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ihr Sohnemann mit dem Beruf des Pfarrers liebäugelte. Oder sollte er vielleicht Lehrer werden? Aber die Zeitungen klagten damals über eine Lehrerschwemme und schlechte Aussichten für Pädagogen. Georg wandte sich an Gott und bat gezielt um einen Fingerzeig. Der gute Hirte hatte ihm im Traum doch angeboten, ihn zu leiten; nun wollte er diese Lebensführung gerne in Anspruch nehmen. Es dauerte nicht lange und Georg stieß in der Zeitschrift Stern auf einen Artikel über Mutter Teresa. Sie beschrieb darin die große medizinische Not in Kalkutta und warb eindringlich um Ärzte für die Versorgung der vielen Kranken und Sterbenden. Georg wertete diesen Bericht als ein klares Signal. Er würde Medizin studieren und sich um die Elenden, Verzweifelten und Todkranken kümmern. Aus Überzeugung und echter Anteilnahme.

      Nicht wenige Studenten immatrikulieren sich im Fach Medizin mit romantischen Vorstellungen, die sie im Laufe des Studiums peu à peu über Bord werfen. Nicht so Georg. Er blieb seiner Berufung treu. Vierzehn Jahre lang widmete sich der Mediziner an der Universitätsklinik von Freiburg um Menschen auf der letzten Etappe ihres Lebens. In der onkologischen und intensivmedizinischen Abteilung sah er fast täglich dem Tod ins Auge. Er rackerte bis zu 400 Stunden im Monat um das Wohl der Kranken. Leider blieb bei diesem Arbeitspensum wenig Zeit für seine Frau Kerstin und ihre drei Kinder.

      Nach einer Phase reiflicher Überlegungen kündigte sich 2003 ein Umbruch an. Georg und Kerstin würden nach Todtnau ziehen und eine christliche Hausarztpraxis gründen. Dort, wo sich die letzten Landärzte gerade verabschiedeten, wollten die beiden mit einem Team von Experten ein geniales Pilotprojekt hochziehen. Sie entwickelten die Idee einer modernen Praxis, die einen hohen medizinischen Standard mit Seelsorge und Psychotherapie verbinden würde. Dieses Konzept nannten sie „s’Doc-Hüsli“, auf Hochdeutsch „Das Ärztehaus“. Was gut ist, setzt sich durch, und der Erfolg beflügelt. Aus einer Praxis wurden zwei und schließlich vier. Die Mitarbeiterschaft wuchs beträchtlich und die Patientenzahlen kletterten steil nach oben. Im Laufe der Jahre wurde dieses ganzheitliche Modell von den Medien entdeckt. Berichte in der Presse und im Rundfunk steigerten den Bekanntheitsgrad weiter. Schließlich 2016 wurden Dr. Georg Steinfurth und seine Frau Kerstin, die unermüdliche Managerin der Praxis, nach Berlin eingeladen. In einer feierlichen Zeremonie erhielten sie den ersten Preis der „Springer Medizin“. Die goldene Glühbirne, gewissermaßen der Oscar der Branche, wurde den beiden in Anerkennung für die innovativste deutsche Praxis überreicht. Diese hohe Auszeichnung brachte die beiden auf die Titelseite der Ärzte-Zeitung und damit in das Rampenlicht der deutschen Gesundheitspolitik.

      Macht korrumpiert. Wer Einfluss hat, möchte diesen steigern, vielleicht sogar bis ins Uferlose. Beim Geld ist es ähnlich. Geld kann unersättlich machen. Wer sich nicht vorsieht, verfällt schnell dem Lockruf des Mammons. Thomas Middelhoff, der einstige Vorstandschef des Bertelsmann Konzerns, beschreibt diese moralische Spirale nach unten in seinem Aufsehen erregenden Bestseller „Schuldig“.

      Georg und Kerstin Steinfurth scheinen irgendwie anders gestrickt zu sein. 2016 vollzogen sie einen radikalen Neuanfang und verkauften ihre Praxen und zwei Wohnungen gleich noch dazu. Einen nicht unerheblichen Teil spendeten sie für die christliche Einrichtung „Joshua-Dienst in Srittmatt“ und für kubanische Obdachlose, die ihr Hab und Gut im Wirbelsturm Irma verloren hatten. Am Ende lagen noch 300.000 Euro auf dem Konto und warteten auf ihre Verwendung. Bei einem Brainstorming diskutierten sie sowohl den möglichen Erwerb eines Hauses als auch die Übernahme eines Bauernguts. Aber obwohl die Steinfurths alle möglichen Optionen sorgfältig prüften, kamen sie auf keinen gemeinsamen Nenner. Was tun? Schließlich teilten sie diesen Betrag durch drei. Jeweils ein Drittel war für die Kinder, für Kerstin und für Georg selbst bestimmt.

