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Es war ganz anders. Georg Markus
Читать онлайн.Название Es war ganz anders
Год выпуска 0
isbn 9783902862716
Автор произведения Georg Markus
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Und am 19. Februar 1860, eineinhalb Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Rudolf, schwärmt Sophie: »Ihre Schönheit hat sehr seit vorigem Spätherbst gewonnen, so wie sie ihre ungeheure Crinoline ablegte, ihre Gestalt ist nun wieder ganz sichtbar.«
Auffallend ist, wie sehr sich Sophie von Anfang an um den tatsächlich labilen Gesundheitszustand ihrer Schwiegertochter sorgte. »Sisi ist heute mit dem Kaiser im Prater bei milder schöner Luft geritten, denn leider, leider zur allgemeinen Desparation hat sie gleich nach den Wochen wieder begonnen zu reiten!! Sie sah allerliebst aus, aber mit aufgehobenen Händen begrüßt ich beide«, schreibt die Erzherzogin am 24. April 1855 ihrem Sohn Carl Ludwig.
»Ihre Schönheit hat sehr seit vorigem Spätherbst gewonnen«: Erzherzogin Sophie über ihre Schwiegertochter, Kaiserin Elisabeth
Und kurz nach der Geburt Kronprinz Rudolfs, im September 1858: »Sisi hatte leider nach dem zweiten Aufstehen am 4ten abends wieder, aber einen schwächeren Fieberanfall, doch das dritte Aufstehen gestern, wo sie drei Stunden aufblieb, schlug ihr sehr gut an; der Kaiser telegraphierte mir heute, sie befände sich ganz wohl. Gottlob! Ich hatte ein Telegramm nach dem anderen geschrieben, um den Kaiser u. (den Leibarzt Dr. Johann) Seeburger zu überzeugen, dass nur die ungesunde Luft in Laxenburg Sisi die Fieberanfälle gäbe u. dass ein rasches Übersiedeln Sisi’s in meine warmen Salons in Schönbrunn, wohl verwahrt in einem geschlossenen Wagen, während der warmen Mittagsstunden gewiss angezeigt wären.«
Ein knappes Jahr danach, am 28. Juni 1859, schreibt Sophie wieder an Carl Ludwig: »Die arme Sisi ist nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie abgemagert sie ist.« Doch nur zwei Tage später ist in einem Brief an ihren Sohn Maximilian Erleichterung zu spüren: »Wir fanden dann Sisi im Park, besser aussehend u. aufgerichtet durch die Hoffnung, den Kaiser bald zu sehen. Sie stieg vom Pferd u. machte eine lange Promenade mit uns zu Fuße – sprach gerne u. sichtbar heiter.«
Kaiserin Elisabeths »Flucht« nach Possenhofen
Spricht man »gerne und sichtbar heiter« mit einer Schwiegermutter, die im gleichen Jahr 1859 – wie in der Conte-Corti-Biografie nachzulesen – »alles versucht, um Elisabeth vom Kaiser zu trennen, ja sie (die Kaiserin) meint sogar, man hätte sie verderben und ihr teuflisch klug Gelegenheit bieten wollen, Unrechtes zu tun, um sie ihrem Gatten zu entfremden«?
Im Jahre 1865, so steht’s in den Elisabeth-Biografien, sei die Kaiserin von Wien aus zum ersten Mal in ihr Elternhaus »nach Possenhofen geflüchtet«, weil Erzherzogin Sophie sie bevormundet und ihr die Kinder weggenommen hätte. In einem Brief Sophies an ihren Sohn Carl Ludwig erfährt man allerdings ganz anderes: »Sisi wollte nicht nach Baiern, da es ihr schwer wird, ihr Kind zu verlassen, der Kaiser bestand aber darauf, da er glaubt :/ ich gestehe, ich bin auch überzeugt /: dass Luftwechsel u. zumal die heimathliche Luft ihr sehr gut thun werden …«
Kaiserin Elisabeth wollte Wien ganz offensichtlich gar nicht verlassen, schon gar nicht wegen ihrer Schwiegermutter. »Von Tante Luise* erhielt ich auch heute einen so befriedigenden Brief über Sisi’s Ankunft (in Bayern, Anm.), die sie glückl. macht; sie findet Sisi embelliert (noch schöner geworden), die Blässe nicht anhaltend, u. ihr geliebtes Kind reifer, herzlicher u. zugänglicher; das freut mich so für die gute, selbstlose Mutter, die innig beglückt dadurch ist, dass Sisi nicht lange bei ihr aushält aus Sehnsucht nach Mann u. Kind …« (Erzherzogin Sophie an ihren Sohn Carl Ludwig am 26. Juni 1855).
