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er­nennt sei­ne Syn­di­ci, kon­trol­liert sei­ne Schul­den und ar­ran­giert sei­nen Ver­gleich selbst.

      Kann man sich nach die­sen An­ga­ben nun nicht leicht vor­stel­len, was für Int­ri­gen, was für Sch­li­che ei­nes Sga­na­rel­le, Er­fin­dun­gen ei­nes Fron­tin, Lü­gen ei­nes Mas­ca­ril­lo und Wind­beu­te­lei­en ei­nes Sca­pin die­se bei­den Sys­te­me er­zeu­gen? Es gibt kein Fal­lis­se­ment, das nicht ge­nü­gend Stoff ent­hiel­te, um vier­zehn Bän­de wie die »Cla­ris­sa Har­low« da­mit zu fül­len. Ein ein­zi­ges Bei­spiel wird ge­nü­gen. Der be­rüch­tig­te Gob­seck, der Meis­ter der Pal­mas, Gi­gon­nets, Wer­brusts, Kel­lers und Nu­cin­gens, war bei ei­nem Kon­kur­se be­tei­ligt, bei dem er sich vor­ge­nom­men hat­te, einen Kauf­mann, der es ver­stan­den hat­te, ihn hin­ein­zu­le­gen, ge­hö­rig her­an­zu­be­kom­men; er er­hielt auch von ihm in Wech­seln, die erst nach dem Ver­gleich fäl­lig wa­ren, einen Be­trag, der zu­sam­men mit der Di­vi­den­de sei­ne gan­ze For­de­rung ge­deckt ha­ben wür­de. Gob­seck setz­te nun einen Ver­gleich durch, bei dem dem Schuld­ner fünf­und­sieb­zig Pro­zent er­las­sen wur­den. In die­ser Wei­se wur­den die Gläu­bi­ger zu­guns­ten von Gob­seck be­tro­gen. Aber der Kauf­mann hat­te die­se un­recht­mä­ßi­gen Wech­sel mit der Un­ter­schrift sei­ner im Kon­kur­se be­find­li­chen Ge­sell­schafts­fir­ma aus­ge­stellt und konn­te da­her auch bei ih­nen den Ab­zug von fünf­und­sieb­zig Pro­zent ma­chen, und Gob­seck, der große Gob­seck, er­hielt kaum fünf­zig Pro­zent. Seit­dem grüß­te er sei­nen Schuld­ner stets mit iro­ni­schem Re­spekt.

      Da alle von ei­nem Kri­dar zehn Tage vor der Kon­kur­san­mel­dung ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tun­gen an­fecht­bar sind, so be­mü­hen man­che klu­gen Men­schen sich, ge­wis­se Ge­schäf­te mit ei­ner be­stimm­ten An­zahl von Gläu­bi­gern ab­zu­schlie­ßen, die eben­so wie sie ein In­ter­es­se ha­ben, mög­lichst schnell zu ei­nem Ver­gleich zu ge­lan­gen. Sehr ge­ris­se­ne Gläu­bi­ger tre­ten an sehr un­er­fah­re­ne oder sehr be­schäf­tig­te Gläu­bi­ger her­an, ma­len die Lage mög­lichst schwarz und kau­fen ih­nen ihre For­de­run­gen für die Hälf­te des­sen ab, was bei der Li­qui­da­ti­on als auf sie ent­fal­lend zu er­war­ten ist; auf die­se Wei­se kom­men sie zu ih­rem Gel­de, da sie zu ih­rer Di­vi­den­de noch die Hälf­te, das Drit­tel oder das Vier­tel hin­zu­be­kom­men, das sie bei dem An­kauf der For­de­run­gen ver­dient ha­ben. Das Fal­lis­se­ment ist der mehr oder we­ni­ger her­me­ti­sche Ver­schluß ei­nes Hau­ses, in dem die Plün­de­rung noch ei­ni­ge Sä­cke Geld zu­rück­ge­las­sen hat. Glück­lich der Kauf­mann, der sich durchs Fens­ter, übers Dach, durch den Kel­ler oder durch ein Loch ein­schlei­chen kann, sich einen Sack nimmt und so sei­nen An­teil ver­grö­ßert! In die­sem Durchein­an­der, wo das »Ret­te sich, wer kann« der Be­re­si­nasch­lacht er­klingt, ist al­les un­ge­setz­lich und ge­setz­lich, falsch und rich­tig, an­stän­dig und un­an­stän­dig. Be­wun­dert wird der Mann, der es ver­steht, sich zu »de­cken«. Sich de­cken heißt, sich ei­ni­ger Wer­te zum Scha­den der an­dern Gläu­bi­ger be­mäch­ti­gen. Ganz Frank­reich war von den De­bat­ten über ein Fal­lis­se­ment in ei­ner Stadt er­füllt, die Sitz ei­nes Ober­ge­richts war, und wo die Be­am­ten, die mit den Kri­da­ren un­ter ei­ner De­cke steck­ten, sich so di­cke Kaut­schuk­män­tel an­zo­gen, daß der Man­tel der Jus­tiz ein Loch be­kam. Es war er­for­der­lich, we­gen be­grün­de­ten Ver­dachts die Ver­hand­lung über die­sen Kon­kurs ei­nem an­dern Ge­richts­hof zu über­tra­gen. Denn in dem Ort, wo die­ser Kon­kurs aus­ge­bro­chen war, war we­der ein un­par­tei­ischer Kon­kurs­ver­wal­ter, noch Agent, noch Rich­ter auf­zu­trei­ben.

