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die wohl hier auf den Farm Zurückbleiben werden«, meinte Kathy berechnend. »Ich kann mir kaum vorstellen, daß die an dem Lösegeld beteiligt werden.«

      Die Antwort bestand in einem spöttischen Auflachen.

      Kathy konnte nur hoffen, daß der Große und der Dicke Zeugen dieser Unterhaltung waren, sonst war sie tatsächlich verloren …

      *

      Kathy Porter hatte keine Lust, eine zweifelhafte Luftreise zu unternehmen.

      Da man sie nur nachlässig am Regal festgebunden hatte, besaß sie einen für ihre Begriffe erfreulichen Spielraum, den sie sofort nutzte.

      Der Vampir mit den blonden Locken geriet aus der Fassung, als Kathy sich plötzlich vom Regal löste und Beine und Füße als Waffe einsetzte. Da sie sich in Karate auskannte, dauerte es nur eine Sekunde, bis der Vampir an der Wand klebte, um dann an ihr herunterzurutschen.

      Der männliche Vampir starrte zuerst fassungslos auf seine Partnerin, dann auf Kathy.

      Und das hätte er besser nicht getan!

      Bevor er zum Gegenangriff übergehen konnte, streichelte Kathys nackter Fuß seinen Hals.

      Diese Liebkosung war derart intensiv, daß der Mann wie ein gefällter Baum zu Boden ging und sich nicht mehr rührte. Kathy konnte, wenn es sein mußte, äußerst nachdrücklich sein. Sie hielt sich nach dieser Aktion nicht mit langen Überlegungen auf, sondern nutzte das Eingemachte. Sie fegte mit dem Fuß Brombeermarmelade vom Regal und hielt dann einige Scherben des zersplitterten Glases für geeignet, ihre Handfesseln zu durchschneiden. Sie beeilte sich sehr, denn sie rechnete jederzeit mit dem Erscheinen der beiden anderen Vampire.

      Dann horchte Kathy Porter auf.

      Sie hörte das typische Knattern der Rotoren eines Hubschraubers.

      Der Große und der Dicke mußten gerade starten. Sie wollten sich die Geldtaschen wahrscheinlich auf eigene Rechnung vom Dach der Atelierhalle holen. Sie mußten also doch Zeugen der aufschlußreichen Unterhaltung geworden sein.

      Kathy streifte sich die zerschnittenen Stricke ab und benutzte sie anschließend, um die beiden Vampire zu verschnüren. Erst danach streifte sie dem Mann die Plastikmaske vom Gesicht. Sie kannte den Mann nicht, doch das spielte keine Rolle. Sie »demaskierte« auch den Vampir mit den blonden Locken, der eine Perücke trug und darunter braunes Haar zeigte. Das Gesicht der Frau unter der dicken, weißen Schminkschicht sah schlaff und verwüstet aus.

      Sie kamen zu sich und starrten Kathy wütend an.

      »Ihre Rechnung hat ein paar kleine Schönheitsfehler«, reagierte Kathy gelassen. »Ihre beiden Mitarbeiter sind unterwegs, um sich das Lösegeld zu holen. Ich wette, daß auch sie nicht teilen werden.«

      Der Mann fluchte, die Frau schwieg.

      »Darf man jetzt endlich wissen, wer Sie sind?« erkundigte sich Lady Simpsons Gesellschafterin.

      »Irgendwann werde ich Sie umbringen«, fauchte nun die Frau wütend, um sich dann an ihren Partner zu wenden. »Ich hab’ dir ja gleich gesagt, daß sie uns Schwierigkeiten macht. Wir hätten sie sofort umlegen sollen!«

      Kathy vergewisserte sich noch mal, daß die Fesseln in Ordnung waren. Dann verließ sie den Keller, eilte nach oben und sah aus einem Fenster.

      Sie erkannte gerade noch den Hubschrauber, der wie ein riesiges Insekt tief über die Baumspitzen davonstrich und Kurs auf London nahm. Die beiden Vampire waren auf dem Weg, sich fünfhunderttausend Pfund abzuholen!

      Das Telefon im Farmhaus funktionierte.

      Kathy rief Lady Simpsons Stadtwohnung an, bekam jedoch keinen Anschluß. Agatha Simpson und Butler Parker waren sicher unterwegs, um die Übergabe des Lösegeldes zu kontrollieren. Kathy konnte sich vorstellen, daß Josuah Parker dazu einiges eingefallen war …

      *

      »Dort kommt er«, sagte Parker und deutete auf den Hubschrauber, der plötzlich über dem Ateliergelände erschien. Parker und Lady Simpson standen gut getarnt hinter dem Aufbau eines Lastenaufzugs und konnten die Gegend überblicken. Parker hob das Fernglas und nickte zufrieden.