Und ihrem Sohn Maximilian berichtet Sophie wenige Tage danach: »Von hier kann ich Dir nicht viel Interessantes melden, außer dass Sisi glücklich am Montag Abend aus Baiern zurückgekehrt, wo sie es nicht über 9 Tage aushielt, fern von ihrer Kleinen, und so weit entfernt vom Kaiser.«
In einem Brief Sophies an ihre Schwester Ludovika ist keine Rede davon
Angeblich hat die Erzherzogin ihre Schwiegertochter Elisabeth für den Tod ihrer zweijährigen Tochter Sophie am 29. Mai 1857 während einer Ungarn-Reise des Kaiserpaares verantwortlich gemacht. »Das Verhältnis zur Schwiegermutter, deren Liebling die kleine Sophie war«, schreibt Brigitte Hamann**, »wurde eisig. Denn schließlich war es die junge Kaiserin, die die Kinder gegen den ausdrücklichen Willen, ja gegen den Widerstand der Erzherzogin mit nach Ungarn genommen hatte.«
Doch in einem Brief, den Sophie in diesen dramatischen Tagen an ihre Schwester Ludovika schreibt, ist keine Rede davon: »Unsere arme Sisi vergießt sich buchstäblich in Thränenströmen, sie und mein armer Franzi sind tief gebeugt, aber höchst rührend in ihrem Schmerz, fromm und ergeben.« Und ein weiteres Schreiben Sophies, diesmal wieder an Carl Ludwig gerichtet, wenige Tage nach dem Tod der Enkelin: »Sisi hat das Bedürfnis von ihrem geliebten Kinde zu sprechen, sich mit allem, was sie an dasselbe erinnert, zu umgeben, so kann ich ihr gottlob Trost bringen, auf ihren Schmerz eingehen, den ja wenige verstehen können wie ich.«*
In Wahrheit ist Elisabeth eine liebevolle Mutter
Gabriele Praschl-Bichler folgert aus der nun vorliegenden Korrespondenz, dass Franz Joseph und Elisabeth »ihren Kindern außerordentlich liebevolle Eltern waren. Bislang wusste man zwar, dass der Kaiser ein leidenschaftlicher Vater war, man nahm aber an, dass die Kaiserin zu ihren ersten drei Kindern kaum Kontakt hatte. In Wahrheit war auch Elisabeth eine liebevolle Mutter« – wenn auch mit der Einschränkung, dass sie das nur dann sein konnte, wenn sie bei ihnen war, was aufgrund ihrer ausgedehnten Reisetätigkeit nicht allzu oft der Fall gewesen ist.
Von Kaiserin Elisabeth selbst gibt es relativ wenige Briefdokumente, da sie eher schreibfaul war und selbst ihrem Mann von Reisen oft nur durch ihre Hofdamen Nachrichten zukommen ließ. Und doch bestätigen Sophies Briefe, dass ihre Zuneigung nicht einseitig gewesen sein kann: »Sisi’s warme Herzlichkeit u. Freude, als sie mich wieder sah u. über mein baldiges Nachkommen nach Ischl, rührte u. erquickte mich. In ihrem oft leidenden Zustande** wird ihr die Alpenluft, nach welcher sie sich schon sehr sehnte, recht wohl tun.« (Sophie am 8. August 1854) Offensichtlich suchte die Kaiserin in schweren Stunden sogar die Nähe ihrer Schwiegermutter: »Sisi fand ich bei meiner Wohnung mit rasendem Zahnweh, das arme Kind, doch ist es nun vorüber«, schreibt Sophie am 30. November 1857 an ihren Sohn Maximilian.
Kaum zu glauben, wie vehement sich die Kaiserin einsetzt
In die rund zwei Jahrzehnte andauernde Korrespondenz der Erzherzogin Sophie im Zusammenhang mit ihrer Nichte und Schwiegertochter Elisabeth fallen nebst privaten Freuden und Sorgen auch historische Ereignisse wie die Geburten der Thronfolger Rudolf und Franz Ferdinand, die Katastrophen von Solferino und Königgrätz, die tiefe Trauer nach der Hinrichtung ihres Zweitältesten Sohnes, Kaiser Maximilian von Mexiko, und der auf Elisabeths Initiative zustande gekommene Ausgleich mit Ungarn. In einem ihrer eher raren handgeschriebenen Briefe bittet die Kaiserin den ungarischen Hofkanzler Georg Graf Mailáth geradezu flehentlich: »Vor allem eine Bitte, seien Sie mein Stellvertreter beim Kaiser, übernehmen Sie mein Amt, dem Kaiser die Augen zu öffnen über die Gefahr, in die er sich unwiederbringlich stürzt, wenn er noch immer keine Konzessionen an Ungarn machen will. Seien Sie unser Retter, darum beschwöre ich Sie jetzt im Namen unseres armen Vaterlandes und meines Sohnes und zähle dabei auch auf die Freundschaft, die Sie, wie ich mir vielleicht einbilde, doch ein wenig für mich fühlen.«
Kaum zu glauben, wie vehement sich die Kaiserin für die einzige politische Mission ihres Lebens einsetzt, da sie sich in dem Brief praktisch gegen ihren Mann auf die Seite Ungarns stellt. Nicht auszudenken, wäre dieses Schreiben in die Hände Franz Josephs gelangt. »Das Zugeständnis«, schreibt Elisabeth weiter, »zu dem ich den Kaiser zu bewegen trachtete, das er mir aber leider noch nicht machte, ist, die jetzigen Regierungsmänner