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Tisch im Freien.

      „Ich habe meine Brille vergessen“, sagte Herr Schäfer. „Könnten Sie uns bitte etwas von der Speisekarte empfehlen?“ Aber er hatte sie nicht vergessen. Er hatte nur weitgehend sein Schulitalienisch vergessen, und mochte nicht falsch aussprechen, was da auf der Karte stand. Dem gastronomischen Kurzvortrag folgte der historische.

      „Das Arsenal von Venedig ist, nein, war, Basis seines Reichtums, seiner Kampfstärke. Es gehört auch heute der Marine, militärisches Sperrgebiet. Sie sehen die vielen Matrosen und Seeoffiziere in ihren unverwechselbaren Uniformen.“

      „So deutlich musst du diesem Kapitän nicht nachschauen, Marianne! Wenn ich so etwas anhabe, sehe ich ebenso gut aus!“

      „Kein Kapitän, Herr Schäfer, ein Schiffsarzt, dort kommt ein Kapitän, nein, halt, ein Admiral! Kein häufiger Anblick.“

      Und voll Andacht verfolgten die Schäfers den Weg des Admirals, der von irgendwelchen Adjutanten, Ratgebern, maritimen Würdenträgern nicht erkennbaren Ranges begleitet, durch das von steinernen Löwen bewachte Tor schritt.

      Herr Tinacci beglich die kleine Zeche, drei Café corretto, den seine beiden Gäste nach dem ersten Schluck als etwas Vertrautes erkannt hatten – „Kaffee fertig!“

      Der elegante ältere Venezianer und die beiden frohgemuten Schweizer flanierten vom Arsenal zu einer Werkstatt, in der die Forcole hergestellt werden, jene geheimnisvollen Gondelteile von großer Ästhetik, ohne die eine Gondel einfach ein schlankes Ruderboot wäre wie alle anderen auch.

      Der Weg führte die drei zum Campo Bandiera e Moro, und während der Venezianer beim Arsenal die Österreicher gelobt hatte – „Sie haben die Reste der Flotte Venedigs und ihre große Geschichte bewahrt!“, erzählte er hier von den drei Helden, die im 19. Jahrhundert gegen die österreichische Herrschaft gekämpft hatten, weshalb der Campo ihre Namen bekommen hat.

      Verwinkelte Gassen, Durchhäuser, kleine Plätze, immer wieder verlegen kichernde Touristen oder andere Ortsfremde, die aus Sackgassen zurückkamen, und dann standen sie auf einem großen weiten Campo. Dankbar nahmen Herr und Frau Schäfer das Angebot an, hier eine längere Station zu machen.

      „Herr Tinacci, wir stehlen Ihre Zeit! Sie sind mit uns seit dreieinhalb Stunden unterwegs!“

      „Ich bin Pensionist, Herr Schäfer. Ich habe Zeit, Sie stehlen mir nichts.“

      Man bestellte Getränke, entschied sich für einige Speisen aus der Vitrine, und als die Schweizer wieder an ihrem Tisch saßen, war ihr Guide nicht da.

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      Schäfers warteten, hielten Ausschau, er hätte ja abermals einen Bekannten treffen und an einem anderen Tisch sitzen können, oder sich mit dem Padrone zum Thema „Was Neues am Rialto?“ unterhalten können, aber alles vergeblich.

      Friedrich kontrollierte alle Tische, innen und im Freien, erfolglos. Nach rund einer halben Stunde gaben Schäfers ihre Suche auf, ratlos, und verlangten die Rechnung.

      Mit dem winzigen Rechnungszettel kam ein Buch auf den Schäferschen Tisch.

      „Per Lei!“ Das war der einzige Kommentar des Kellners, den das Ehepaar Schäfer leider nicht verstehen konnte.

      Aber das Buch, mit farbenfrohem Titel, war Erklärung an sich. Es hieß „Venedig, wie es wirklich ist!“ Der Titel stand hier in drei Sprachen, italienisch, englisch, deutsch, von Ruggero Tinacci.

      Marianne schlug die erste Seite auf, und las FÜR HERRN UND FRAU SCHÄFER, denen ich für einen schönen Spaziergang danke.

      „Friedrich!“, sagte Frau Schäfer, „Und er hat gar nichts verlangt!“

      Schweigend nahm Friedrich das Buch zur Hand, schlug es auf, blätterte, und las, gedruckt:

      „Seit dem Tod meiner Frau, die Venedig so innig geliebt hat wie ich, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, möglichst viele Menschen zu Freunden der Serenissima zu machen, mit diesem Bändchen, mit Vorträgen, mit Führungen, die auch mein unvollkommenes Wissen verbessern werden. Wann immer ich Zeit habe, bitte ich Menschen zu einer kleinen Führung durch unsere tausendjährige Geschichte, aus Liebe zu meiner Stadt. Ruggero Tinacci.“

      „Da haben wir aber Glück gehabt, nicht wahr, Friedrich? Ein so netter Herr!“

      „Ja, da haben wir Glück gehabt, Marianne. Hoffentlich finden wir zum Hotel zurück.“

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