      »Keine Miß Kathy«, sagte er dann. »Die Vampire scheinen sich die Sache doch noch mal überlegt zu haben, damit könnte ich zum Teil zwei des Plans übergehen, wenn Sie erlauben, Mylady!«

      Sie erlaubte es durch ein knappes Kopfnicken.

      Parker trat aus der Deckung hervor und trug die beiden großen Reisetaschen auf die Mitte des flachen Daches, er stellte sie genauso ab, wie die Vampire es gewünscht hatten. Sie konnten vom Hubschrauber aus unmöglich erkennen, daß Parker ein paar zusätzliche Handgriffe ausführte.

      Er ging zurück in Deckung, wie die Vampire es nach einem weiteren Anruf verlangt hatten und harrte dann der Dinge, die da mit größter Wahrscheinlichkeit kamen.

      Er hatte sich nicht getäuscht!

      Während der Hubschrauber heranflatterte, fiel aus ihm eine lange Strickleiter, auf der ein großer, schlanker Mann erschien und erstaunlich schnell nach unten stieg. Er schien sich wie auf einer normalen und sicheren Leiter zu befinden.

      Der Hubschrauber schwirrte heran, nahm Maß und wurde vom Piloten geschickt an die beiden großen Taschen dirigiert. Der Mann auf der Strickleiter stand auf der untersten Sprosse und hielt ein Stahlseil in der linken Hand, dessen Haken er unter die Tragegriffe der beiden Taschen schob. Dann stieg er hastig wieder nach oben, während der Hubschrauber gleichzeitig hochzog. Doch es gelang ihm nicht so recht, denn die beiden Handtaschen lösten sich nicht vom Dach. Sie standen wie festgeschmiedet auf ihrem Platz und … rissen den Hubschrauber höchst abrupt zurück. Das Luftgefährt kam dadurch in ein gefährliches Schaukeln und Pendeln.

      Der Pilot, der den Widerstand natürlich bemerkte, gab Vollgas und zog den Hubschrauber erneut und noch energischer nach oben. Doch die beiden Handtaschen rührten sich nicht, denn sie hingen ihrerseits an einem starken Haken, für den der Butler natürlich gesorgt hatte.

      Der Mann auf der schwankenden Strickleiter merkte, daß die Sache nicht klappte.

      Er sprang ab und landete ein wenig unglücklich auf dem Flachdach, robbte aber dennoch mit größter Geschwindigkeit zur Seite, um von dem abstürzenden Helikopter nicht getroffen zu werden.

      Der kippte nämlich unaufhaltsam ab, legte sich auf die Seite und dann anschließend auf das Dach.

      Das entstehende Feuer wurde von Superintendent Needles Leuten erfolgreich mit Handschaumlöschern bekämpft. Parker war ein Mann, der schließlich an alles dachte …

      *

      »Ziehen Sie sich gefälligst was über, Kindchen«, sagte Lady Simpson grimmig zu Kathy Porter. Die resolute Dame, Parker und Needle befanden sich zusammen mit einigen Polizeidetektiven auf der Farm, denn die beiden Ersatzvampire hatten unter dem Eindruck ihrer Bruchpanne ausgiebig geredet.

      Kathy lächelte und hüllte sich noch fester in den Regenmantel, um Needle nicht unnötig abzulenken.

      »Ich wußte, daß Sie kommen würden«, sagte sie lächelnd, »darum bin ich auch hier auf der Farm geblieben, Mylady.«

      »Sie leichtsinniges, dummes Ding«, stellte Lady Simpson fest. »Hoffentlich haben Sie die Zeit genutzt und die beiden Vampire zum Reden gebracht.«

      »Sie heißen Lena und Will Conders«, antwortete Kathy, »aber das wissen Sie wohl bereits?«

      »Natürlich, Kindchen«, antwortete Lady Agatha leutselig. »Ich wußte es bereits die ganze Zeit!«

      Parker verzichtete wie üblich auf eine Korrektur. Er wollte sich den Zorn der Detektivin nicht zuziehen.

      »Die Conders kannten Mister Petters von ihrer früheren Arbeit her«, berichtete Kathy weiter. »Sie wußten, daß er sich in Geldnot befand und seine wissenschaftliche Arbeit nicht fortsetzen konnte. Sie überredeten ihn zu dem Coup, Schauspieler der Horror- und Vampirfilme anzuzapfen. Petters machte zuerst mit, doch als der erste Mord passierte, wollte er aussteigen.

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