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tun wollte, auch nicht«, sage ich locker, obwohl ich mich ärgere, dass ich Andi und den beiden nicht gleich eine Bewertung hinterlassen kann. »Und Nudeln werden kalt.«

      Tom gabelt mir Spaghetti auf den Teller. »Soße nimm dir einfach selber.«

      »Mhm.« Ich leere einen Schöpflöffel voll über meine Nudeln und greife nach dem Parmesan. »Wie hat dir München gefallen?«, will Tom wissen.

      »Warst du noch nie dort?«

      Er schüttelt den Kopf. »Nur einmal als ich klein war.«

      ›Ich auch‹, würde Jakob jetzt antworten. Es ist Ewigkeiten her, dass ich einmal mit Lukas und seinen Eltern in Bayern war. Ich kann mich nur noch an Weißwürste in einer Bierhalle erinnern, aber das erscheint mir so klischeehaft, dass ich daran zweifle, dass es wirklich passiert ist.

      »Das Technische Museum dort ist sehr genial«, sage ich, denn daran habe ich auch noch vage Erinnerungen. Ich weiß noch, dass ich es toll gefunden habe und mit Lukas einen ganzen Tag lang durch die riesigen Räume gelaufen bin. Ob ich es jetzt noch immer so gut finden würde, weiß ich nicht. Aber auch sonst weiß ich wenig von München.

      »Ja, das hab ich auch schon gehört. Was gibt’s denn dort?«

      »Ach, alles Mögliche. Alte Flugzeuge zum Beispiel«, sage ich aufs Geratewohl. Ein technisches Museum hat so etwas sicher.

      »Das in Wien ist auch nicht schlecht«, meint Tom.

      »Ach, echt?« Ich tue so, als würde ich mich brennend für das Wiener Technische Museum interessieren, um Tom davon abzuhalten, mich noch mehr über das in München zu fragen.

      Nachdem wir mit dem Essen fertig sind, weiß ich, dass ich am nächsten Tag ins Technische Museum fahren muss, denn ich habe Jeremy mit großem Interesse für alte Dampfmaschinen ausgestattet, und laut Tom gibt es dort eine ganze Menge davon, die noch dazu jeden Sonntag vorgeführt werden. Morgen ist Sonntag, ich muss mir das also wohl oder übel ansehen, selbst wenn ich dazu nicht die geringste Lust habe. Immerhin fragt mich Tom nicht weiter aus.

      Am Montag haben wir Englischschularbeit und ich habe das Buch, zu dem wir garantiert eine Aufgabe bekommen, erst zur Hälfte gelesen.

      »Was liest du da?«, will Tom wissen.

      Ich halte das Buch in die Höhe, so dass er das Cover sehen kann.

      »The Picture of Dorian Gray«, liest er vor. »Findest du so was spannend? Wir mussten das in der Schule lesen.«

      »Geht so.«

      »Warum liest du’s dann, wenn’s nicht gut ist?«

      »Wenn ich ein Buch anfange, lese ich es immer fertig.«

      »Auch wenn’s scheiße ist?«

      »Auch dann.«

      Das ist völliger Blödsinn. Ich täte nichts lieber, als das Buch in eine Ecke zu schmeißen, und mich, so wie Tom, von der Millionenshow berieseln zu lassen.

      »Gibt’s so was bei euch auch?« Er deutet auf den Moderator, der einem schwitzenden Mann gerade die 200-Euro-Frage stellt.

      »Millionenshow? Ja, so etwas gibt es wohl überall, oder?«

      »Wie heißt’n das bei euch?«

      Ach Tom, musst du diesen ganzen Scheiß fragen? Ich hab doch keine Ahnung, wie das bei uns heißt. Ich weiß nicht mal, ob wir so was überhaupt haben.

      Blitzschnell lege ich mir im Kopf eine Geschichte zurecht, in der Jeremys Eltern Zeugen Jehovas sind und er somit keinen Fernseher hat. Ich weiß zwar nicht, ob Zeugen Jehovas das Fernsehen verboten ist, aber etwas Besseres fällt mir auf die Schnelle nicht ein.

      Doch zum Glück stellt der Moderator gerade eine Frage, auf die Tom anscheinend die Antwort weiß.

