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Gürtels und nahm die beiden Gewehre in die Hand, um sie beim Sprunge in das Wasser hochzuhalten. So schossen wir an dem Lager vorüber, in den Wald hinein und auf den See zu. Die dort Stehenden hörten das Geschrei derer, die sich auf dem Wege nach dem Lager befunden hatte. Sie sahen mich und stimmten in das Geschrei mit ein.

      Es gab eine hochinteressante, unendlich wilde Szene. Diese mächtigen Urwaldbäume! Dieser schlangengleich sich windende, mir wie ein lauerndes Unglück entgegenschimmernde See! Diese gigantischen Menschengestalten! Tierisch behaart und massig gegliedert wie neu entstandene Wesen, die soeben erst den Übergang aus dem Tierreich in das Menschengeschlecht bewerkstelligt haben! Diese unartikulierten Stimmen! Diese grotesken, ungeschlachten Bewegungen, in die sie ihre Drohungen kleideten! Dazu der ungewöhnliche Anblick, den ich auf dem vor Anstrengung laut stöhnenden >Dicken< bieten mußte! Meine Sporen trieben ihn vorwärts. Er weigerte sich nicht im geringsten. Er schien keine Spur von Furcht vor dem Wasser zu besitzen und das hinter uns und vor uns erdröhnende Geschrei für eine sehr ästhetische Bewegung zu halten, denn als er dem Wasser in nächste Nähe kam, brüllte er laut und ehrlich mit und flog in einem wahren Riesensprunge vom Ufer weg in die tiefe Flut hinein. Wie es geschehen konnte, daß das Wasser mich nicht von seinem breiten Rücken hob, das weiß ich heut noch nicht. Ich hielt im Sprunge die Gewehre hoch, sank aber in Folge der Schwere mit dem >Dicken< so vollständig unter, daß auch die Waffen naß wurden, doch glücklicherweise nur äußerlich, denn wir tauchten sofort wieder auf, und da war ein für mich sehr günstiger Umstand, daß ich noch fest saß und mich von dem >Dicken< tragen lassen konnte, anstatt selbst schwimmen zu müssen.

      Das Urpferd benahm sich so, als ob es von den Amphibien stamme, die im Wasser ebenso zu Hause sind wie auf dem Lande. Es schwamm nicht nur gut, sondern auch schnell. Und, was die Hauptsache war, es sah das Boot, welches nach der Insel strebte, und schwamm ihm augenblicklich nach, und zwar mit einem solchen Eifer, als ob es meine Absichten begriffe. Hätte es eine andere Richtung eingeschlagen, so wäre es mir wohl sehr schwer geworden, dem Boote nicht nur zu folgen, sondern gar, es einzuholen. Nun sah ich auch die Züge des kleinen Mannes deutlich, der darin saß: es war Halef. Ganz selbstverständlich erkannte er auch mich.

      »Hamd ul Illah, Allah sei Preis und Dank, daß Du kommst!« rief er mir zu. »Man will mich hier auf der Insel einsperren. Ich bin Gefangener!«

      Er sprach in seinem heimatlichen, moghrebiner Dialekt, den von den Ussul jedenfalls keiner verstand.

      »Bist Du gefesselt?« antwortete ich ihm über die Wasserfläche hinüber.

      »Nur die Hände auf den Rücken gebunden. Weiter nichts.«

      »Wie sind die Leute im Boote bewaffnet?«

      »Sie haben nur Messer. Der Kerl, neben dem ich sitze, ist der Zauberer.«

      »Hast Du schon gesagt, wer wir sind?«

      »Ist mir nicht eingefallen!«

      »Von mir gesprochen?«

      »Kein Wort! Ich habe so getan, als ob ich ganz allein sei.«

      »Aber sie haben sich nach Deinem Pferd erkundigt?«

      »Nein.«

      »Du hast doch Sporen! Folglich mußten sie sich sagen, daß Du beritten bist!«

      »Hierzu sind sie zu dumm. Willst Du das Boot einholen?«

      »Ja.«

      »Das werde ich Dir erleichtern.«

      Während dieser kurzen Wechselrede wurde ihm das Sprechen von dem Zauberer wiederholt verboten. Ich konnte das zwar nicht deutlich verstehen, aber ich ersah es aus den Gestikulationen. Jetzt wendete sich Halef zu ihm hin, um Fragen, die man an ihn richtete, zu beantworten. In wie pfiffiger Weise er dies tat, war sehr bald zu ersehen. Der Zauberer erteilte den Ruderern einen Befehl, infolgedessen das Boot gewendet wurde und dann gerade Richtung auf mich nahm.

