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dürfte sie nicht sein einziger Schwarm gewesen sein. Der Schauspieler Hugo Thimig notiert in seinem Tagebuch, »dass der König von Bulgarien in die Marberg verschossen ist, aber die Schratt darf s nicht wissen«. Die spätere Hofschauspielerin Lilli Marberg war damals gerade zwanzig Jahre alt, konnte der Schratt allerdings beim »Bulgaren« keine echte Konkurrentin werden – zu groß war die Zuneigung, die der König für seine »Kathi« empfand.

      »Ja, der König von Bulgarien hat die Tante wahnsinnig verehrt«, erinnerte sich die Schratt-Nichte Katharina Hryntschak. »Kaum war er in Wien, ist er schon zu ihr nach Hietzing gekommen – wobei er seine Kinder nicht selten mitgebracht hat.« Kaiser Franz Joseph reagierte immer verärgert, wenn es um die innige Beziehung der Schratt zu dem – auch ihm freundschaftlich verbundenen – König ging. Als er erfuhr, dass die Schratt im Juni 1890 zur gleichen Zeit in Karlsbad zur Kur weilte wie Ferdinand, reagierte er mit den Worten »Beneidenswerther Fürst!«

      Dass die Eifersucht auch in diesem Fall berechtigt war, lässt einer der wenigen erhalten gebliebenen Briefe, die Ferdinand an die Schratt richtete, zumindest erahnen: »Bin um 4 Uhr in Wien«, schreibt er am 27. Juni 1891, »und erwarte Deine Befehle; Kathi, ich bitte Dich, sei gut zu einem armen unglücklichen gebrochenen Menschen, lass mich bei Dir Kraft und Muth schöpfen und mein Herz bei Dir ausschütten!«

       Der Kaiser hofft, die »Nummer eins« bei der Schratt zu bleiben

      Der Kaiser schien sich damit zu trösten, dass er – trotz des charmanten und viel jüngeren Fürsten – hoffen durfte, die »Nummer eins« bei der Schauspielerin zu bleiben. Doch so richtig zufrieden war Franz Joseph erst, als er 1893 ein Telegramm erhielt, in dem ihm die Vermählung des »Bulgaren« mit Marie-Prinzessin von Bourbon-Parma – einer Halbschwester der späteren Kaiserin Zita – offiziell verlautbart wurde. »Unser Freund wäre also glücklich versorgt und das Weitere steht in Gottes Hand.«

      Der Kaiser hatte sich zu früh gefreut: Die Verbindung des Königs zur Schratt blieb auch nach dessen Eheschließung aufrecht. Als die Schauspielerin – noch dazu nach längerem Auslandsaufenthalt – endlich wieder in Wien eintraf, war sie verkühlt und konnte den Kaiser nicht treffen – während Ferdinand von Bulgarien sehr wohl zum Besuch zugelassen wurde. Also schreibt Franz Joseph am 30. März 1894 neiderfüllt: »Freilich sind zweistündige bulgarische Audienzen kein Mittel, um die Heiserkeit los zu werden.« Der Brief endet mit den Worten: »In schmerzlicher Sehnsucht und mit 1000 Grüßen Ihr müder und trauriger Franz Joseph.«

      Der Kaiser nützte jede Gelegenheit, um seine Rivalen mit kleinen Sticheleien zu verunglimpfen. Als ihm der Bulgare am 7. März 1898 in der Hofburg einen Besuch abstattet, schreibt Franz Joseph an die Schratt: »Er ist sehr dick und nicht schöner geworden.«

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       Ein weiterer Verehrer der Katharina Schratt: König Ferdinand I. von Bulgarien

      Dass die populäre Schauspielerin neben Kaiser Franz Joseph I. noch andere Liebschaften hatte, sprach sich in Wien, der Stadt des Kaffeehaustratsches, herum. Nur damit ist ein Witz zu erklären, der in jenen Tagen kursierte: »Hast schon g’hört? Die Schratt is’ narrisch worden!«

      »Wieso?«

      »Sie hat dem Franz Joseph g’sagt, er ist der Erste!«

       »Da alles Interesse von mir nur bei Eurer Majestät ist …«

      Dass er der Erste war, wird Franz Joseph wohl nicht angenommen haben, aber der Einzige zu sein, das hat ihm die Schratt zumindest vorzuflunkern versucht. Dies geht aus einem Brief hervor, den sie ihm von einem Kuraufenthalt nach Schönbrunn schickte: »Auch der kleine schwarze Graf, mit dem ich von Eurer Majestät ungerecht verdächtigt wurde, ist da – aber wenn er wirklich tausendmal schöner und gescheiter wäre, so könnte ich mich doch nicht für ihn interessiren, da alles Interesse von mir nur bei Eurer Majestät ist. Einige Male versuchte er sich mir zu nähern, da ich aber unempfänglich für seine schöne Rede blieb, hat er mich wieder aufgegeben.«

       »Ein sehr begehrter Mann« Der Schauspieler Viktor Kutschera

       Viktor Kutschera (1863–1933)

      Die wohl letzte große Liebe ihres Lebens sollte im reiferen Alter auf die Schratt zukommen. Eineinhalb Jahre, nachdem ich von ihrer Affäre mit dem Grafen Wilczek erfahren hatte, wurde mir ein Brief der Schauspielerin an einen ihrer seinerzeit sehr prominenten Kollegen zugespielt.