      »Ungelegte, du Dillo!«, ruft er dem Mann im Fernseher aufgeregt zu.

      »Ungelegte!« Dann dreht er sich zu mir. »›Um welche Eier soll man sich nicht kümmern?‹ heißt die Frage und dieser Schwachkopf ist sich nicht sicher, ob er ›hartgekochte‹ sagen soll!«

      »Wollen Sie jetzt schon Ihren Telefonjoker verbrauchen?«, fragt der Moderator süffisant.

      Seine Frage an mich hat Tom anscheinend vergessen. Ich atme erleichtert auf. Gleichzeitig ärgere ich mich über mich selbst. Ich muss mir Jeremys Vergangenheit besser überlegen. Doch ich weiß, dass ich nicht auf alle Fragen vorbereitet sein kann. Wer kann damit rechnen, dass Tom den Namen der britischen Millionenshow wissen will.

      »Meine kleine Nichte sagt immer ›Melonenshow‹«, erzählt er lachend.

      »Süß«, sage ich, obwohl ich das nicht mal ansatzweise süß finde.

      Dann klingelt mein Telefon und rettet mich vor weiteren unangenehmen Fragen. Meine Mutter. Endlich. Ich dachte schon, die meldet sich nie. Schnell mache ich die Wohnungstür auf und setze mich auf ein Fenstersims am Gang.

      Tief durchatmen. »Hallo?«

      »Hallo. Wo bist du?«

      »Das weißt du doch.«

      Schweigen.

      Es ist komisch. Das Schlimmste, was ich meiner Mutter erzählen kann, ist, dass ich bei meinem Vater leben will. Gleichzeitig ist es das Einzige, das sie akzeptiert. Weil sie weiß, dass sie es akzeptieren muss.

      »Ich dachte, du bist vielleicht nur bei Lukas.«

      »Nein, bin ich nicht.« Das stimmt sogar.

      Schweigen.

      »Ist das jetzt deine Rache, oder was?«

      »Das hat nichts mit Rache zu tun«, sage ich, so ruhig ich kann. »Ich will einfach ein bisschen Zeit mit meinem Erzeuger verbringen. Das ist mein gutes Recht.«

      »Und er will das auch?« Ihre Stimme klingt belegt.

      »Ja«, sage ich und bemühe mich, meine Stimme fest klingen zu lassen. »Ja, das will er.«

      »Na dann«, sagt sie. Und gleich darauf: »Morgen ist Sonntag.«

      »Ich weiß.«

      »Willst du morgen zum Mittagessen kommen?«

      »Ähm … Mama … also …«

      »Es gibt Gulasch.«

      »Aha.«

      »Ich würd mich wirklich freuen«

      Sie tut mir leid. Dabei habe ich mir doch geschworen, dass sie mir nie wieder leidtun wird. Ich seufze. »In Ordnung.«

      Komme ich eben zum Sonntagsessen. Das macht man doch so, oder? Es gibt genug Kinder, die manchmal hier, manchmal dort wohnen. Mal bei Mama, mal bei Papa. Ich weiß auch nicht, wieso ich nicht früher auf diese Idee gekommen bin.

      Natürlich weiß ich, warum ich nicht auf diese Idee gekommen bin. Weil es nicht geht. Aber das muss meine Mutter nicht wissen.

      Bevor ich wieder reingehe, checke ich noch schnell den Namen der britischen Millionenshow.

      » Who wants to be a millionaire? heißt die übrigens bei uns«, sage ich beiläufig zu Tom und setze mich neben ihn auf die Couch. »Die Sendung wurde aber 2014 eingestellt.«

      »Warum denn das?«

      Ich zucke die Achseln. »Keine Ahnung. Schlechte Quoten vielleicht oder wieder irgendein Skandal. 2001 gab es schon einmal einen.« Und dann erzähle ich ihm die Geschichte, wie einem Kandidaten der Hauptgewinn nachträglich aberkannt wurde, weil er sich mit Freunden im Publikum Signale ausgemacht hatte, die ihm die richtige Antwort zeigten.

      »Krass«, sagt Tom.

      Ich nicke wissend. Danke Wikipedia.

       Äußere Mariahilfer Straße

      Am

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