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zuvor gehört hatte, versah sie den Textauszug mit einer handschriftlichen Bemerkung: »Maurice Paléologue hat sich als Historiker sichtbar bemüht, alle Details richtig wiederzugeben – wenn ich auch nicht alles mit beiden Händen unterschreiben könnte. Ich halte es aber für unmöglich, daß er die obige Beschreibung aus der Luft gegriffen hätte. Ich vermute, er hatte sie von der Kaiserin Eugénie … (unleserlich, vermutlich: erfahren) die ihm viel über Kaiserin Elisabeth erzählte. Sie selbst könnte diese präzise datierte Erscheinung … (unleserlich) von Kaiser Franz Joseph, der sie sehr schätzte, oder aber von Gräfin Sztáray selbst erfahren haben. Paléologue sagt in diesem selben Buch in einer Fußnote auf S. 219, 220 folgendes*): ›Ich habe Kaiserin Eugénie in den letzten 20 Jahren ihres Lebens … (mehrere?) Male getroffen. Sie ehrte mich mit ihrem Vertrauen und vertrauensvollen Mitteilungen, von denen ich einige kostbare Zeugnisse unter dem Titel ›Gespräche mit Kaiserin Eugénie‹ (1928) veröffentlichen durfte. Sehr oft hat sie mir von Kaiserin Elisabeth erzählt, für … (die sie) herzliche Sympathie, große Bewunderung, aber auch Nachsicht und Mitleid empfand. Ihr verdankte sie viele Ratschläge und (aufschlußreiche?) Bemerkungen über ihre intimen Gedanken, die Tiefe ihres Wesens sowie über das geheime und komplizierte Leben der leidgeprüften Freundin. Über die (wahrscheinlich: Vermittlung) von Kaiserin Eugénie habe ich als erstes begonnen, mir ein Bild von Elisabeth zu machen. Zahlreiche Dokumente, die ich später herangezogen habe, machten es mir möglich, diese erste Vorstellung deutlicher zu konturieren und zu vervollständigen. Sie haben ihm (dem ersten Bild) niemals widersprochen.‹ «

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      Gräfin Irma Sztáray, Begleiterin Kaiserin Elisabeths in Genf und Zeugin des Mordanschlags auf sie. Ihr verdanken wir die genaue Beschreibung der letzten Stunden im Leben der Kaiserin.

      Kaiserin Zita hat in einer weiteren Anmerkung darauf hingewiesen, daß die ursprüngliche Quelle der Geschichte in dem Buch nicht genannt wurde und daß sie selbst sich nicht vorstellen konnte, von wem sie stammte. Im Literaturverzeichnis des Buches von Maurice Paléologue fand sie die Bände von Gräfin Sztáray und Constantin Christomanos, einem der Griechischlehrer Elisabeths, angeführt, weshalb sie einen der beiden als Urheber in Verdacht hatte. Beide waren innige Vertraute Kaiserin Elisabeths gewesen und haben ihre Erinnerungen später in Buchform herausgegeben. Gräfin Irma Sztáray verfaßte den früher erwähnten Band »Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth«, Constantin Christomanos hat sie in den »Tagebuchblättern« veröffentlicht. In beiden Büchern findet sich aber kein Hinweis auf die oben zitierte Geschichte. Die Autoren haben sich ausschließlich auf Erzählungen von gemeinsam mit der Kaiserin unternommenen Reisen beschränkt. Der eine – Christomanos – auf außerordentlich schwärmerische Art, die andere – Gräfin Sztáray – wesentlich sachlicher, wenn auch in ihrem Text die Verehrung für ihre Dienstgeberin nicht zu überhören ist.

      So muß man am Ende der Nachforschungen über die Weiße Dame in der Hofburg oder sonstwo verwirrt feststellen, daß die Aussagen über ihr Erscheinen ziemlich auseinanderlaufen. Soll sie ab Kaiser Joseph II. alle Habsburger Regenten heimgesucht haben (um sie vor einer jeweils drohenden Katastrophe zu warnen), so ist ihre Spur später wesentlich schwieriger weiterzuverfolgen. Kaiserin Zita, die ein Leben lang über die Weiße Dame in der Hofburg forschte, konnte zuletzt auch nicht mehr darüber feststellen, als daß sie früher wohl oft und an den meisten Stellen der Hofburg erschienen war, daß sie sich aber gegen Ende der Monarchie ziemlich rar gemacht hat. Besonders widersprüchlich lauten die Erzählungen aus der Zeit kurz vor dem Mordanschlag auf Kaiserin Elisabeth. Viele Leute, die in der Hofburg wohnten, behaupteten, daß sie damals zum ersten Mal ausgeblieben sei. Später las Kaiserin Zita aber in einem Buch, daß in dieser Epoche sehr wohl außersinnliche Phänomene wahrgenommen wurden: unter anderem ein – leider nicht genauer beschriebenes – Phantom, das sogar mehrmals erschienen sei. Und zwar Kaiserin Elisabeth selbst. Zuletzt zehn Tage vor ihrem Tod. Diesmal aber nicht in Wien, sondern im Park eines Schweizer Hotels, in dem sie wohnte.

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      Letzte Aufnahme Elisabeths mit ihrem Ehemann, Kaiser Franz Joseph, während eines Spaziergangs in Bad Kissingen. Anläßlich dieses Besuchs hatte der Kaiser seine Frau zum letzten Mal lebend gesehen.

      In der Zeit des Ersten Weltkrieges, in der Zwischenkriegszeit und während des Zweiten Weltkrieges verwischen sich die Spuren der Weißen Dame. Was aber nicht bedeutet, daß sie ab nun nicht mehr wahrgenommen wurde. Denn der österreichische Schriftsteller Alexander Lernet-Holenia ist ihr ja wahrhaftig begegnet, und das sogar in der Wiener Hofburg, also an ihrem eigentlichen Wohnort. Er hat die Erscheinung in seinem Buch über die »Geheimnisse des Hauses Österreich« bewährterweise einem unpersönlichen »Man« zugeschrieben. Sein Biograph Roman Rocek hat aber nachgewiesen, daß sie tatsächlich dem Schriftsteller selbst begegnet ist. Davor wäre die Weiße Dame – nun wieder gemäß den Forschungen Lernet-Holenias – das letzte Mal in der Nacht vor dem Mordanschlag auf Kaiserin Elisabeth erschienen. Leider deckt sich aber diese Erzählung nicht mit denen der anderen Quellen. Denn laut seiner Aussage war sie nicht in der Hofburg, sondern in Schloß Schönbrunn erschienen. Und zwar einigen dort diensttuenden Wachebeamten, unter denen sich sogar einer seiner Verwandten befand. Zuletzt ist die Weiße Dame vor etwa zwanzig Jahren wahrgenommen worden. Damals ist sie einem Beamten der Bundesdienststelle erschienen. Also endlich wieder in ihrem ursprünglichen Heim, der Wiener Hofburg.