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von der Gabel. Sie sprangen von Thema zu Thema, immer wieder entzückt über die vielen Übereinstimmungen ihrer Ansichten und Vorlieben. Schließlich hatte sie doch drei Gläser Wein getrunken und merkte das auch. Die Welt war in ein rosiges Licht getaucht.

      »Wollen wir noch ein paar Schritte laufen? Ich möchte mich noch nicht von Ihnen trennen«, schlug Claudius Bachner schließlich vor.

      »Ja, gern.«

      Es war windig und kühl. Kristin hakte sich bei ihm unter, als sie auf die Straße traten. Die Sterne waren am nachtblauen Himmel zu sehen, wenigstens etwas. Eine Sommernacht hätte natürlich mehr hergegeben. Aber so hatten sie den Vorteil, eng nebeneinander gehen zu können, um den kalten Wind ein wenig abzuhalten.

      Claudius erzählte von seiner Arbeit und Erlebnissen mit Studenten. Kristin berichtete von lustigen Vorfällen mit Kunden. Sie lachten und spürten immer deutlicher, daß sie sich viel zu sagen hatten, denn hinter ihren Worten lag eine Bedeutung, die sie jetzt noch nicht aussprechen konnten. Kristin hätte ihn gern gefragt, ob er schon feste Partnerschaften hinter sich hatte und woran die gescheitert waren. Aber dazu war es zu früh. Sie wollte alles richtig machen und ihm schien es genauso zu gehen.

      Nur sehr widerwillig trennten sie sich dann schließlich. Es war kurz nach Mitternacht, als sie wieder bei den Autos standen.

      »Es war ein wunderschöner Abend, Kristin. Ich danke Ihnen sehr.«

      »Ich habe zu danken. Ich fand es auch sehr, sehr schön.«

      Er sah ihr in die Augen. Kristin hoffte, daß er sie küssen würde, aber er tat es nicht. Vermutlich war das eine Frage des Respektes. Irgendwie gefiel es ihr ganz gut, wenn die Sehnsucht nach einer Berührung sie auch nicht losließ.

      Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Kristin hatte sehr viel zu tun. Es schien, daß ihre strahlende Laune die Kunden magisch anzog. Sie verkaufte so gut wie lange nicht mehr. Jeden Tag telefonierte sie mit Claudius. Mal rief er an, um eine wichtige Frage loszuwerden, mal sie. Es war, als spielten sie miteinander wie Kinder. Beide wußten sie, daß sie sich gesucht und gefunden hatten und schlichen wie kleine Katzen um den heißen Brei, weil sie es noch nicht aussprechen wollten. Kristin genoß diesen Schwebezustand, der ihr vorher – bei anderen Männern – immer so schwer zu schaffen gemacht hatte.

      Auch nach dem Theater und dem anschließenden Glas Wein trennten sie sich, diesmal allerdings mit einem zarten Kuß auf den Mund. Kristin bebte vor Verlangen, aber sie wollte ihn den entscheidenden Schritt machen lassen.

      Am Montag kam Marion aus dem Krankenhaus. Sie und Frederik luden sie für den Abend zum Essen ein, aber Kristin bat sie, das zu verschieben, da sie Claudius eingeladen hatte. Am Sonntag hatte er keine Zeit gehabt, aber heute wollte er sie abends abholen. Da sie sich vorgenommen hatte, sich seinem Tempo anzupassen, wollte sie wenigstens die Gelegenheit schaffen, falls er ihr gerade heute näherkommen wollte.

      Diesmal gab es wohl keine Gefahr, daß ihr Marion dazwischenplatzen könnte.

      In der Mittagspause kaufte sie ein. Das Essen sollte nicht kompliziert sein, denn sie hatte ja keine Gelegenheit, etwas vorzubereiten. Salat, Steak und Baguette. Er könnte ihr helfen. Mit ihm zusammen in der Küche zu stehen und das Essen zuzubereiten… Ach, es war einfach alles zu schön. Hoffentlich war ihr das Schicksal diesmal freundlich gesonnen, und es gab keine andere, die ihn noch wegschnappen könnte.

      Claudius erschien wie abgemacht. Er hatte ihr sogar Blumen gekauft.

      »Danke für die Einladung, Kristin.«

      »Oh, warten Sie erst einmal, bis ich gekocht habe, bevor Sie sich bedanken. Ich bin nicht gerade eine Meisterköchin.«

      Er lächelte über ihre Offenheit.

