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      »Geduld, Geduld! Ich reite zunächst allein.«

      »So nimmt man Dich gefangen, wie man Deinen Gefährten jedenfalls auch gefangen genommen hat!«

      »Pah! Du nahmst mich ja auch gefangen - - und wer ist nun jetzt der Gefangene?«

      »Ich war nur eine Person und traute Deiner Rede; sie aber sind ihrer viele und trauen Dir nicht!«

      »Ob sie mir trauen oder nicht, das ist mir gleich; ich will nur, daß sie mir gehorchen.«

      »Gehorchen? Das werden sie nicht.«

      »Sie müssen!«

      »Wie wolltest Du sie zwingen?«

      »Durch Dich.«

      »Durch mich? Ich gebe mich nicht dazu her, sie zum Gehorsam gegen Dich zu verführen!«

      »Du sprichst, ohne dabei zu denken! Du hast Dich ja schon dazu hergegeben, nämlich mir! Nun reite ich auf Deinem dicken Smihk nach Eurem Lager und - - -«

      »Auf meinem Smihk?« unterbrach mich der Scheik. »Das wirst Du mit dem Leben zu bezahlen haben. Meine Krieger machen Dich tot, sofort tot!«

      »Warum?«

      »Weil sie glauben, daß Du Dich an mir vergriffen hast!«

      »Das ist es ja grad, was ich will! Sie sollen es nicht nur glauben, sondern ich werde es ihnen selbst sagen, selbst mitteilen.«

      »So bist Du verloren!«

      »Im Gegenteile: Es wird meinen Gefährten retten, falls sie etwas Böses mit ihm vorhaben.«

      »Du kennst sie nicht!«

      »Das ist auch gar nicht nötig. Ich brauche nur mich zu kennen. Ich sage ihnen, daß ich Dich gefangen genommen und festgebunden habe, und daß Du sterben mußt, wenn man gegen mich oder meinen Gefährten auch nur die geringste Feindseligkeit unternimmt.«

      »Sterben?« fragte er erschrocken.

      »Ja.«

      »Ich?«

      »Ja, Du!«

      »Welch ein Schreck für Taldscha, meine Frau!«

      Taldscha heißt Schneeglöckchen. Sollte dieser Mann eine Frau besitzen, die an Schönheit, Reinheit, Lieblichkeit und Zierlichkeit mit einem Schneeglöckchen zu vergleichen war? Ich wurde neugierig, dieses niedliche Glöckchen zu sehen.

      »Du willst also meinen Leuten mit meinem Tode drohen?« fuhr er fort.

      »Ja,« antwortete ich.

      »Sie können einem solchen Knirps, wie Du bist, ganz unmöglich glauben, daß Du mich überwältigt hast!«

      »Darum reite ich auf Deinem >Dicken<. Wenn sie sehen, daß ich Dir den abgenommen habe, werden sie überzeugt sein, daß Du Dich in meiner Gewalt befindest.«

      »Fremder, Du bist ein ganz verteufelter, ein ganz pfiffiger Kerl! Wenn man nur nicht so gezwungen wäre, Dich lieb zu haben! Wann wirst Du wiederkommen?«

      »Das kann kurze Zeit, das kann auch Stunden dauern, je nachdem Deine Krieger mit sich reden lassen oder nicht.«

      »Und während dieser Zeit soll ich hier hängen bleiben?«

      »Ja.«

      »So rufe ich um Hilfe! Ich brülle! Meine Leute werden mich suchen und es hören, wenn sie in die Nähe kommen! Dann binden sie mich los, und Du bist verloren!«

      »Du wirst nicht um Hilfe rufen können, denn ich werde Dir einen Knebel in den Mund stecken.«

      »Einen Knebel? Könntest Du wirklich so schlecht sein?«

      »Ja. Sogar noch viel schlechter!«

      »Dann werde ich wenigstens so laut brummen, daß man es hören muß. Das kann man selbst bei verschlossenem Munde!«

      »So binde ich Dir auch die Nase zu!«

      »Wirklich? Dann müßte ich doch unbedingt ersticken!«

      »Das weiß ich ebenso gut wie Du; aber Du willst es ja nicht anders. Du drohst mir mit Schreien und Brummen und weißt doch, daß ich das verhüten muß. Jammerschade!«

      Ich sprach dieses letztere Wort im Tone des Bedauerns aus. Er sah mich prüfend an und fragte dann:

      »Schade? Was ist jammerschade?«

      »Daß Du mich zwingst, so streng gegen Dich zu sein. Ich quäle Dich nur ungern damit, daß ich Dir Mund und Nase verschließe.«

      »Ungern? Wirklich? Ja! Du bist nicht nur ein kluger Mensch, sondern auch ein sehr lieber, guter Kerl. Der Knebel, den Du mir in den Mund stecken willst, tut Deinem Herzen wehe. Aber, warte einmal! Ich will nachdenken. Vielleicht finde ich ein Mittel, den Knebel zu umgehen.«

      Er zog seine Stirne in ihre tiefsten Denkerfalten und blinzelte mit den Augen, um mir anzudeuten, daß die angeborene Intelligenz in ihm zu arbeiten beginne; dann rief er plötzlich aus:

      »Ich hab’s! Was wirst Du tun, wenn ich Dir verspreche, weder um Hilfe zu rufen noch zu brummen?«

      »Dann werde ich Dir weder Mund noch Nase verschließen, denn ich weiß, daß Du Dein Versprechen unbedingt halten wirst.«

      »Unbedingt!« stimmte er bei. »Habe ich Dir noch nie gesagt, daß die Ussul die Lüge hassen? Ich bliebe still, selbst wenn meine Leute kämen.«

      »Aber losbinden ließest Du Dich von ihnen?«

      »Auch das nicht, falls Du mir versprichst, ganz sicher zurückzukehren, um mich wieder los zu machen.«

      »Und glaubst Du diesem meinem Versprechen?«

      Da sah er mich verwundert an und antwortete:

      »Warum soll ich Dir nicht glauben? Du glaubst ja doch auch mir! Hältst Du mich etwa für schlechter, als Du bist?«

      Welch ein Mensch! Ich fühlte mich innerlich verpflichtet, diese beispiellose Rechtschaffenheit sofort zu belohnen. Darum sagte ich:

      »Wie sehr ich Deinem Worte traue, das will ich Dir beweisen. Wenn Du mir versprichst, hier an diesem Baumstamme sitzen zu bleiben und ihn als Dein Gefängnis zu betrachten, bis ich zu Dir zurückkehre, so binde ich Dich los.«

      »Ich verspreche es. Genügt Dir das?«

      »Ja.«

      Ich knüpfte erst den Lasso und dann auch alle Riemen auf. Während ich dies tat, gestand ich ihm aufrichtig:

      »Ich bin sogar bereit, Dich vollständig freizugeben und nach Eurem Lager mitzunehmen, wenn Du mir Dein Wort gibst, mich und meinen Begleiter nicht als Feinde zu behandeln.«

      Er schüttelte den Kopf und erklärte:

      »Aus diesem Vorschlage spricht die Stimme Deines Herzens, aber es ist mir verboten, auf sie zu hören.«

      »Von wem?«

      »Von der Ehrlichkeit.

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