      »Du! Du! Lieb, fürchterlich lieb hab ich Dich!« Diese Worte schrieb die Schratt in jenen Tagen, da sie vom Kaiser fast täglich besucht wurde. Aber sie waren wieder nicht an ihn gerichtet, sondern an den Schauspieler Viktor Kutschera. Der Brief wurde am Silvesterabend des Jahres 1903 verfasst – und sein Inhalt lässt kein Missverständnis zu: »Heute in den letzten Stunden des alten Jahres danke ich dem lieben Gott«, schreibt die Schratt an Kutschera, »dass er uns zusammengeführt hat – und morgen in der Kirche bete und bitte ich, dass wir immer beisammen bleiben dürfen.«

      Viktor Kutscheras Enkel, der in Wien lebende Bankdirektor i. R. Carl-Ludwig Kutschera, hat mir das fünf Seiten lange Schreiben der Schratt anvertraut. »In meiner Familie«, sagt er, »war die Beziehung meines Großvaters zu Katharina Schratt bekannt, aber wir haben die Details bisher für uns behalten, weil wir das für sehr privat hielten. Nun bin ich achtzig Jahre alt und habe mir überlegt, dass es bei dieser Beziehung doch nicht nur um das Privatleben der Frau Schratt geht, sondern auch um ein Stück österreichischer Geschichte, und daher stelle ich Ihnen den Brief zur Veröffentlichung zur Verfügung.«

      Katharina Schratt und Viktor Kutschera standen 1903, als der verfängliche Brief geschrieben wurde, gemeinsam auf der Bühne des Wiener Volkstheaters. Sie als Maria Theresia in Franz von Schönthans gleichnamigem Lustspiel und er als ihr Ehemann, Franz Stephan von Lothringen.

       Wem Katharina Schratt aller untreu ist

      Katharina Schratt und Viktor Kutschera kannten einander schon länger, waren gemeinsam am Burgtheater aufgetreten, doch weiß man nicht, ob es in früheren Zeiten zu einer Beziehung gekommen war. Klarerweise war die Schratt auch jetzt nicht nur dem Kaiser untreu, sondern auch ihrem Mann, der nach wie vor im Ausland weilte. Und auch Viktor Kutschera war verheiratet und hatte zwei Kinder.

      Wie sehr die Schratt den gut aussehenden Viktor Kutschera liebte, kann man sich ausmalen, wenn man auf Seite vier des Briefes von ihren Träumereien von einer gemeinsamen Zukunft erfährt: »Weißt Du, was ich am liebsten thun würde?«, fragt sie den Geliebten und liefert gleich die Antwort: »Alles, was mir gehört, Geld, Schmuck (sogar meine alten Sachen), Alles Deiner Frau schenken – sie soll nach Hietzing ziehen, soll auch Alles mitnehmen, was ihr gehört (Dich aber nicht) und ich komm zu Dir, das wäre das Richtige und Beste. – Die Vorstellung sagen wir gleich ab, aber keine andere annehmen. Ich sorg und arbeit dann nur für Dich. Bleib immer zu Haus und wart bis Du kommst.«

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      Der Schauspieler Viktor Kutschera sollte nach dem Wunsch der Schratt seine Frau verlassen.

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      Katharina Schratt in der Skandal-Rolle als Maria Theresia am Deutschen Volkstheater in Wien.

      Katharina Schratt, damals fünfzig Jahre alt, gibt sich wie eine Pubertierende, während der um zehn Jahre jüngere Viktor Kutschera etwas nüchterner zu agieren scheint. »Ich glaube, dass er in die Affäre mit der Schratt geschlittert ist«, vermutet sein Enkel heute, »aber er hätte niemals seine Frau und seine Kinder verlassen. Auch weiß man, dass die Schratt nicht sein einziger Seitensprung war. Er war ein sehr begehrter Mann.«

      Viktor Kutschera, der Sohn eines Eisenbahningenieurs, der gemeinsam mit Carl Ritter von Ghega die Semmeringbahn erbaut hatte, war 1863 in Wien zur Welt gekommen und absolvierte wie damals üblich seine ersten Auftritte in der Provinz. Wieder in Wien, war er als jugendlicher

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