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reichte mir ihre Hand, die ich freundschaftlich drückte. Auch die beiden Männer gaben mir ihre Hände, ebenso dem Hadschi. Taldscha aber tat das letztere nicht. Sie schaute über Halef hinweg, als ob er für sie nicht vorhanden wäre. Er hatte es verdient, obgleich er als Moslem keine Übung besaß, mit Frauen zu verkehren.

      Nun der Scheik sich frei wußte, drängte er, nach dem Lager zurückzukehren. Er nahm den Adler auf, um ihn zu tragen. Seine Frau behielt den Quittenzweig, um ihn ihren Kriegern vorzuzeigen. Wir gingen zu unsern Pferden, die wir genau so fanden, wie ich sie verlassen hatte. Als sie aufsprangen, stieß Taldscha einen Ruf der Verwunderung aus. Sie besaß ein besseres Auge als der Scheik.

      »Was für schöne, herrliche Tiere!« rief sie, die Hände vor Freude zusammenschlagend. »Viel kleiner als die unsern! Aber unendlich herzig, anmutig und wohlgestaltet! Man muß sie küssen!«

      Sie umschlang den Hals Ben Rihs und küßte ihn auf die Stirn. Er ließ sich dies gefallen, ohne sich zu regen. Aber als sie es auch bei Syrr tat, öffnete dieser die Nüstern weit, sog den Duft ihrer Atmosphäre ein und ließ dann ein frohes Wiehern hören, so zart, gedämpft und eigenartig, wie ich es noch nie von ihm gehört hatte. Da trat sie rasch zwei oder drei Schritte von ihm zurück, sah mich seltsam prüfend an und fragte:

      »Effendi, knistern die Haare dieses Pferdes?«

      »Ja,« antwortete ich.

      »Immer?«

      »Nein, sondern nur, wenn ich selbst sie kämme und streiche.«

      »Wie heißt dieses Pferd?«

      »Syrr.«

      »Syrr? Also Geheimnis, Rätsel! Als ich seinen Hals berührte, fühlte ich etwas durch meine Hände gehen. Das war genau dasselbe Gefühl wie damals, als mir der Mann, der aus Sitara kam, seine Hände reichte.«

      »Was ist Sitara?« fragte ich, indem ich so tat, als ob ich es nicht wüßte.

      »Ein Land in weiter Ferne, von dem man hier fast nur den Namen kennt, weiter nichts. Darf ich einmal versuchen?«

      Sie deutete auf Syrr. Ich wußte zwar nicht, was sie meinte, antwortete aber mit einem zustimmenden Nicken. Da trat sie wieder an das Pferd heran und begann, seine Mähne zu streichen. Sie horchte und winkte mir dann, näher zu kommen. Ich tat es und horchte mit. Ich vernahm jenes charakteristische, elektrische Knacken und Knistern, das ich im letzten Bande von >Im Reiche des silbernen Löwen< ausführlich beschrieben habe.

      »Hörst Du es?« fragte sie.

      »Ja. Wenn es nachts und dunkel wäre, würdest Du es sogar sehen.«

      »Kleine, helle Funken, bläulich gelb, die zwischen Haar und Hand herüber-und hinüberspringen. Nicht wahr, Emir?« antwortete sie.

      »Du kennst es also schon?«

      »Ja.«

      »Woher?«

      »Von Aacht und Uucht.«

      Aacht und Uucht heißt Bruder und Schwester. Sie sah mir an, daß ich zu wissen begehrte, was für ein Geschwisterpaar das sei, und erklärte mir also:

      »Aacht und Uucht sind zwei Hunde, wie es ganz gewiß keine mehr gibt. Die Ussul sind berühmt durch die Größe, Schönheit und Stärke ihrer Bärenhunde, die sie ziehen. Wir schickten vor einigen Jahren dem ‘Mir von Dschinnistan ein Paar. Solch ein Verkehr mit ihm ist hier in Ardistan verboten; aber er hatte uns eine große Liebe erwiesen, für die wir ihm durch diese Gabe danken wollten. Das mußte natürlich heimlich geschehen. Ebenso heimlich kam dann später ein fremder Mann zu uns, der aus Sitara stammte und im Begriff stand, dorthin zurückzukehren. Er war beim ‘Mir von Dschinnistan gewesen und brachte dessen Gegengabe, auch zwei Hunde, schöner und schneller und klüger noch als die unserigen, aber nicht so stark. Der Mann aus Sitara war derselbe, von dem ich soeben sprach. Er teilte uns die Bedingungen mit, die der ‘Mir von Dschinnistan an seine Gabe knüpfte. Sie war seltsam. Nämlich die Nachkommen einer Kreuzung seiner und unserer Rasse sollen alle uns gehören, ein einziges Paar ausgenommen, Bruder und Schwester, die einem Gaste auszuhändigen seien, der mit einem verborgenen Schilde auf der Brust zu uns kommen und uns von großem Nutzen sein werde. Dieses Paar wurde geboren und Aacht und Uucht genannt. Ich behaupte, daß es keine schöneren, stärkeren, klügeren und schnelleren Hunde gibt, als diese beiden. Und sonderbarer Weise sehe und höre ich kleine Funken knistern, wenn ich sie liebkose, ganz genau wie bei Syrr, Deinem Pferde. Sitzt auf! Wir kehren nach dem Lager zurück.«