      Ausgerechnet in dieser Zeit schenkte ein treuer Freund Georg ein Jugendbuch über ein Missionsspital in Peru. Der Titel lautete „Der Doktor mit dem Draht zu Gott“. Georg las mit wachsender Begeisterung, wie aus dem Nichts ein Krankenhaus für die Nachfahren der Inkas entstand, ohne jegliche staatliche Absicherung. Darüber wollten die Steinfurths mehr erfahren. Die Gelegenheit dazu bot sich am 10. Mai 2016. Eine Studentengruppe hatte mich zu einem Vortrag an die Universität von Karlsruhe eingeladen. Der Hauptinitiator Christian van Reensen stand kurz vor seiner Ausreise nach Peru, um am Hospital Diospi Suyana als IT-Experte mitzuarbeiten. Getrieben von seiner Begeisterung hatte er ziemlich gewirbelt, um den Hörsaal zu füllen. Zu seiner Enttäuschung versammelten sich leider nur um die sechzig Zuhörer auf den Rängen, zwei von ihnen: Georg und Kerstin Steinfurth. Die Präsentation ging Georg unter die Haut, mitten ins Herz und drang sogar bis ins Gehirnareal vor, das für die Verwaltung von Geldern zuständig ist. Sechs Tage drauf ging eine Spende von 100.000 Euro auf dem Konto von Diospi Suyana ein.

      Als Jugendlicher hatte Georg die vollkommene Wahrheit gesucht und in dem guten Hirten Jesus Christus gefunden. Als erfolgsverwöhnter Mediziner blieb er seinem Glauben treu. Bis heute bedeutet für ihn Geld nur ein anvertrautes Gut, welches er im Sinne des Hirten für die Belange des Himmels einsetzen möchte. Der Mann aus Todtnau zog die Abhängigkeit von Gott der vermeintlichen Sicherheit eines vollen Bankkontos vor. „Georg, deine konsequenten Entscheidungen für Gott imponieren mir gewaltig“, sagte ich während eines Telefongesprächs.

      „Klaus, Gott hat mich dafür so gesegnet“, sprudelte es aus ihm heraus, und schon erzählte er mir voller Enthusiasmus, wie seine Lebensgeschichte weiterging. Immer unvorhersehbar und stets in den Fußstapfen des guten Hirten.

       Mit der besten Botschaft über die Berge

      Die Diospi-Suyana-Schule fördert nachhaltig die Entwicklung von mehreren Hundert Schülern. Im Krankenhaus Diospi Suyana behandeln wir im Jahr Zehntausende Patienten. Das sind stolze Zahlen. Aber um das Denken von Millionen von Menschen zu verändern, benötigen wir andere Zugangswege: die Medien.

      Möglicherweise runzelt der eine oder andere von Ihnen jetzt seine Stirn und fragt sich, ob eine solche Einflussnahme auf die Gesellschaft überhaupt ihre Berechtigung hätte. Begriffe wie Werbung, Verführung und Manipulation kommen in den Sinn, und kritische Anfragen an ein derartiges Unterfangen erscheinen auf den ersten Blick angebracht.

      Was mich betrifft, so bin ich ein leidenschaftlicher Verfechter dieser Idee. Ich möchte Ihnen den Grund mit einigen Zahlen verdeutlichen. Nach einem Bericht des El Comercio, der führenden Tageszeitung Perus, wurden 2018 über 63 Prozent der peruanischen Frauen zwischen 15 und 49 Jahren Opfer von psychischer, physischer oder sexueller Gewalt.

      Die Situation der Jugendlichen sieht leider nicht besser aus. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2015, die vom staatlichen Institut für Statistik (INEI) veröffentlicht wurde, hatten 65,6 Prozent der Heranwachsenden zwischen 12 und 17 Jahren zu Hause Brutalität zu ertragen. Das sind besorgniserregende Ergebnisse.

      In den Bergdörfern der Anden ist häusliche Gewalt meist mit Alkoholmissbrauch verbunden. Zu diesen erschreckenden Missständen kommen noch Ignoranz und ein weitverbreiteter Aberglauben hinzu. Kann ein 24-stündiges Radioprogramm einer solchen Misere entgegenwirken? Selbstverständlich kann es das!

      Aber ich möchte einen weiteren Punkt erwähnen, der mir unter den Nägeln brennt. Wir Mitarbeiter von Diospi Suyana sind überzeugte Christen. Und die beste Nachricht, die es gibt, ist für uns das Evangelium von Jesus Christus. Wenn der Oxforder Biologe und Atheist Richard Dawkins mit seinen Annahmen richtig läge, dann wäre unser Universum unermesslich groß, ziemlich dunkel, eiskalt und völlig sinnlos. Damit entbehrte auch unser eigenes Leben eines tieferen Sinns. Eine deprimierende Weltsicht, wie ich meine. Die christliche Überzeugung steht dieser eben beschriebenen Auffassung diametral entgegen. Jesus Christus starb am Kreuz aus Liebe zu jedem Menschen. Der Wert meines Lebens ist – um es ganz plastisch zu sagen – das Blut Christi, ein Beweis der totalen Hinwendung Gottes.

      Mancher mag nun einwenden, dass die Passion Christi vor 2.000 Jahren herzlich wenig mit unserem Alltag hier und heute zu tun hätte. Doch wer das denkt, irrt gewaltig. Als Kronzeugen möchte ich Matthew Parris zitieren. Er ist einer der bekanntesten Journalisten Englands, war viele Jahre im Britischen Unterhaus als Parlamentarier tätig und publiziert in vielen Zeitschriften, u. a. auch in der Times. Er ist überzeugter Atheist. Man kann ihn mit Fug und Recht als Afrika-Experten bezeichnen. Dort in Afrika stand auch seine Wiege. Unter der Überschrift „Als

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