      Die­ses skan­da­lö­se Ver­fah­ren ist in Pa­ris so all­ge­mein be­kannt, daß je­der Kauf­mann, so we­nig er auch von Ge­schäf­ten in An­spruch ge­nom­men sein mag, wo­fern er nicht an dem Kon­kur­se mit ei­nem er­heb­li­chen Be­tra­ge be­tei­ligt ist, das Fal­lis­se­ment als ein Un­glück, ge­gen das man nicht ver­si­chert ist, hin­nimmt, es auf Ge­winn- und Ver­lust­kon­to ab­schreibt und nicht die Tor­heit be­geht, auch noch sei­ne Zeit zu op­fern; er küm­mert sich lie­ber um sei­ne Ge­schäf­te. Was den klei­nen Händ­ler an­langt, der vor je­dem Mo­nats­en­de sich ängs­tigt, sei­nen Kar­ren müh­sam weiter­schiebt und den ein teu­rer Pro­zeß von end­lo­ser Dau­er, auf den er sich ein­las­sen soll, ohne sich ein kla­res Bild da­von ma­chen zu kön­nen, mit Ent­set­zen er­füllt, so macht er es wie die großen Kauf­leu­te, senkt be­trübt das Haupt und trägt sei­nen Ver­lust.

      Die großen Kauf­leu­te mel­den gar nicht mehr Kon­kurs an, son­dern sie li­qui­die­ren nach ge­trof­fe­nem güt­li­chem Übe­rein­kom­men; die Gläu­bi­ger er­klä­ren sich mit dem, was man ih­nen bie­tet, für ab­ge­fun­den. Man ver­mei­det so die Schan­de, die ge­setz­li­chen Fris­ten, die Ho­no­ra­re für die An­wäl­te und die Ver­schleu­de­rung der Wa­ren. Je­der­mann ist über­zeugt, daß bei ei­nem Kon­kurs we­ni­ger her­aus­kommt als bei ei­ner Li­qui­da­ti­on, und so gibt es in Pa­ris mehr Li­qui­da­tio­nen als Kon­kur­se.

      Der Akt, der von den Syn­di­cis ge­spielt wird, ist dazu be­stimmt, zu be­wei­sen, daß kein Syn­di­cus be­stech­lich ist, und daß zwi­schen ih­nen und dem Kri­dar nicht das ge­rings­te Ein­ver­ständ­nis vor­liegt. Das Pub­li­kum, das mehr oder we­ni­ger sel­ber ein­mal Syn­di­cus ge­we­sen ist, weiß, daß je­der Syn­di­cus ein »ge­deck­ter« Gläu­bi­ger ist. Es hört zu, glaubt, was es will, und er­scheint schließ­lich an dem Tage, wo der Ver­gleich vor­ge­schla­gen wird, nach­dem drei Mo­na­te da­mit hin­ge­bracht wor­den sind, die For­de­run­gen aus den Ak­ti­ven und Pas­si­ven fest­zu­stel­len. Die pro­vi­so­ri­schen Syn­di­ci er­stat­ten als­dann der Ver­samm­lung einen klei­nen Be­richt, des­sen For­mu­lie­rung im all­ge­mei­nen fol­gen­der­ma­ßen lau­tet:

      »Mei­ne Her­ren, un­se­re For­de­run­gen be­tra­gen rund eine Mil­li­on. Wir ha­ben un­se­ren Mann ab­ge­ta­kelt wie eine ge­schei­ter­te Fre­gat­te. Die Nä­gel, das Ei­sen, das Holz, das Kup­fer ha­ben ins­ge­samt drei­hun­dert­tau­send Fran­ken er­bracht. Es ent­fal­len also drei­ßig Pro­zent auf un­se­re For­de­run­gen. Froh, daß wir so­viel her­aus­be­kom­men ha­ben, wäh­rend un­ser Schuld­ner uns nur hun­dert­tau­send Fran­ken hät­te las­sen kön­nen, er­klä­ren wir ihn für einen Aris­ti­des, be­an­tra­gen eine Aner­ken­nungs­be­loh­nung und eine Ehren­kro­ne für ihn und schla­gen vor, ihm sei­ne Ak­ti­va zu be­las­sen, in­dem wir ihm zehn bis zwölf Jah­re Zeit ge­wäh­ren, um uns noch fünf­zig Pro­zent nach­zu­zah­len, die er so gü­tig ist, uns zu ver­spre­chen. Hier ist der Ver­gleich, kom­men Sie an den Schreib­tisch und un­ter­zeich­nen Sie ihn.«

      Auf die­se Rede hin be­glück­wün­schen sich die fro­hen Kauf­leu­te und um­ar­men sich. Nach der ge­richt­li­chen Be­glau­bi­gung des Ver­gleichs wird der Kri­dar wie­der ein Kauf­mann wie vor­her; man gibt ihm sei­ne Ak­ti­va zu­rück, er er­öff­net sein Ge­schäft wie­der, ohne daß ihm das Recht be­nom­men ist, mit der zu­ge­sag­ten Di­vi­den­de noch­mals Kon­kurs zu ma­chen, so einen klei­nen Nach­kon­kurs, der oft vor­kommt, wie wenn eine Mut­ter neun Mo­na­te nach der Hoch­zeit ih­rer Toch­ter ein Kind zur Welt bringt.

      Kommt ein Ver­gleich nicht zu­stan­de, so wäh­len die Gläu­bi­ger nun­mehr die de­fi­ni­ti­ven Syn­di­ci und tref­fen au­ßer­ge­wöhn­li­che Vor­keh­run­gen, in­dem sie sich zu­sam­men­tun, um das Ver­mö­gen und das Ge­schäft ih­res Schuld­ners zu Gel­de zu ma­chen, wo­bei sie ihre Hand auch auf al­les das le­gen,

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