      »Ich reite mit!« sagte der Scheik. »Ich setze mich auf das Pferd Deines Begleiters.«

      Er ging zu Ben Rih und griff nach seinem Zügel. Halef wollte sich das nicht gefallen lassen; ich gab ihm aber einen heimlichen Wink, Amihn nicht zu beleidigen. Er gehorchte mir, doch nur scheinbar, denn ich sah, daß er seinem Pferde jenes andressierte Zeichen gab, von dem ich bei früheren Gelegenheiten wiederholt gesprochen habe. Ben Rih wußte sofort, was er zu tun hatte. Als der Scheik die Hand nach dem Sattel hob, warnte ihn Halef:

      »Ich an Deiner Stelle würde nicht reiten, o Scheik!«

      »Warum nicht?« fragte dieser.

      »Dieses Pferd wirft jeden ab, der nicht darauf gehört.«

      »Auch mich?« lachte der Ussul.

      »Auch Dich!« nickte der Hadschi mit jenem Lächeln, das mir nur zu bekannt an ihm war.

      »Das wollen wir doch versuchen! Wehe dem Rappen, wenn er glaubt, einen Mann wie mich herunterzubringen!«

      Er schwang sich hinauf, oder vielmehr, er kletterte hinauf, wie er es bei seinem >Dicken< zu tun gewohnt war. Noch aber hatte er das rechte Bein nicht ganz hinüber, so tat das Pferd, steifbeinig wie ein Bock, einen Satz zur Seite, augenblicklich hierauf einen zweiten nach vorn, und blieb dann stehen; der Reiter aber saß hinter ihm tief in den duftenden Blüten. Taldscha wollte sich beherrschen, um das Lachen zu verbergen; es gelang ihr nicht. Auch der Zauberer lachte. Ich dagegen blieb ernst und Halef ebenso. Daß der Riese von seiner Frau ausgelacht wurde, das war wohl kein allzu seltenes Ereignis; aber daß es in unserer Gegenwart geschah, das regte ihn auf und ärgerte ihn derart, daß er beschloß, die erlittene Niederlage augenblicklich wett zu machen. Er sprang also schnell wieder in die Höhe, faßte die Zügel des Rappen von neuem und hob den Fuß, um ihn in den Bügel zu setzen.

      »Hüte Dich!« warnte der Hadschi.

      »Schweig!« donnerte der Scheik. »Die Bestie muß gehorchen, sage ich Dir. Sie muß!«

      Er glaubte, den Trick des Pferdes jetzt zu kennen und darum gegen ihn geschützt zu sein. Aber er sah nicht, daß Halef jetzt ein anderes Zeichen gab, und daß der Hengst sich also auch anders zu verhalten hatte. Der Scheik stieg sehr langsam im Bügel empor, um gleich wieder abspringen zu können, falls das Pferd mit seinem >Mätzchen< zu schnell beginnen würde. Als dies nicht geschah, warf er das rechte Bein schnell hinüber auf die andere Seite und faßte rasch den dortigen Bügel, um gleich fest zu sitzen und sich nicht bereits im Aufsteigen überraschen zu lassen. Das gelang ihm vollständig. Das Pferd rührte sich nicht, selbst dann nicht, als er schon vollständig festen Sitz genommen hatte.

      »Nun, kann ich es, oder kann ich es nicht?« triumphierte er.

      »Du kannst es nicht!« behauptete Halef.

      »Du siehst es aber doch, daß - - -«

      Er konnte den Satz nicht aussprechen, als Ben Rih plötzlich ganz kerzengerade emporstieg, im Niedersenken zur Seite abbockte und dann die Hinterbeine so hoch in die

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