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»sie oder er hat eine oder einen anderen«. Auch gut. Mag so sein. Einen? Vielleicht sogar mehrere!

      Oder gehörst du zu jenen, möglicherweise über 45-Jährigen, wo es dann bitter heißt: »Na ja, die wird schon wissen, was sie tut. Mit 40 oder 45 oder 50 eine Trennung? Lächerlich. Die findet nie wieder einen.« Oder mein Lieblingskommentar: »Etwas Besseres kommt nie nach.« Wie bitte? Was ist denn das für eine Absurdität? Was für ein Unsinn. Du findest also nie wieder einen, wenn du Jahrgang 1975 und darunter bist? Als Frau? Also, ich bin ja keine Frau, obwohl ich schon einige weibliche Anteile habe. Und nebenbei froh darüber bin. Aber diese Aussagen sind schon stark, oder? Andere wissen genau, wen ich wann finde oder nicht?

      Bei Männern reagieren die »Berater« im Umfeld meistens ganz anders. Bei Männern ist sowieso alles anders. Die finden ja mit 90 noch eine Partnerin oder einen Partner, je nachdem, was sie wollen. Na bravo. Pfeif auf alle jene »Lebensratgeber«, die im eigenen Bereich kläglich scheitern, die bei dir und bei anderen aber zielorientiert alles ganz genau wissen. Und vor allem wissen sie immer bei den anderen, wie es zu laufen hat im Leben, in deinem Leben. Wie der sogenannte »Flow« entsteht.

      Bist du mit mir einer Meinung, wenn ich behaupte, dass der »Flow«, also der Fluss im eigenen Dasein, mit Glück zu tun hat? Ja? Dann lies weiter. Nur, liebe Freundin: Das Glück fällt nicht vom Himmel. Jeder von uns hat die Fähigkeit glücklich zu sein oder das, was man unter Glück versteht, zu erleben, zu spüren, langhaltig auch zu fühlen, hoffentlich auch zu genießen. Es ist ein euphorisches, ein sattes Gefühl. Um Glück zu erleben, muss man einiges zulassen und anderes loslassen. Loslassen können. Wie oft höre ich in meinem Umfeld: »Das kann ich nicht, das fällt mir so schwer. Das ist unmöglich!« Erinnerst du dich: »Nicht können heißt nicht wollen!« Das hat der gescheite Prof. Musalek vor einigen Seiten gesagt. Und der Mann hat recht.

      Nicht können bedeutet tatsächlich in vielen Fällen nicht wollen, nicht bereit sein. Da fehlt es wiederholt an Einsichtigkeit, an Willigkeit, eventuell auch an Folgsamkeit. Obwohl ich diesen Begriff nicht mag. »Ich bin folgsam« hat doch etwas Unterordnendes an sich. Das passt nicht zu einem leicht revolutionär veranlagten Typen wie mir. Folgsam klingt nach Mitte. Nach langweiliger, öder Mitte. Nicht nach Stärke und Balance. In Bezug auf möglicherweise zu vermeidende Konflikte mit Nachbarn und Verwandten hat meine Mutter die beiden Begriffe Frieden und Harmonie nicht nur einmal verwendet. »Das Wichtigste ist der Frieden, die Harmonie«, hat sie oft gemeint. Verzeih, Mama, Blödsinn. Harmonie, Frieden? Schöne Begriffe, absolut lebensnotwendig. Aber nicht fokussiert auf die Neider, auf die Ratgeber, auf die Besserwisser, die dich so formen wollen, wie sich dich gerne hätten. Verstehst du, was ich meine? Harmonie? Ja, gerne. Aber nicht der Konfliktvermeidung wegen. Irgendjemand meinte einmal, ich sei nicht mittig. Das ist ein Kompliment! Danke! Ich will nicht mittig sein, fad, langweilig, lauwarm … Entsetzliche Vorstellung.

      Zurück zum Flow. Der Psychologe Prof. Mihály Csíkszentmihályi versteht unter Flow den Prozess des völligen Aufgehens im Leben, des Eins-Werdens mit einer Tätigkeit, neben der alle anderen bedeutungslos sind. Ich versuche eine laienhafte Interpretation zum Thema Flow, mit dem ich mich seit Jahren gerne beschäftige und seit Jahrzehnten auch Wissenschaftler in der ganzen Welt. »Flow« ist kein akademisches Thema mehr, es geht alle an. Auch dich! Es geht um den Prozess, ein gesteigertes Wohlfühlgefühl anzustreben, und das nähert sich meiner Meinung nach zielorientiert dem »Glücklich-Sein« an. Es sollte uns eines klar sein: Glück passiert nicht. Glück sollte man auch nicht bewusst suchen. John Stuart Mill, ein englischer Philosoph und Ökonom, übrigens auch einer der einflussreichsten liberalen Denker des 19. Jahrhunderts, meinte: »Frage dich, ob du glücklich bist, und du hörst auf es zu sein.« Ebenso Viktor Frankl, der österreichische Neurologe und Psychiater, der schrieb: »Peile keinen Erfolg an, je mehr du es darauf auslegst und ihn zum Ziel erklärst, umso mehr wirst du ihn verfehlen. Denn Erfolg kann wie Glück nicht verfolgt werden, er muss erfolgen …«4

      Lebst du oder er-lebst du?