      »Sie wollen Dich ergreifen,« rief er mir zu.

      »Das ist mir lieb,« antwortete ich. »Bleib fest sitzen, daß Du nicht herausfällst! Das Boot wird sehr ins Schwanken kommen. Ich werfe den Zauberer in das Wasser.«

      »Allah, Wallah, Tallah! Nun Du da bist, gibt es doch gleich einen anderen Ton!«

      Mein >Dicker< paddelte sich mit großer Energie vorwärts, und auch die beiden Ruderer holten sehr kräftig aus. So kamen wir einander schnell näher, und der Zauberer hielt es für an der Zeit, das Wort an mich zu richten. Er war ein Hühne, hoch bei Jahren, mit weißem Haar und Bart. Auch seine nackte Brust war dicht und weiß behaart. Das gab ihm etwas Eisbärartiges, zumal seine Bewegungen zwar nicht plump, aber ziemlich ungelenk zu nennen waren.

      »Wer bist Du?« fragte er mich.

      »Das wirst Du bald erfahren,« antwortete ich aus dem Wellenkreise heraus, den mein Urgaul um mich schlug.

      »Was willst Du hier?« fuhr er fort.

      »Nach der Insel hinüber will ich.«

      »Das darfst Du nicht! Du hast hierherzukommen, in mein Boot!«

      »Fällt mir nicht ein!«

      Natürlich verstellte ich mich bloß, um ihn sicher zu machen.

      »Du hast zu gehorchen! Ich zwinge Dich!« drohte er.

      »Versuch, ob es Dir gelingt!«

      »Wenn Du Dich weigerst, schlagen wir Dich einfach mit den Rudern tot!« drohte er.

      Da tat ich, als ob ich erschrecke, und meinte in zaghaftem Tone:

      »Das werdet Ihr doch nicht! Oder seid Ihr etwa Mörder?«

      »Nein! Wir sind Ussul, und ich bin der Sahahr, der Priester. Wir morden nicht. Aber wer es wagt, uns zu widerstehen, der gefährdet allerdings sein Leben. Paß auf! Ich gebe Dir die Hand und ziehe Dich vom Pferd in das Boot hinein!«

      Der gute, alte Mann! Er tat so außerordentlich martialisch und hatte dabei doch das gutmütigste Gesicht, das man sich denken kann! So, wie er aussah, pflegt man sich den heiligen Niklaus, den >Weihnachtsmann<, den Knecht Ruprecht vorzustellen, der kurz vor dem Christfest in Dorf und Stadt herumzugehen pflegt, um böse Kinder zu strafen, gute aber mit Pfefferkuchen, Äpfeln und Nüssen zu beschenken. Er stand aufrecht in der Mitte des Einbaums und ließ ihn so steuern, daß er grad vor mir und dem >Dicken< zu halten kam.

      »Komm herein!« befahl er, indem er sich niederbeugte und mir die Hand entgegenhielt. »Greif zu; ich helfe Dir!«

      »Nimm erst diese Gewehre, und leg sie in das Boot!« forderte ich ihn auf.

      Ich gab sie ihm; der unbefangene Mann nahm sie wirklich und legte sie fürsorglich auf die trockenste Stelle des Fahrzeuges. Dann hielt er mir die Hand wieder hin und wiederholte:

      »Faß zu! Ich werde Dich ziehen!«

      Da glitt ich vom Pferde, klammerte mich mit der Linken fest an den Bord und griff mit der Rechten zu, um ihn zu fassen, aber nicht an der Hand, sondern am oberen Arme. Ein kräftiger Ruck - - ein Schwung - - und anstatt mich zu sich hineinzuziehen, flog er aus dem Boot heraus in das Wasser, in welchem er für einige Augenblicke so vollständig verschwand, daß gar nichts von ihm zu sehen war. Nur einen kurzen Moment später stand ich im Einbaume, an derselben Stelle, an der er gestanden hatte, zog mein Messer und schnitt den Riemen entzwei, mit welchem Hadschi Halef gebunden worden war. Dieser sprang sofort vergnügt in die Höhe, warf die frei gewordenen Arme in die Luft

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