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flüsterte er höhnisch. »So geht es jedem, der die Dillons hereinlegen will. Paß auf, dein lieber Freund Mort kommt gleich, er zieht nur den Hängesitz zurück. Gleich ist er bei dir, du falsches Rabenaas.«

      Er zog sie am Ohr, bis sie den Kopf herumnehmen mußte. Aus zehn Zoll Entfernung sah sie jetzt in seine Augen und erkannte den Haß, der ihr entgegenschlug.

      »Du hättest das nicht machen sollen«, zischte Charly Dillon. »Hättest du geteilt und Mort ins Jail geschrieben, daß du für ihn und dich arbeitest – in Ordnung. Aber du wirst nie teilen, Mort hat recht gehabt. Eines Tages, sagte er, hast du hier weggehen und eine richtige Lady sein wollen. Du bist das geldgierigste Aas unter der Sonne, sagt Mort. Du bist schlecht wie die Nacht, sagt Mort. Für Geld riskierst du alles, sagt er – und er hat recht gehabt. Du hast uns töten lassen wollen, weil du genau gewußt hast, du hättest den Rest deines Lebens nur noch für Mort arbeiten dürfen. Du hast nicht arm sein wollen, wieder arm wie damals in Comanche, was? Jetzt wirst du weder arm noch reich sein – nur tot!«

      Dort kam Mort Dillon, der Mann, der nie Gnade gekannt hatte, der anderen auch keine schenken würde. Liza kannte ihn zu gut. Und wenn sie ihm hundertmal geschworen hätte, daß sie bei ihm bleiben und für ihn arbeiten würde – er hätte es nie geglaubt. Damals hatte sie nur das Geld gesehen, viel Geld. Genug, um aus dem Dreck zu kommen. Das Leben in Comanche hatte sie angewidert. Dann war diese Chance dagewesen, eine, die es nie wieder geben würde. Sie hatte die Chance genutzt und genau gewußt, daß der Preis für eine sorglose Zukunft der Tod der Dillons sein würde. Blieben die Dillons am Leben, würde sie nie aus dem Dreck kommen. Sie waren Mörder, sie waren Outlaws, die das wilde Leben nie aufgeben würden.

      Mort Dillon war bei ihr, starrte sie an und schwang sich auf das Dach. Er löste den Knoten des Seils, warf es nach drüben und zog dann am anderen Ende. Das Seil lief um den Kamin, und Liza Palucco wußte nun, daß man rätseln würde, wie die Dillons auf das Saloondach gekommen waren.

      Charly drehte die schweren Schraubhaken los, dann sahen sich die Brüder an und kicherten höllisch.

      »Komm«, sagte Mort giftig. »Du darfst mitkommen, Liza, meine Teure!«

      *

      Hinter den letzten Häusern hatte man ihr die Kleiderstange abgebunden und die Füße freigegeben. Dann waren sie in den Wald gegangen und zu den Pferden gekommen.

      Das war gut eine Stunde her. Seitdem ritt sie zwischen ihnen auf der Stute, an deren Sattelgurt Mort ihre Beine gebunden hatte. Es ging nach Süden und am Poncha Paß vorbei zum Oberlauf des San Luis Creek. Liza hatte gewußt, daß Mort niemals mit einer Gefangenen den Fahrweg am Arkansasriver entlangreiten würde. Das war ihm viel zu gefährlich. Er wollte nicht gesehen werden – wieder wollte er, wie er es früher immer getan hatte, die Nacht nutzen, die Unwegsamkeit der Berge, wo ihnen keine Seele begegnete.

      »Mort«, stöhnte Liza. »Mort, hör doch zu – wir können uns einigen. Ich verkaufe alles, ich fange noch einmal an…«

      »Gib dir keine Mühe!« sagte er finster und barsch. »Mich legst du nur einmal herein. Ich habe über sechstausend Dollar in deiner Tasche, das reicht mir. Was soll ich mit dir? Du kommst mit!«

      »Wohin, Mort, wohin? Was hast du mit mir vor, Mort? Ich schwöre dir, ich vergesse alles, wenn du mich freiläßt.«

      »Geschenkt!« knirschte er. »Du sollst endlich dein Maul halten, du heuchlerische Schlange. Ins Wasser, Charly!«

      Seit einer Stunde bat und flehte sie, schwor sie, bot sie sich ihm an, aber er war eiskalt und blieb es.

      Mort ritt in den Creek, der hier scharf nach Süden strömte und über einige Klippen durch felsiges Gelände abfiel. Anscheinend rechnete er schon für den Vormittag mit Verfolgern.

