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war und zum Märtyrer für seine philosophische Ansicht wurde. Er irrt in beiden Punkten gleichermaßen. Der Priester Vanini lässt uns in seinen Dialogen, die er nach dem Vorbild des Erasmus schrieb, wissen, dass er eine Geliebte namens Isabelle hatte. Er war in seinen Schriften wie in seinem Lebenswandel ein Freigeist, aber er war kein Atheist.

      Ein Jahrhundert nach seinem Tod wollten der Gelehrte La Croze und jener, der sich Philalethes nannte, seine Unschuld beweisen; doch da niemand sich für das Gedenken an einen unglückseligen Neapolitaner interessiert, ein sehr schlechter Schriftsteller zudem, liest fast niemand diese Verteidigungsschriften.

      Der Jesuit Hardouin, der gelehrter als Garasse, doch nicht weniger vermessen war, beschuldigt in seinem Buch Athei detecti* Descartes, Arnauld, Pascal, Nicole, Malebranche allesamt des Atheismus; zum Glück erging es ihnen nicht wie Vanini.

      Von all diesen Fakten gehe ich nun zu der moralischen Frage über, die Bayle aufgeworfen hatte, nämlich ob eine Gesellschaft von Atheisten überhaupt lebensfähig wäre. Stellen wir zunächst einmal anlässlich dieses Artikels fest, wie sehr sich Menschen im Disput widersprechen können; haben doch diejenigen, die sich mit größter Erbitterung gegen die Ansicht Bayles gewandt haben, diejenigen, die ihm die Möglichkeit einer Gesellschaft von Atheisten mit den heftigsten Verunglimpfungen bestritten haben, seither mit der gleichen Kühnheit behauptet, dass der Atheismus in China Staatsreligion ist.

      Sie haben sich mit Sicherheit gewaltig geirrt, was die chinesische Regierung betrifft; sie brauchten dazu nur die Erlasse der Kaiser dieses ungeheuer großen Landes zu lesen, und sie hätten festgestellt, dass diese Erlasse Predigten sind und dass darin überall vom höchsten Wesen die Rede ist, das über alles herrscht, alles rächt, alles belohnt.

      Aber zugleich haben sie sich nicht weniger hinsichtlich der Unmöglichkeit einer Gesellschaft von Atheisten geirrt, und ich verstehe nicht, wie Bayle ein schlagendes Beispiel vergessen konnte, das seiner Sache zum Sieg hätte verhelfen können.

      Weshalb erscheint eine Gesellschaft von Atheisten unmöglich? Weil man der Auffassung ist, dass Menschen, denen man keine Zügel anlegt, niemals zusammenleben könnten, dass Gesetze allein nichts gegen heimliche Verbrechen vermögen, dass es einen rächenden Gott geben muss, der auf dieser Welt oder im Jenseits die Bösen bestraft, die der menschlichen Justiz entgangen sind.

      Zwar trifft es zu, dass Moses Gesetze nichts über ein künftiges Leben lehrten, nicht mit Strafen nach dem Tode drohten und die ersten Juden keineswegs die Unsterblichkeit der Seele lehrten, aber die Juden, weit davon entfernt, Atheisten zu sein oder zu glauben, sie könnten sich der göttlichen Vergeltung entziehen, waren die religiösesten aller Menschen. Sie glaubten nicht nur an die Existenz eines ewigen Gottes, sondern sie glaubten auch, dass er ständig unter ihnen sei; sie zitterten davor, dass sie selbst, ihre Frauen, ihre Kinder, ja ihre gesamte Nachkommenschaft bis in die vierte Generation bestraft würden, und diese Zügel waren sehr wirksam.

      Doch bei den Heiden kannten mehrere Philosophenschulen überhaupt keine Zügel. Die Skeptiker zweifelten an allem, die Schüler Platons enthielten sich jeglichen Urteils über alles, die Epikuräer waren davon überzeugt, dass die Gottheit sich nicht in die Angelegenheiten der Menschen einmischen könne, und im Grunde akzeptierten sie überhaupt keine Gottheit. Sie waren davon überzeugt, dass die Seele keine Substanz ist, sondern eine Fähigkeit, die mit dem Körper geboren wird und stirbt, folglich trugen sie kein Joch außer Moral und Ehre. Die römischen Senatoren und Ritter waren echte Atheisten, denn die Götter existierten nicht für Menschen, die von ihnen weder etwas befürchteten noch erhofften. Der römische Senat war also zur Zeit Cäsars und Ciceros tatsächlich eine Versammlung von Atheisten.

      Dieser große Redner sagte in seiner Verteidigungsrede für Cluentius vor dem ganzen versammelten Senat: Welchen Schaden fügt ihm der Tod zu? Wir lehnen all die albernen Märchen über die Unterwelt ab, was hat ihm also der Tod genommen? Nur die Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden.

