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Demonstrativ verschränkte Lenni die Arme vor dem Oberkörper. »Und wenn er im Moment so viel Stress hat, braucht er erst recht gute Nerven und vernünftige Mahlzeiten.« Es war offensichtlich, dass die gute Seele des Hauses Norden nicht bereit war, sich in ihre Domäne reinreden zu lassen.

      Doch auch Felicitas verteidigte ihren Standpunkt energisch.

      »Tut mir leid! Aber die Ansicht, dass fetthaltige Nahrungsmittel wichtig für die Nerven sind, stammt aus alten Zeiten, in denen die Menschen ständig Hunger litten«, erklärte sie freundlich, aber mit Nachdruck. »Heutzutage laufen wir eher Gefahr, an einem Cholesterinschock oder Übergewicht zu sterben. Und dazu sind Eier mit Sahne und Käse die allerbeste Möglichkeit.«

      Diese Antwort bekam Lenni in den völlig falschen Hals.

      »Sie wollen mir doch wohl nicht unterstellen, dass ich dem Doktor Schaden zufügen will?« Ihre kleinen Augen funkelten gefährlich, und Felix überlegte, wie er sich möglichst unauffällig aus dem Minenfeld zurückziehen konnte, als er aus den Augenwinkeln den Wagen seines Vaters vorfahren sah.

      Blitzschnell traf er eine Entscheidung.

      »Ich bring mal schnell den Kompost weg.« Er bückte sich nach Lennis Eimer und lief damit davon.

      Doch die beiden Frauen waren so sehr in ihre leidenschaftliche Diskussion vertieft, dass sie ohnehin keine Notiz von ihm nahmen.

      »Felix, mein Sohn, was machst du denn da?« Nur wenige Augenblicke später begrüßte Daniel seinen Zweitältesten, der die Gartenabfälle gerade in den Kompost kippte. Die Verwunderung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Entschuldige, wenn ich das sage, aber das ist ein ziemlich ungewöhnlicher Anblick.«

      »Oh, ich dachte, ich mach mich mal nützlich.« Felix schnitt eine Grimasse und deutete mit dem Kopf in Richtung Terrasse. Die lauten Stimmen waren immer noch gut zu hören.

      Sein Vater wusste sofort, was er meinte.

      »Sag bloß, Fee und Lenni streiten sich?«, wunderte sich Daniel ehrlich.

      »An deiner Stelle würde ich heute auf das Omelette verzichten. Hier herrscht Gewitterstimmung.«

      »Komm schon, die beiden beruhigen sich schon wieder«, tat Daniel seine Hoffnung kund. Der Tag war lang und anstrengend gewesen, und er sehnte sich nach Ruhe und harmonischer Zweisamkeit. »Selten genug, dass wir zusammen zu Abend essen. Deine Geschwister sind doch hier?«

      »Anneka ist in ihrem Zimmer und schläft. Dési ist beim Tanzen und Janni mit seinem Longboard irgendwo draußen unterwegs«, zählte Felix bereitwillig auf. »Und ehrlich: Wenn Mum und Lenni weiter so streiten und keine von den beiden nachgibt, wird aus dem Abendessen mit ziemlicher Sicherheit ein Frühstück.«

      »... bitte ich Sie lediglich, in nächster Zeit ein wenig mehr auf vitaminreiche, fettarme Kost zu achten«, hallte Fees inzwischen deutlich aufgebrachte Stimme durch den Garten.

      Felix verdrehte die Augen.

      »Du hörst es ja selbst!«

      »Deine Mutter meint es ja nur gut mit uns«, nahm Daniel Norden seine Frau ohne Zögern in Schutz. Als er aber Lennis ebenso energische Antwort hörte, besann er sich eines Besseren. »Also gut, ich glaube, du hast recht. Lassen wir die beiden in Ruhe diskutieren. Was hältst du von Pizza bei Enzo?«

      Felix’ Augen leuchteten auf.