      »Mort, bring mich nicht um, bitte. Ich tue alles, was du willst, Mort.«

      »Du sollst still sein!« schrie er sie wütend an. »Rede, wenn du gefragt wirst, sonst halte die Klappe! Slade war Kopfgeldjäger, was? Der kommt uns bald nach, aber das ist sein letzter Ritt, sage ich dir. Ich blase sie um, einen nach dem anderen – und du ­siehst zu. Deine Killer können keine Zeugen brauchen, darum werden sie auch nicht zum Sheriff rennen, versuche mir das bloß nicht zu erzählen. Sie sollen uns eledigen, aber sie werden sich täuschen. Zuerst sie – dann du!«

      »Du willst mich erschießen, wenn sie uns verfolgen? Mort, hast du alles vergessen, was einmal war?« schluchzte sie auf. »Wie kannst du so grausam sein?«

      »Du glaubst, ich werde dich bald umbringen, was?« fragte er. Ihre Tränen rührten eher einen Stein als ihn. Er wußte zu gut, daß sie auf Kommando schluchzen konnte. »O nein, du wirst noch eine ganze Weile leben, viele Tage.«

      Irgend etwas ließ sie erstarren – die Grausamkeit vielleicht, die Tücke, die in seiner Stimme mitschwang. Es war, als wenn er nur mühsam sein Lachen unterdrückte, dieses irre Lachen, das ein paarmal über seine Lippen gekommen war, wenn er und Charly einen Blick gewechselt hatten.

      »Was – was heißt das?« keuchte Liza Palucco und schluchzte nicht mehr. »Mort, du willst mich nicht gleich – später, viel später? Wo denn, Mort?«

      »Wo?«

      Jetzt lachte er. Charly fiel in das Lachen ein und bog sich auf seinem Pferd. Das Gelächter ließ sie ahnen, daß sie eine Teufelei planten und er sich eine besondere Abscheulichkeit für sie ausgedacht haben mußte.

      »Wo?« schrie sie, »wo denn, Mort?«

      »Kennst du den Friedhof von Aguilar?« fragte er und grinste breit. »Wie war das damals, als du nach dem Kasten gegraben hast? Du hast keine Angst vor den Toten gehabt, he? Hättest mal die Steine von Miguel Servantes Grab nehmen und dann graben sollen. Du hättest zuerst eine dicke Bohle gefunden, gut zwei Fuß unter dem Kies. Und dann wäre dir Angst geworden, denn du hättest James Flemming ausgebuddelt, hähähä!«

      So hartgesotten sie war – sie zuckte zusammen und wurde kreidebleich.

      »Was – was?« stammelte Liza entsetzt. »Flemming – dort, dort habt ihr ihn…«

      »Und bei Theodora Gomez!« brüllte Charly heulend vor Vergnügen. »Da liegt Ellison! Wie war doch sein Vorname, Bruder Mort? Sie hätte ja auch nach Casa Blanca reiten und dort den Friedhof besuchen können. Dort hättest du Joe Chadwick gefunden. Hättest nur im Grab von Clara Monteja nachzusehen brauchen!«

      Das Grausen erfaßte die Frau, als sie die Dillons lachen hörte. Dort, dachte sie, dort – überall auf den alten Friedhöfen, überall in diesem Land haben sie…

      »John Ellison, John, du Affe!« brüllte Mort. »Er hieß doch John und hatte das Geld aus dem Verkauf seiner Rinder dabei. John hieß er, John! Nun ist Theodora nicht mehr allein, hähähä!«

      Liza wollte etwas sagen, doch die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Charly zeigte mit dem Finger auf sie und schrie vor Lachen, bis er ruhiger wurde und keuchte:

      »Mort, sag’s ihr doch! Sag’s ihr!«

      »Du meinst, sie freut sich dann, Charly?«

      »Ja, ja!« keuchte Charly Dillon. »Da hat sie Spaß, höhö!«

      »Gut, ich sag’s ihr, Charly, ich sag’s ihr! Liza, meine Teure, bist doch gern auf dem Friedhof gewesen, ja? Hast gierig nach unserem Geld gegraben, was? Du wirst wieder graben dürfen – an derselben Stelle. Gesellschaft für Juan Montenero, verstehst du?«

      Ihr war, als zöge sich ihr Magen zusammen und bliebe ihr Herz stehen. Jetzt wußte sie, warum sie sich angesehen und so verrückt gelacht hatten. Sie würde spurlos verschwinden und nie gefunden werden – genau wie die anderen Opfer, deren Zahl niemand kannte. Gesellschaft für Juan Montenero…

      *

      Charly schrie plötzlich, statt zu lachen. Das Pferd wieherte scharf.

      Was ist, dachte Mort und wandte jäh den Kopf. Warum schreit er denn? Schreit er jetzt schon, wenn er richtig Spaß hat?

      In derselben Sekunde achtete er wieder genauer auf den Weg.

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