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mei­nen schel­mi­schen und fröh­li­chen Ge­dan­ken und hielt sie wie un­ter ei­ner blei­er­nen Kup­pel ge­fan­gen. Wenn ich ihm ein lie­be­vol­les, zärt­li­ches Ge­fühl be­zei­gen woll­te, be­han­del­te er mich wie ein Kind, das eine Dumm­heit sa­gen will; ich fürch­te­te ihn weit mehr als frü­her un­se­re Schul­meis­ter; in sei­nen Au­gen war ich im­mer acht Jah­re alt. Ich glau­be ihn noch vor mir zu se­hen. In sei­nem kas­ta­ni­en­brau­nen Über­rock, in dem er sich ge­ra­de­hielt wie eine Os­ter­ker­ze, sah er wie ein Bück­ling aus, der in das röt­li­che Pa­pier ei­nes Pam­phlets ge­wi­ckelt ist. Trotz­dem lieb­te ich mei­nen Va­ter: im Grun­de war er ge­recht. Vi­el­leicht has­sen wir die Stren­ge dann nicht, wenn sie durch einen auf­rech­ten Cha­rak­ter, durch rei­ne Sit­ten ge­recht­fer­tigt und ge­schickt mit Güte ver­bun­den wird. Ob­gleich mein Va­ter nie von mei­ner Sei­te wich, mir bis zu mei­nem zwan­zigs­ten Le­bens­jahr kei­ne zehn Fran­cs zu mei­ner Ver­fü­gung ließ, zehn elen­de, lum­pi­ge Fran­cs, ein un­er­meß­li­cher Reich­tum, de­ren ver­ge­bens er­hoff­ter Be­sitz mich maß­los be­glückt hät­te, so such­te er mir we­nig­tens ei­ni­ge Zer­streu­un­gen zu ver­schaf­fen. Nach­dem er mir mo­na­te­lang ein Ver­gnü­gen ver­spro­chen hat­te, führ­te er mich in die Bouf­fons, in ein Kon­zert, auf einen Ball, wo ich eine Ge­lieb­te zu fin­den hoff­te. Eine Ge­lieb­te! Das hieß für mich Un­ab­hän­gig­keit. Aber ver­schämt und schüch­tern, wie ich war, we­der die Spra­che der Sa­lons noch ir­gend je­man­den dort kann­te, kehr­te ich stets mit dem­sel­ben un­er­fah­re­nen, von un­er­füll­ten Wün­schen über­vol­lem Her­zen wie­der nach Hau­se zu­rück. Am nächs­ten Mor­gen muß­te ich dann, von mei­nem Va­ter wie ein Schwa­drons­pferd an der Kan­da­re ge­hal­ten, von früh an erst zu ei­nem Ad­vo­ka­ten, dann in die Fa­kul­tät, dann in den Jus­tiz­pa­last. Hät­te ich ver­sucht, von dem ein­för­mi­gen Weg, den mein Va­ter mir vor­ge­zeich­net hat­te, ab­zu­wei­chen, hät­te ich sei­nen Zorn auf mich ge­la­den; er hat­te mir ge­droht, mich bei mei­nem ers­ten Ver­ge­hen als Schiffs­jun­ge nach den An­til­len ein­zu­schif­fen. Wenn ich den­noch ge­le­gent­lich wag­te, mich die­ser Ge­fahr aus­zu­set­zen, auf ein oder zwei Stun­den, für ir­gend­ein harm­lo­ses Ver­gnü­gen, so stand ich furcht­ba­re Angst da­bei aus. Stell dir vor, die schwär­me­rischs­te Phan­ta­sie, das lie­be­volls­te Herz, das zärt­lichs­te Ge­müt, den poe­tischs­ten Geist im­mer­fort dem un­nach­gie­bigs­ten, sau­er­töp­fischs­ten, käl­tes­ten Men­schen der Welt aus­ge­setzt; kurz­um, ver­hei­ra­te ein jun­ges Mäd­chen mit ei­nem Ske­lett, und du wirst die merk­wür­di­gen Sze­nen ei­nes sol­chen Da­seins ver­ste­hen, die ich dir nur an­deu­ten kann: Flucht­plä­ne, die beim An­blick mei­nes Va­ters zu­nich­te wur­den, Verzweif­lungs­aus­brü­che, die der Schlaf be­sänf­tig­te, un­ter­drück­te Wün­sche und fins­te­re Schwer­mut, die in der Mu­sik Lin­de­rung fan­den. Ich ver­ström­te mein Un­glück in Me­lo­di­en. Mo­zart oder Beetho­ven wa­ren häu­fig mei­ne ver­schwie­ge­nen Ver­trau­ten. Heu­te muß ich lä­cheln, wenn ich mich all der Vor­ur­tei­le er­in­ne­re, die mein Ge­wis­sen in die­ser Pe­ri­ode der Un­schuld und Tu­gend be­un­ru­hig­ten. Den Fuß in eine Gast­stät­te zu set­zen, hät­te ich für mein Ver­der­ben ge­hal­ten. Ein Café mal­te ich mir als einen Ort des Las­ters aus, wo die Män­ner ihre Ehre ein­bü­ßen und ihr Ver­mö­gen aufs Spiel set­zen. Geld beim Spiel zu ris­kie­ren, dazu hät­te ich frei­lich erst wel­ches ha­ben müs­sen.

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