      Was unternimmst du, wenn es dir schlecht mit dir selbst geht? Denkst du darüber nach, wie es dir geht? Fragst du dich: Wie geht es mir? Und beantwortest du dir diese Frage auch? Wie geht es dir seelisch, körperlich, am Arbeitsplatz, in deiner Beziehung, mit deinen Kindern, mit deinen »Freunden« (überlege dir, wer deine Freunde sind!). Bleiben wir beim Körperlichen. Wie geht es mir physisch? Und noch einmal, und nicht, weil es mir so gut gefällt, sondern weil diese Frage, diese wichtige, alles überlappende Frage und vor allem die Antwort darauf, möglicherweise entscheidend dafür ist, ob du dein Leben lebst, ob du dahinlebst oder gar vegetierst oder ob du dein Leben er-lebst.

      Überlege dir auch, in welchem Maße du dich manipulieren lässt: von deinem Lebenspartner, von deinen Kindern, von deinen Kollegen am Arbeitsplatz, von deinen Freunden. Ist es erträglich im Sinne der Akzeptanz? Meinen sie es gut mit dir oder verfolgen sie ausschließlich ihre eigenen Interessen? Wie reagieren sie, wenn du ihnen deine Meinung sagst? Lebst du dein Leben bewusst und siehst du jeden Tag als ein Gottesgeschenk, das dir zur Gestaltung überlassen wurde? Ja, das Leben ist ein Geschenk. Carpe diem. Wie behandle ich mich? Was esse ich? Was trinke ich? Und vor allem, wie viel? Wie oft bewege ich mich? Gehe ich ausreichend an die frische Luft? Mit wem verbringe ich meine kostbare Zeit? Mit welchen Menschen und Handlungsweisen verplempere ich möglicherweise meine kostbare, mit einem Ablaufdatum versehene Zeit? Ja, ich, du, wir alle haben (leider) ein Ablaufdatum.

      Denkst du manchmal daran, dass alles endlich ist? Dass auch du endlich bist? Oder siehst du den Tod als Schrecken für andere? Warum Schrecken? Für andere? Nein, auch für dich, auch du wirst sterben. Wir alle sterben. Wir alle haben ein Ablaufdatum. Nur haben wir in unserem Kulturkreis ein Riesenproblem damit. Wir sehen den Tod als etwas Schreckliches, zumindest viele von uns. Warum gehen andere Völker mit diesem Thema viel offener, viel gelassener um? Ich erinnere mich genau an den Tod meiner Mutter vor zweieinhalb Jahren. Um unserer damals achtjährigen Tochter »etwas« zu ersparen, nahmen wir sie nicht mit zum Begräbnis nach Innsbruck. Das war ein Fehler. »Um dem Kind das zu ersparen.« Warum ersparen? Der Tod gehört zum Leben dazu. Vom ersten – bewussten – Atemzug als Neugeborenes bis zum letzten Atemzug. Das ist das irdische Leben.

      Wer sich offen mit dem Thema Tod beschäftigt, der erleichtert sich selbst, aber auch den Menschen in seinem Umfeld, den Abschied. Das ist eine erwiesene Tatsache. Die deutsche Fernsehanstalt ARD gestaltete vor zwei Jahren eine Schwerpunkt-Themenwoche zum Thema Sterben. Da sah ich den Leipziger Psychologen und Psychotherapeuten Dr. Dirk Baumeier, der über das Thema Traurigsein sprach. Er meinte, dass Traurigsein eine normale Reaktion sei. »Traurig sein kann man aus verschiedenen Gründen: Weil man ein Spiel verloren hat oder wenn etwas nicht klappt, wie man es sich vorgestellt hat. Trauer hingegen ist eine gesteigerte Traurigkeit. Trauer bedeutet, dass ich innerlich leide und bestimmte Symptome zeige, die über einen längeren Zeitraum stabil sind. Wenn wir Verluste erleiden, dann haben wir das Gefühl, dass sich vieles verändert. Dieses Gefühl, dass Dinge in Fluss gekommen sind, dass vieles nicht mehr so sein wird, wie es einmal war, versetzt uns in Stress. Man fängt an, sich mit der neuen Situation, die sich aus dem Verlust ergeben hat, zu arrangieren, vieles durchzuspielen: Was wird wohl künftig kommen? Was wird anders werden im Leben? Kann ich überhaupt noch anknüpfen an das frühere Leben?«5

      Der Tod gehört zum Leben dazu. Sehr viele Menschen wollen nicht hören, dass das Leben ganz sicher einmal sein Ende finden wird, und zwar das von geliebten Menschen und auch das eigene. Wer das Sterben negiert, der schneidet sich von einem Teil des Lebens ab. Die Angst vor dem Tod hemmt unsere Lebensfreude und auch unsere Lebensenergie. Mein lieber Freund W. ist verheiratet, tolle Frau, ein Sohn. Ein absolut sportlicher Mensch, raucht nicht, lebt nicht exzessiv, ist lebensfroh, unternehmungslustig, gebildet, wachsam. Eines Tages hatte er Magenschmerzen oder Darmbeschwerden. Plötzlich, so wie wir das alle kennen. Er ließ sich vernünftigerweise untersuchen, dann kam die Diagnose relativ schnell und schonungslos: Darmkrebs und Metastasen in der Leber. Na bumm. Ich kürze die Geschichte ab. Ich saß in der Onkologie an seinem Krankenbett. Und ich war traurig. Gedanken schwirrten mir durch den Kopf: Warum trifft es immer die Falschen? Es trifft ja meistens die Falschen … Und so saß ich da, war schlecht drauf, die Rührung, das Mitleid oder das Selbstmitleid übermannten mich und plötzlich rannen mir die Tränen herunter. Er blickte mich lange an, mit sehr lebendigen Augen. Er umarmte mich und sagte: »Was hast du?

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