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sie stand es fest, daß Lady Simpson sich in der Gewalt jenes »Obervampirs« befand, dessen Stimme eine Weile sympathisch geklungen hatte. Sie wollte die Detektivin auf keinen Fall in weitere Schwierigkeiten bringen. Von der Tonbandwiedergabe her wußte sie, daß es um hunderttausend Pfund ging, die für ihre Freigabe gedacht waren.

      Daß Agatha Simpson keinen Augenblick zögern würde, dieses Lösegeld auszugeben, stand für Kathy fest. Die Summe bedeutete für Lady Simpson nicht sonderlich viel, da sie das war, was man eine sehr reiche Frau nannte. Hunderttausend Pfund waren wirklich nicht in der Lage, ihre Finanzen auch nur andeutungsweise in Unordnung zu bringen. Deswegen brauchte Kathy nichts zu befürchten. Sie ärgerte sich allerdings, daß man sie so ohne jede Schwierigkeit hatte abfangen können und der eigentliche Täter geschickt im Hintergrund blieb. Er schickte seine Kreaturen vor, um die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen. Kathy war nach wie vor entschlossen, es diesem Mann zu zeigen, der mit Angst und seelischem Terror sein Opfer gefügig machen wollte.

      Sie baute nicht nur auf sich, sondern auch auf Josuah Parker. Der Butler würde wieder mal Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um sie hier möglichst schnell wieder herauszuholen. Wie einfallsreich Parker war, hatte er in der Vergangenheit mehr als einmal bewiesen.

      Kathy blieb also allein in dem dunklen Raum und hofft vorerst nur, daß ihr Entführer sich ärgerte. Sie hatte ihm da einige Dinge an den Kopf geworfen, die einen Mann in Harnisch brachten. Sie war sicher, ihn tief in seiner Männlichkeit verletzt zu haben.

      Wann würde dieser Mann erscheinen, um ihr zu zeigen, wie sehr er ihr überlegen war?

      »Hören Sie mich, Miß Porter?« fragte er auch schon prompt, als habe er ihre Gedanken erraten.

      Kathy schaltete auf Naivität um, als sie sich meldete. Sie gab ihrer Stimme einen etwas ängstlichen Unterton.

      »Was wollen Sie«, fragte sie. »Können Sie nicht für etwas Licht sorgen?«

      »Haben Sie etwa Angst, Miß Porter?« In der Stimme des Unsichtbaren schwang bereits so etwas wie Überlegenheit und Triumph.

      »Unsinn«, gab sie übertrieben abweisend zurück.

      »Sie werden auch weiterhin ohne Licht bleiben müssen«, sagte er über den Lautsprecher. »Haben Sie sich mit den Ratten bereits etwas angefreundet?«

      »Sie wollen mir nur Angst machen!« Kathy schaute sich ängstlich um, setzte sich auf die Bettkante und zog die Beine hoch. Sie spielte eine Frau, die eine panische Angst vor Mäusen und Ratten hat.

      Er konnte sie sehen.

      Sie hörte prompt sein leises Auflachen, das ihn verriet. Wahrscheinlich benutzte er ein Sichtgerät, das auf Infrarot-Basis arbeitete. Mit solch einem Gerät konnte er sie selbst bei vollkommener Dunkelheit genau sehen. Als Kathy Porter sich darüber klar war, setzte sie bewußt ihren Körper ein. Sie kannte ihre Linien und Vorzüge und sorgte dafür, daß dieser Mann Appetit bekam. Sie wollte ihn herauslocken, um ihn dann zu überrumpeln.

      »Nun, immer noch so stark?« erkundigte sich der Unbekannte.

      »Natürlich«, erwiderte Kathy und zog sich auf das Kopfende ihres Bettes zurück, um sich dort in die Bettdecke einzuwickeln. Dabei sah sie ängstlich nach allen Seiten, horchte angestrengt in die Dunkelheit und verzog lauschend das Gesicht.

      »Ich lasse Ihnen gleich eine kleine Erfrischung reichen«, meldete der Unbekannte sich wieder. »Wahrscheinlich werden Sie es noch einige Stunden aushalten müssen. Übrigens, das Badezimmer befindet sich gleich rechts vom Bett. Sie werden den Türknauf schon finden, wenn Sie ein wenig suchen. Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung. Halt, noch etwas, im Badezimmer ist natürlich Licht, Miß Porter. Ich werde es einschalten. Man ist ja schließlich kein Unmensch!«

      Myladys Gesellschafterin beugte sich weit aus dem Bett und tastete mit ihrer rechten Hand nach dem Türknopf, den sie aber nicht entdecken konnte. Sie war also gezwungen aufzustehen, was sie auch tat. Dabei zeigte sie dem unsichtbaren Beobachter erneut viel Angst und Ekel vor den vermeintlich vorhandenen Ratten.

