiheit ein Haar finden sollten.

      Nun, zuerst saß man bei Schokoladentorte im herrlichsten Sonnenschein am Kaffeetisch und ließ es sich schmecken. Als sogar der Hausherr erschien und seinen Ehrenplatz am Ende der einen Tafel einnahm, kannte der Jubel keine Grenzen.

      Hans-Joachim entschuldigte sich bei seinen Schwiegereltern und bei Rosita für seine Verspätung.

      »Andrea hat sicherlich schon erzählt, dass ich nach Schönborn musste, wo wieder einmal ein wertvolles Pferd erkrankt ist. Immer passiert das am Sonntag. Aber man ruft mich von dort niemals ohne Grund. Deshalb bin ich auch gleich gefahren.«

      »Ist das kranke Pferd schon gesund gemacht?«, erkundigte sich Kitty, die dem Tierdoktor offensichtlich die reinsten Wunderkräfte zumaß.

      »Nein, Kitty, so schnell geht das nicht. Aber ich habe ihm eine Spritze gegeben und eine Medizin verordnet. Wahrscheinlich hat es heute Abend schon kein Fieber mehr.«

      »Haben kranke Tiere denn auch Fieber?«, wunderte sich Kitty. »Ich dachte, dass bloß Kinder Fieber kriegen.«

      »Aber natürlich können Tiere Fieber haben. Genau wie Kinder.«

      »Na ja, Tiere sind eben überhaupt genau wie Kinder«, stellte Kitty fest.

      Niemand widersprach ihr. Alle waren der Meinung, dass Kitty damit nur eine Binsenwahrheit ausgesprochen hatte.

      Als von den Torten nichts mehr übrig war, als auch kein Kakao und kein Tropfen Fruchtsaft mehr vorhanden war, konnte zum wichtigsten Punkt der Tagesordnung übergegangen werden.

      Die Kinder halfen zunächst, Teller und Tassen in die Küche zu tragen. Dann gingen sie allesamt ins Freigehege, wo Helmut Koster die drei Füchse bereits eingefangen hatte. Knurrend und ärgerlich hockten sie in einer verdrahteten Kiste. Als Nick sich ihnen näherte und Spezi streicheln wollte, versuchte der kleine Bursche seinen Freund zu beißen.

      »Die haben sicher schon die Tollwut«, meinte Henrik besorgt.

      Helmut Koster lachte. »Nein, die drei Kerlchen sind wütend, weil ich sie eingefangen habe. Aber es ist die einzige Möglichkeit, ihnen die Freiheit wiederzugeben.«

      »Kann man denn nicht einfach das Gatter öffnen?«, fragte Henrik.

      »Dann würde vielleicht Bambi fortlaufen. Wäre dir das recht?«, fragte Helmut Koster blinzelnd. »Bambi hat solche Angst vor den Füchsen, dass es bestimmt sofort die Freiheit wählen würde, wenn wir das Gatter öffnen würden.«

      »Du hast recht. Man muss Pitt, Patt und Spezi in der Kiste hinaustragen. Anders geht es nicht«, räumte Henrik ein.

      Sie brachten die Kiste, die Helmut Koster vorsichtig trug, gemeinsam bis an den nahegelegenen Waldrand. Dort zog der Tierpfleger die eine Seitenwand des Fuchsgefängnisses kurzerhand ab.

      Nun, da die Freiheit so unvermutet vor ihnen lag, zögerten die schlauen Füchslein. Vielleicht wollten sie noch nicht so recht daran glauben, dass die Gefangenschaft in der Kiste schon vorüber war? Es war schließlich Spezi, der als Erster den großen Schritt wagte. Er schoss unvermutet davon und verschwand rasch im Unterholz. Es sah aus, als wisse er ganz genau, wohin ihn sein Weg führte. Dann folgten Pitt und Patt, die ja Geschwister waren und auch in dieser Situation beisammen blieben. Pitt übernahm die Führung, und Patt schnürte eilig hinter ihm her.

      Wenig später waren die drei Füchslein verschwunden, aller Wahrscheinlichkeit nach auf Nimmerwiedersehen.

      »Schade ist es doch«, seufzte Nick. »Sie waren lange bei Waldi & Co. Jetzt werden wir sie vermissen, obwohl sie sich meistens nicht sehen ließen.«

      »I wo!« Kitty klatschte lachend in die Händchen. »Ich bin richtig froh, dass wir sie endlich los sind. Es waren freche Füchse, und sie können nun draußen im Wald herumjagen, so viel sie wollen. Aber Bambi und meinem lieben Mummel können sie nichts mehr tun.«

      Auch die übrigen Kinder waren ein wenig betrübt. Allmählich aber siegte die Freude darüber, dass die drei Füchse nun wieder in Freiheit leben konnten. Denn die Kinder wussten, dass es für Tiere nichts Wertvolleres und Kostbareres gab als die Freiheit.

      Nachdenklich kehrten die Kinder zum Haus zurück, wo Rosita Linden auf sie wartete.

      »Hast du es sehen können, Mutti?«, rief Kitty begeistert aus. »Jetzt sind sie in den Wald gelaufen und kommen nie mehr wieder.«

      Rosita schloss ihr Kind in die Arme. Sie hatte zwar den Auszug der Füchse nicht in allen Einzelheiten vom Haus aus beobachten können, doch sie wollte Kitty nicht enttäuschen. Deshalb schwieg sie und ertappte sich zugleich bei dem innigen Wunsche, dass sich alle Probleme in Kittys Leben so einfach und positiv lösen möchten wie dieses. Denn für Kitty war die Sorge um ihren geliebten Hasen wirklich zu einer entscheidenden Frage geworden. Nun konnte Mummel aus dem engen Drahtkäfig herausgelassen werden und sich innerhalb des Geheges ungefährdet seines Lebens erfreuen!

      Marianne kam aus der Küche, wo sie in erstaunlicher Geschwindigkeit die vielen Tassen, Becher und Teller abgespült und die Ordnung wieder hergestellt hatte.

      »Sie sind fort, die frechen Füchse«, wiederholte Kitty ihre Siegesmeldung. »Bist du froh?«

      »Ja, Kleines, ich bin froh, weil du dich darüber freust.« Marianne lachte Kitty zu. Die beiden verstanden einander und hatten einander lieb, obwohl Kitty ihre Marianne jetzt eigentlich gar nicht brauchte.

      *

      Es war am Abend dieses denkwürdigen Sonntags, als sich Marianne, die zu später Stunde noch in ihrem gemütlichen Zimmer in Schoeneich saß, wieder einmal die Frage vorlegte, wie dies alles nun weitergehen solle. Den Füchsen hatte man die Freiheit geschenkt. Sie waren

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