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wie­der in den Zwi­schen­stock hin­auf. Der Dro­gist und der Ban­kier tausch­ten ihre Pa­pie­re aus und du Til­let ent­fern­te sich mit küh­lem Gru­ße.

      »End­lich!« sag­te Po­pi­not und sah du Til­let nach, der nach der Rue des Lom­bards ging, wo sein Ca­brio­let hielt. »Dank die­sem ei­gen­ar­ti­gen Vor­fall wer­de ich in we­ni­gen Mo­na­ten Cäsa­ri­ne mein nen­nen kön­nen. Mein ar­mes, klei­nes Weib wird sich dann nicht län­ger tot zu ar­bei­ten brau­chen. Aber wie merk­wür­dig! Ein ein­zi­ger Blick Frau Kon­stan­zes hat das be­wirkt! Was für ein Zu­sam­men­hang be­steht zwi­schen ihr und die­sem Räu­ber? Was sich hier eben er­eig­net hat, ist höchst ei­gen­tüm­lich.«

      13

      Po­pi­not schick­te zur Bank, um den Scheck ein­zu­kas­sie­ren, und ging hin­auf, um mit Frau Bi­rot­teau zu re­den; aber er fand sie nicht an der Kas­se, sie war si­cher in ih­rem Zim­mer. An­selm und Kon­stan­ze leb­ten zu­sam­men wie eine Schwie­ger­mut­ter mit ih­rem Schwie­ger­sohn, wenn Schwie­ger­mut­ter und Schwie­ger­sohn zu­ein­an­der pas­sen; er be­gab sich da­her in Frau Kon­stan­zes Zim­mer mit dem na­tür­li­chen Un­ge­stüm ei­nes Lie­ben­den, der der Er­fül­lung sei­ner Wün­sche nahe ist. Aber der jun­ge Kauf­mann war aufs äu­ßers­te er­staunt, als er sei­ne zu­künf­ti­ge Schwie­ger­mut­ter, zu der er mit ei­nem Sprun­ge her­ein­ge­kom­men war, beim Le­sen ei­nes Brie­fes du Til­lets an­traf, denn An­selm hat­te die Hand­schrift des ehe­ma­li­gen ers­ten Kom­mis Bi­rot­te­aus er­kannt. Eine an­ge­zün­de­te Ker­ze, die schwar­zen her­um­flie­gen­den Aschen­res­te ver­brann­ter Brie­fe auf dem Fuß­bo­den lie­ßen Po­pi­not er­zit­tern, der mit sei­nen schar­fen Au­gen, ohne es zu wol­len, am An­fang des Brie­fes, den sei­ne Schwie­ger­mut­ter in der Hand hielt, die Wor­te ge­le­sen hat­te:

      »Ich bete Sie an! Sie wis­sen es, En­gel mei­nes Le­bens, und warum …«

      »Was für Ein­fluß auf du Til­let be­sit­zen Sie denn, daß Sie ihn zum Ab­schluß ei­nes sol­chen Ge­schäf­tes be­we­gen konn­ten?« sag­te er mit ei­nem ge­zwun­ge­nen La­chen, wie es ein un­ter­drück­ter bö­ser Ver­dacht ver­ur­sacht.

      »Spre­chen wir nicht da­von«, sag­te sie in furcht­ba­rer Auf­re­gung.

      »Ja,« er­wi­der­te Po­pi­not keck, »spre­chen wir lie­ber von dem Ende Ih­rer Lei­den.« An­selm wieg­te sich auf den Fü­ßen, ging zum Fens­ter und trom­mel­te mit den Fin­gern auf die Schei­ben, wäh­rend er auf den Hof hin­ab­sah. »Nun,« sag­te er zu sich, »wenn sie auch du Til­let ge­liebt ha­ben soll­te, warum soll­te ich nicht wie ein Ehren­mann han­deln?«

      »Was ist Ih­nen denn, mein Kind?« frag­te die arme Frau.

      »Der Rein­ge­winn an dem Hui­le Cé­pha­li­que be­trägt zwei­hun­dertzwei­und­vier­zig­tau­send Fran­ken, die Hälf­te also hun­dert­ein­und­zwan­zig«, sag­te Po­pi­not kurz. »Zie­he ich von die­ser Sum­me die achtund­vier­zig­tau­send Fran­ken ab, die ich Herrn Bi­rot­teau ge­ge­ben habe, dann blei­ben noch drei­und­sech­zig­tau­send, so daß zu­sam­men mit den sech­zig­tau­send Fran­ken für die Ab­tre­tung des Miet­rechts hun­dert­drei­und­drei­ßig­tau­send Fran­ken uns zur Ver­fü­gung ste­hen.«

      Frau Kon­stan­ze hör­te ihm mit so angst­vol­ler Freu­de und so hef­ti­gem Zit­tern zu, daß Po­pi­not ihr Herz schla­gen zu hö­ren mein­te.