      »Ich gebe mich ganz in Ihre Hände. Es wird bestimmt gut schmecken.«

      Und dann stand er tatsächlich neben ihr und putzte den Salat, während sie das Dressing rührte. Kristin spürte die Spannung zwischen ihnen. Immer wieder sah Claudius sie von der Seite an, aber sie hielt die Augen starr auf die Salatschüssel gerichtet. Wenn sie ihn jetzt anschauen würde, könnte sie für nichts garantieren. Vielleicht nahm er sie ja nach dem Essen in den Arm…

      Es klingelte.

      »O nein!« stieß Kristin hervor.

      »Was ist denn? Erwarten Sie noch jemanden?«

      Klang das besorgt oder ablehnend? Kristin hätte am liebsten gar nicht reagiert, doch das machte wohl keinen guten Eindruck.

      »Nein, aber ich fürchte, daß es meine Freundin ist, die mir wieder einmal ihren Sohn anvertrauen will…«

      Irgendwann würde sie ihm die Geschichte von dem Abend mit Frederik erzählen.

      »Ach so…« Das klang eindeutig nicht begeistert.

      »Ich schaue mal eben nach.«

      Es war Marion.

      »Tut mir leid, daß ich störe. Sag mal, könntest du eine Stunde auf Johannes aufpassen? Er schläft schon, es geht nur darum, daß jemand weiß, daß wir nicht da sind…«

      Kristin hatte plötzlich das Gefühl, als wiederhole sich alles auf ungute Weise. Wenn Marion und Claudius sich jetzt sehen würden…

      Sie mußte es wissen. Heute würde Claudius nicht nach Hause gehen, das wußte sie. Und deshalb mußte die Begegnung jetzt sofort stattfinden. Damit sie davor keine Angst mehr haben mußte…

      Es war albern zu befürchten, daß auch Claudius wie vom Blitz getroffen sein könnte, wenn er Marion sah. So etwas passierte nur einmal, wenn überhaupt. Und doch… Kristin konnte nicht anders.

      »Komm eben herein, damit ich dir den Grund vorstellen kann, warum ich das ablehnen muß«, sagte sie, wie sie hoffte, mit ruhiger Stimme.

      Marion sah sie merkwürdig

      an.

      »Nun komm schon. Er ist in der Küche.«

      »Wer ist in der Küche?«

      »Der Mann, mit dem ich heute… einen gemütlichen Abend verbringen will.«

      »Ach so. Dann geht es also nicht?«

      »Nein, ich fürchte, du wirst zu Hause bleiben müssen. Oder Johannes mitnehmen.«

      »Aber dann…«

      »Ich möchte ihn dir trotzdem vorstellen.«

      »Na gut. Wenn du darauf bestehst.«

      Marion war ein bißchen sauer, doch Kristin beschloß, das zu übergehen. Sie stand nicht immer zur Verfügung, daran würde sich Marion jetzt gewöhnen müssen. Es tät ihrer Freundschaft sicher keinen Abbruch, aber selbst wenn es so wäre, die Rolle der guten Tante, die immer zur Verfügung stand, war ausgespielt.

      »Marion, darf ich dir Claudius Bachner vorstellen? Claudius, das ist meine Freundin und Nachbarin Marion Altmann, ihren Sohn haben Sie ja schon kennengelernt.«

      Die beiden gaben sich die Hand. Kristin wartete atemlos auf den Blitzschlag. Nichts geschah. Es war im Gegenteil so, daß sie etwas verlegen wirkten, weil sie nicht wußten, was sie nun tun oder sagen sollten außer »Angenehm«.

      »Na, dann will ich nicht weiter stören. Viel Spaß noch.«

      »Euch auch, Marion.«

      Marion fand allein hinaus. Kristin wollte das Dressing weiterrühren, ihre Hände zitterten leicht. Doch Claudius nahm ihr den Löffel aus der Hand und zog sie an sich.

      »Was war das denn eben? Ich hatte das Gefühl, als warteten Sie auf etwas…«

      »Ich? Nein, ich wollte nur, daß Sie sich kennenlernen…«

      »Ja, fein. Sie ist sicher nett. Aber Sie sahen mich an, als könnte ich plötzlich… ich weiß nicht, es war eigenartig.«

      »Der Freund von Marion war… vorher mein Freund. Ich meine, wir hatten uns erst kennengelernt, als die beiden sich sahen und…«

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