      Hält Cäsar, der mit Catilina befreundet war und das Leben seines Freundes vor eben diesem Cicero retten wollte, ihm nicht entgegen, dass es für einen Kriminellen gar keine Strafe ist, wenn man ihn tötet, sondern dass der Tod gar nichts ist außer dem Ende all unserer Übel und eher ein glücklicher Augenblick als ein unheilvoller? Lassen sich Cicero und der ganze Senat nicht von diesen Gründen überzeugen? Die Sieger und die Gesetzgeber der damals bekannten Welt bildeten also offenbar eine Gesellschaft von Menschen, die nichts von den Göttern fürchteten und echte Atheisten waren?

      Bayle untersucht als Nächstes, ob der Götzendienst nicht gefährlicher ist als der Atheismus, ob es ein größeres Verbrechen ist, überhaupt nicht an die Gottheit zu glauben, als von ihr unwürdige Vorstellungen zu haben; er teilt, was das anbelangt, die Auffassung von Plutarch, der meint, es sei besser, gar keine Meinung zu haben als eine schlechte. Aber ob es nun Plutarch gefällt oder nicht, es ist offensichtlich, dass es für die Griechen unendlich viel besser war, Ceres, Neptun und Jupiter zu fürchten, als überhaupt nichts zu fürchten. Es ist klar, dass die Heiligkeit des Eides notwendig ist und dass man denjenigen mehr vertrauen muss, die meinen, dass ein Meineid bestraft wird, als denjenigen, die meinen, sie könnten ungestraft einen Meineid schwören. Es ist unbezweifelbar, dass es in einer zivilisierten Stadt unendlich viel nützlicher ist, eine Religion (selbst eine schlechte) zu haben als gar keine.

      Es hat den Anschein, als sollte Bayle eher untersuchen, was gefährlicher ist, der Fanatismus oder der Atheismus. Der Fanatismus ist gewiss tausendmal unheilvoller als der Atheismus, denn der weckt keine blutrünstigen Leidenschaften, während der Fanatismus das sehr wohl tut: Der Atheismus hindert zwar niemand daran, ein Verbrechen zu begehen, doch der Fanatismus veranlasst dazu. Nehmen wir mit dem Autor des Commentarium rerum Gallicarum* einmal an, dass der Kanzler de L’Hôpital Atheist war, so hat er doch ausschließlich weise Gesetze gemacht und zu Mäßigung und Einigung geraten. Die Fanatiker begingen die Massaker in der Sankt-Bartholomäusnacht*. Hobbes galt als ein Atheist, er führte ein ruhiges und unschuldiges Leben. Die Fanatiker seiner Zeit jedoch überschwemmten England, Schottland und Irland mit Blut. Spinoza war nicht nur Atheist, sondern lehrte sogar den Atheismus, jedoch war er mit Sicherheit nicht an dem Justizmord an Barneveldt beteiligt, und nicht er war es, der die beiden Brüder de Witt in Stücke reißen ließ und sie dann gegrillt verspeiste.

      Die Atheisten sind zumeist kühne und auf Abwege geratene Gelehrte, die nicht die richtigen Schlüsse ziehen und, da sie die Schöpfung, den Ursprung des Bösen und anderer Probleme nicht verstehen können, Zuflucht zur Hypothese von der Ewigkeit der Dinge und der Notwendigkeit nehmen*.

      Ehrgeizige und wollüstige Menschen haben kaum die Zeit zum Nachdenken und sich einer schlechten Weltanschauung zu widmen, denn sie haben anderes zu tun, als Lukrez mit Sokrates zu vergleichen. So laufen doch die Dinge heute bei uns.

      Das war im römischen Senat nicht so, er bestand fast nur aus Männern, die in Theorie und Praxis Atheisten waren, das heißt also, weder an die Vorsehung noch an ein Leben nach dem Tode glaubten. Dieser Senat war eine Versammlung von Philosophen, Wollüstigen und Ehrgeizigen, die alle sehr gefährlich waren und die den Untergang der Republik herbeiführten.

      Ich möchte es nicht mit einem atheistischen Fürsten zu tun haben, in dessen Interesse es wäre, mich in einem Mörser zerstampfen zu lassen, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich zerstampft würde. Umgekehrt möchte ich es als Herrscher auch nicht mit atheistischen Höflingen zu tun haben, in deren Interesse es läge, mich zu vergiften; ich müsste jeden Tag auf gut Glück ein Gegengift einnehmen. Es ist also für die Fürsten und die Völker unbedingt notwendig, dass die Vorstellung eines höchsten Wesens, das alles erschafft, über alles herrscht, alles rächt, alles belohnt, zutiefst in den Gemütern verankert ist.

      Es gibt atheistische Völker, sagt Bayle in seinen Gedanken über den Kometen. Die Kaffern, die Hottentotten, die Tupinambá und viele andere kleine Völkerschaften haben keinen Gott; das kann sein, das bedeutet aber nicht, dass sie einen Gott leugnen, sie leugenen ihn nicht und bejahen ihn nicht, sie haben niemals etwas darüber gehört. Sagt ihnen, dass es einen gibt, sie werden es ohne Weiteres glauben, sagt ihnen, dass alles aus der Natur der Dinge hervorgeht, sie werden es gleichfalls glauben. Zu behaupten, sie seien Atheisten, wäre als Anschuldigung dasselbe, wie wenn man sagte, sie seien Anti-Cartesianer, sie sind weder

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