      »Da ich nun stets Herrn Bi­rot­teau als mei­nen So­zi­us an­ge­se­hen habe,« fuhr er fort, »dür­fen wir also über die­se Sum­me zur Be­frie­di­gung der Gläu­bi­ger ver­fü­gen. Und wenn wir dazu noch die acht­und­zwan­zig­tau­send Fran­ken neh­men, die Sie er­spart ha­ben und die On­kel Pil­ler­ault an­ge­legt hat, so ha­ben wir zu­sam­men hun­dert­ein­und­sech­zig­tau­send Fran­ken. Der On­kel wird uns nicht ab­leh­nen, Quit­tung über sei­ne fünf­und­zwan­zig­tau­send Fran­ken aus­zu­stel­len. Und kei­ne Macht der Erde kann mich hin­dern, mei­nem Schwie­ger­va­ter, als Vor­schuß auf den Ge­winn des nächs­ten Jah­res, den für die vol­le Be­zah­lung der Gläu­bi­ger er­for­der­li­chen Be­trag zu lei­hen … Und … so … wird er … re­ha­bi­li­tiert sein.«

      »Re­ha­bi­li­tiert!« rief Frau Kon­stan­ze aus und knie­te auf ih­rem Stuh­le nie­der. Sie ließ den Brief fal­len, fal­te­te die Hän­de und be­te­te. »Lie­ber An­selm,« sag­te sie, nach­dem sie sich be­kreu­zigt hat­te, »mein teu­res Kind!« Sie nahm ihn beim Kop­fe, küß­te ihn auf die Stirn, drück­te ihn an ihr Herz und be­nahm sich wie när­risch. »Cäsa­ri­ne ge­hört dir mit Recht, mein Kind wird sehr glück­lich wer­den! Nun wird sie auch das Ge­schäft ver­las­sen kön­nen, wo sie sich tot ar­bei­tet.«

      »Aus Lie­be«, sag­te Po­pi­not.

      »Ja«, er­wi­der­te die Mut­ter lä­chelnd.

      »Ich will Ih­nen ein klei­nes Ge­heim­nis an­ver­trau­en«, sag­te Po­pi­not, der im­mer noch auf den fa­ta­len Brief hin­schiel­te. »Ich habe Cöles­tin eine Bei­hil­fe ge­währt, um ihm den An­kauf Ihres Ge­schäf­tes zu er­leich­tern, aber ich habe eine Be­din­gung dar­an ge­knüpft. Ihre Woh­nung ist noch in dem Zu­stan­de, in dem Sie sie ver­las­sen ha­ben. Ich hat­te da einen Plan, aber ich ahn­te nicht, daß uns der Zu­fall da­bei so zu Hil­fe kom­men wür­de. Cöles­tin hat sich ver­pflich­tet, Ih­nen Ihre alte Woh­nung, in die er kei­nen Fuß ge­setzt hat und de­ren ge­sam­tes Mo­bi­li­ar Ih­nen ge­hört, un­ter­zu­ver­mie­ten. Mir habe ich den zwei­ten Stock re­ser­viert, um dort mit Cäsa­ri­ne zu woh­nen, die Sie nie­mals ver­las­sen soll. Nach un­se­rer Hoch­zeit wer­de ich hier von acht Uhr mor­gens bis sechs Uhr abends ar­bei­ten. Um Ih­nen wie­der ein Ver­mö­gen zu schaf­fen, wer­de ich Herrn Cäsars An­teil für hun­dert­tau­send Fran­ken er­wer­ben, und Sie wer­den so mit sei­nem Ge­halt ein Ein­kom­men von zehn­tau­send Fran­ken ha­ben. Kön­nen Sie nun nicht zu­frie­den sein?«

      »Sa­gen Sie mir nichts mehr, An­selm, oder ich wer­de wahn­sin­nig.«

      Der en­gel­rei­ne Aus­druck Frau Kon­stan­zes, ihr kla­res Auge, die Un­schuld, die auf ih­rer schö­nen Stirn thron­te, wi­der­leg­ten so deut­lich die tau­send Ge­dan­ken, die sich im Ge­hirn des Lie­ben­den kreuz­ten, daß er sei­nem schreck­li­chen Ver­dacht ein Ende zu ma­chen be­schloß. Ein Fehl­tritt war mit der Le­bens­füh­rung und den Grund­sät­zen von Pil­ler­aults Nich­te un­ver­ein­bar.

      »Teu­re, an­ge­be­te­te Mut­ter,« sag­te An­selm, »ge­gen mei­nen Wil­len wird mei­ne See­le von ei­nem schreck­li­chen Ver­dacht ge­pei­nigt. Wenn Sie mich glück­lich ma­chen wol­len, so wer­den Sie ihn so­fort zer­streu­en.« Da­bei hat­te Po­pi­not die Hand aus­ge­streckt und sich des Brie­fes be­mäch­tigt.

      »Ohne es zu wol­len,« fuhr er fort, er­schreckt von dem Ent­set­zen, das sich auf Kon­stan­zes Ge­sicht mal­te, »habe ich die ers­ten Wor­te von du Til­lets Brief ge­le­sen. Die­se Wor­te pas­sen so selt­sam zu dem Ein­druck, un­ter dem die­ser Mann mei­ne tol­le For­de­rung so­fort be­wil­ligt hat, daß je­der zu der Aus­le­gung kom­men wür­de, die mir ein bö­ser Geist ge­gen mei­nen Wil­len ein­flüs­ter­te. Ihr Blick und zwei Wor­te ha­ben ge­nügt …«

      »Nicht wei­ter«, sag­te Frau Kon­stan­ze, nahm den Brief und ver­brann­te ihn vor An­selms Au­gen. »Lie­bes Kind, ich bin für ein ge­rin­ges Ver­se­hen grau­sam be­straft wor­den. Aber Sie sol­len al­les wis­sen, An­selm. Ich will nicht, daß der Ver­dacht, den die Mut­ter er­regt hat,

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