      Kathy fand endlich den Türknopf, riß die Tür auf und blinzelte in das grelle Licht einer eingeschalteten Leuchtstoffröhre. Scheinbar aufatmend flüchtete die junge Frau sich in dieses überraschend komfortabel und modern eingerichtete Badezimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Dann blieb sie aufatmend stehen und glich einem Menschen, der gerade einer großen Gefahr entronnen ist. Sie ahnte nämlich, daß sie gerade jetzt wieder genau beobachtet wurde. Solch eine Gelegenheit ließ der unsichtbare Beobachter sich bestimmt nicht entgehen!

      *

      Agatha Simpson war äußerst schlechter Laune.

      Man hatte ihr die Augen verbunden und sie dann in einen kleinen Kastenlieferwagen geschafft. Nur zu gern hätte sie ihren »Glücksbringer« eingesetzt und die Flegel liebkost, die sie in diesen Wagen bugsiert hatten. Nur wegen Kathy hatte sie auf diese Freude verzichtet. Sie wollte ihre Gesellschafterin nicht unnötig in Gefahr bringen.

      Wo man sie festgehalten hatte, wußte sie natürlich nicht. Ihr war auch unbekannt, wer sie durch die Stadt gefahren hatte. Der Wagen war inzwischen angehalten worden, doch der Motor lief noch. Wahrscheinlich hielt man vor einer Ampel.

      In dem kleinen Kastenaufbau war es dunkel. Lady Simpson, die auf dem Boden der Ladenfläche stand, wartete geduldig auf die Weiterfahrt, die jedoch nicht erfolgte. Die Sekunden verrannen, doch die Fahrt ging immer noch nicht weiter. Die Detektivin erhob sich und tastete sich zur hinteren Tür durch. Verärgert trat sie mit ihrem derben Schuh gegen die Tür, die sofort aufsprang.

      Lady Agatha blinzelte in das frühe Morgenlicht und sah sich dann leicht erstaunt um.

      Von einer Ampel konnte keine Rede sein. Der Lieferwagen stand in einer ruhig wirkenden Straße, die von kleinen Einfamilienhäusern flankiert wurde. Am Ende der Straße war der Milchmann zu sehen, der seine Kunden versorgte.

      »Darf ich Sie zu einer Tasse Tee einladen?« hörte sie eine bekannte Stimme. Sie sah ein wenig um den Wagen herum und bemerkte Superintendent Needle, der sie ungeniert ironisch anlächelte.

      »Hauptsache, Sie haben Ihren Spaß«, grollte sie. »Warum helfen Sie mir nicht erst aus dem Wagen?«

      »Ich wollte erst mal sehen, ob man mich geblufft hatte«, entschuldigte sich Needle, reichte ihr aber dann die Hand. »Hoffentlich hatten Sie eine gute Fahrt, Mylady.«

      »Wo bin ich hier?«

      »Direkt vor meinem Haus. Man verständigte mich vor ein paar Minuten per Telefon und kündigte Ihr Kommen an.«

      »Sehr witzig«, ärgerte sich Lady Simpson.

      »Ich sage die Wahrheit.«

      »Ich meine diesen Obervampir«, raunzte Lady Agatha. »Der Mann amüsiert sich auf meine Kosten.«

      »Warum freuen Sie sich nicht, daß Sie noch leben?«

      »Diesem Flegel werde ich es noch zeigen«, schwor Lady Simpson grimmig. »Mich ausgerechnet vor Ihrem Haus abzusetzen!«

      »Sie sind also entführt worden?«

      »Nein, ich habe einen freiwilligen Ausflug unternommen«, fuhr sie ihn an. »Stellen Sie nicht solch’ dumme Fragen, Superintendent, lassen Sie mich lieber Ihren Tee versuchen! Ich weiß aber schon jetzt, daß er mir bestimmt nicht schmecken wird.«

      »Sie sind verärgert, Mylady?« Needle genoß die Situation, wirkte aber nicht vergrämt und verdrossen wie sonst.

      »Verärgert? Ich könnte vor Freude jauchzen«, grollte die ältere Dame. »Miß Porter steckt nämlich in Schwierigkeiten. Sie befindet sich in der Hand der Vampire.«

      »Wie Ihr Butler«, entgegnete Needle trocken. »Ich erfuhr es eben durch einen Telefonanruf.«

      »Wortbrüchig ist dieser Oberflegel also auch noch!« Agatha Simpson nickte grimmig. »Ich hätte es mir denken können.«

      »Ich verstehe kein Wort, Mylady.«

      »Man hatte mir versprochen, daß

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