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über den Schlaf stellt die Grundlage für unser Handeln in Bezug auf Schlafstörungen dar. An dieser Stelle sei die Insomnie, d. h. die Störung des Ein- bzw. Durchschlafens mit negativen Folgen für die Befindlichkeit tagsüber, exemplarisch erwähnt, da gerade bei dieser Schlafstörung der langfristige Therapieerfolg von einer profunden und nachhaltigen Änderung gewisser Verhaltensweisen bestimmt wird. Natürlich verhält es sich bei vielen Schlafstörungen so wie im Leben ganz allgemein: Das beste Rezept für ein gesundes Leben und ein gesundes Älterwerden besteht vor allem aus zwei Ingredienzen – aus regelmäßiger körperlicher Aktivität und einer guten Portion Optimismus.

      In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre – und schlafen Sie gut (oder wieder besser)!

       Nachtruhe

       Am Horizont versinkt der rote Ball

       Die Gezeiten reichen sich die Hände

       Die Nacht erhebt sich still aus der Flut

       Im Traum sind wir das Jetzt

       Ruhig blicken die Augen nach innen

       Die Glieder betten sich neben den Körper

       Im Gleitflug schlägt das Herz langsamer

       Die Gedanken landen sicher im Dunkeln

       Das Gebrüll des Tages flüstert uns zu

       Im Tal staunen die Riesen als Zwerge

       Der Wind hebt uns auf eine Baumkrone

       Im Morgengrauen schlummert der Tag

      (Text: Stefan Seidel)

      WAS IST SCHLAF?

       Schlaf ist ein Vorgang, der uns unser ganzes Leben lang begleitet und sich mit dem Alterungsprozess verändert. Etwa ein Drittel unseres Lebens verbringen wir nicht im Wachzustand, sondern im Schlaf. Zu Beginn unseres Lebens benötigen wir pro Tag zwischen 14 und 16 Stunden Schlaf, der sich in dieser Zeit auf mehrere Schlafphasen verteilt. Während wir etwa ab dem Schulalter nur mehr nachts eine lange Schlafphase haben, nimmt die Zahl der Schlafphasen tagsüber mit dem Erreichen eines höheren Alters wieder zu. Im Schlaf sind unsere Augen geschlossen, unsere hirnelektrische Aktivität wird langsamer und wir regenerieren, lernen und träumen. Im Gegensatz zum Koma („künstlicher Tiefschlaf“) ist im Schlaf stets ein Aufwachen möglich. Die Schwelle für die Wahrnehmung von Außenreizen ist im Schlaf allerdings erhöht.

      Wenn wir die Augen schließen und einschlafen, verlangsamt sich die hirnelektrische Aktivität immer mehr, bis wir normalerweise in 15–30 Minuten über zwei Leichtschlafstadien das erste Mal das Tiefschlafstadium erreichen. Nach ca. 90 Minuten tritt der sogenannte REM-Schlaf auf und schließt den ersten Schlafzyklus ab. Während einer gesamten Nacht durchwandern wir vier bis fünf vollständige Schlafzyklen (siehe Abb. 1).

       Schlaf wird grob in den Non-REM- und den REM-Schlaf unterteilt. Im Non-REM-Schlaf unterscheidet man wiederum Leicht- und Tiefschlaf. Der REM-Schlaf (Rapid-Eye-Movement-Schlaf) wird auch paradoxer Schlaf genannt, da sich hier die hirnelektrische Aktivität beschleunigt und der Sauerstoffverbrauch des Gehirns etwa jenem im Wachzustand entspricht, während die Spannung in der Muskulatur erlischt (Atonie).

      Im Leichtschlafstadium N2 werden Gedächtnisinhalte, die wir tagsüber im Wachzustand im Kurzzeitgedächtnis gespeichert haben, in der Gehirnrinde verfestigt und in bereits vorhandene Erinnerungen und Gelerntes integriert. Dies betrifft vor allem Inhalte, die wir gehört, gelesen oder gesprochen haben.

      Im Tiefschlafstadium N3 sid nicht nur der Herzschlag und die Atmung am langsamsten, sondern auch die hirnelektrische Aktivität. Dieser Zustand der größten Ruhe ist geprägt von der Ausschüttung von Wachstumshormon (Gonadotropin) und dem Abbau von neurotoxischen Eiweißkörpern wie z.B. Beta-Amyloid – ein Vorgang, der die Funktionsfähigkeit und die Lebensdauer von Nervenzellen im Gehirn steigert.

      Im REM-Schlaf sinkt die Muskelspannung auf ein Minimum ab und lediglich die Augen bewegen sich rasch. In dieser Schlafphase träumen wir üblicherweise in verschiedenen Szenen und erinnern uns aufgrund der im Verlauf der Nacht zunehmenden REM-Schlafdichte häufig beim Aufwachen an einen oder mehrere Träume. Der REM-Schlaf dient auch der emotionalen Verarbeitung von Erlebnissen und hat wahrscheinlich einen regulierenden Einfluss auf unser Ernährungsverhalten, d. h., er ermöglicht das relativ lange „Fasten“ während unserer Nachtruhe. Zusätzlich spielt der REM-Schlaf eine Rolle beim Abspeichern von neu erlernten Bewegungsabläufen.

      Das Koma oder auch der „künstliche Tiefschlaf“ unterscheidet sich in drei wesentlichen Punkten vom natürlichen Schlaf, obwohl ein Patient im Koma einem Schlafenden äußerlich im Verhalten sehr ähnelt:

      • Aus dem Koma ist kein spontanes Erwachen möglich, da entweder eine Erkrankung des Gehirns oder ein Medikament die Zentren für das sogenannte „Arousal“ (Weckreaktion) im Hirnstamm und Zwischenhirn (Thalamus) dauerhaft oder zumindest vorübergehend blockiert hat.

      • Die hirnelektrische Aktivität im Koma ist überwiegend langsam und von niedriger Amplitude und zeigt nicht die Charakteristika von typischen Schlafstadien.

      • Im Koma ist üblicherweise die Fähigkeit zum selbständigen Atmen durchgehend vermindert, sodass künstliche Beatmung und damit eine Intubation notwendig wird.

      In unserem Hirnstamm befindet sich ein weitläufiges Netzwerk von Nervenzellen (Formatio reticularis), die z. B. durch äußere Reize wie Geräusche, helles Licht und Berührungen aktiv werden (Aufsteigendes Retikuläres Aktivierungs-system [ARAS]) und über das Zwischenhirn (Thalamus) die Großhirnrinde in den Wachzustand zurückführen.

      Die wesentliche Botenstoffe (Neurotransmitter) dafür sind:

      • Serotonin

      • Dopamin

      • Histamin

      • Acetylcholin

      • Noradrenalin

      Diese Weckreaktionen treten auch wiederholt auf, während wir schlafen und stellen ein ständiges Testprogramm dar, das uns aus evolutionsbiologischer Sicht in Bereitschaft hält, vor möglichen Bedrohungen flüchten zu können.

       Neurotransmitter

       Abb. 2: Motivation, Lust, Stimmung, Energie, Verlangen, aber auch der Schlaf werden von Neurotransmittern im Gehirn gesteuert.

      Das Schlafbedürfnis steht indirekt mit dem Lebensalter in Zusammenhang, da Säuglinge und Kleinkinder deutlich mehr (14–16 Stunden) Schlaf benötigen als alte Erwachsene (fünf bis sieben Stunden) (Abb. 3). Der durchschnittliche erwachsene Mensch

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