      »Und Tiramisu als Nachtisch?«, fragte er hoffnungsvoll.

      »Und Salat als Vorspeise«, mahnte sein Vater schmunzelnd.

      Felix lachte leise.

      »Ich bin dabei.«

      »Gut. Dann komm.« Daniel Norden versicherte sich noch einmal, dass weder Fee noch Lenni Notiz von ihm genommen hatten. Dann drehte er sich um winkte seinen Sohn mit sich. Gemeinsam schlichen sie zum Wagen, und Daniel ließ die Schlösser aufschnappen. Weiter kam er nicht.

      »Wo fahrt ihr hin?« Eine vorwurfsvolle Stimme ließ Vater und Sohn zusammenfahren.

      »Janni, wo kommst du denn her?« Daniel drehte sich zu seinem Jüngsten um.

      »Ich war Longboard fahren.« Der Junge deutete auf das Brett, das unter seinem Arm klemmte. »Was ist denn mit Mum und Lenni los?«

      »Oh, die beiden diskutieren über gesunde Ernährung. Dabei wollen wir sie nicht stören und haben beschlossen, inzwischen essen zu gehen. Was hältst du von Pizza?«, erkundigte sich Daniel augenzwinkernd bei seinem Sohn.

      Wie erwartet ließ die Antwort nicht lange auf sich warten. Fröhlich nahm Jan den Helm ab und warf ihn gemeinsam mit dem Board auf den Rücksitz. Blitzschnell kletterte er hinterher, und nur ein paar Minuten später waren die drei Norden-Männer auf dem Weg zu ihrem Lieblings-Italiener.

      *

      Während sich Dr. Norden und seine Söhne die Pizza schmecken ließen, diskutierten Felicitas und Lenni noch eine Weile. Doch nach und nach gingen ihnen die Argumente aus.

      »Na ja, vielleicht übertreibe ich es ja wirklich ein bisschen mit der gesunden Ernährung«, räumte Fee schließlich schuldbewusst ein. »Ich wollte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten.«

      »Schon gut. Ich war ja auch ziemlich störrisch«, lächelte Lenni zerknirscht. »Dabei haben Sie wirklich schöne Sachen eingekauft.« Sie reckte den Kopf und spähte noch einmal in den Korb. »So schöne, große Paprikaschoten hab ich lang nicht gesehen. Die machen sich gut mit einer Füllung aus Reis und Tomaten. Ganz kalorienarm!«, blinzelte sie ihre Chefin verschmitzt an.

      Fee, die inzwischen Hunger bekommen hatte, musste unwillkürlich an das Omelette denken.

      »Sagen Sie ... das Omelette haben Sie schon vorbereitet, oder?«

      »Alles fix und fertig. Wenn Sie wollen, mach ich schnell noch einen Salat dazu. Außerdem hab ich Vollkornbrot erstanden. Das ist viel gesünder als das aus Weißmehl.« Entschieden griff die Haushälterin nach dem Korb und machte sich auf den Weg ins Haus.

      Bevor Felicitas ihr folgte, warf sie einen fragenden Blick in den Garten.

      »Wo steckt eigentlich Felix? Und Daniel müsste doch auch längst hier sein«, fragte sie laut und folgte ihrer Haushälterin in die Küche, als Anneka in Jogginghosen und barfuß die Treppe hinunerkam.

      »Felix hat wahrscheinlich die Flucht ergriffen«, mutmaßte Lenni. »Und wie ich den Doktor kenne, macht er sicher mal wieder eine Extraschicht.«

      »Damit liegen Sie diesmal falsch«, korrigierte Anneka zur Überraschung der beiden Frauen diese Vermutung. »Felix, Dad und Janni sind zusammen weggefahren. Ich glaub, ihr habt sie ein bisschen verschreckt.«

      Lenni war in der Küchentür stehen geblieben und hatte den Korb auf den Boden gestellt.

      »O je, das wollte ich wirklich nicht.«

      »Ich auch nicht«, stimmte Felicitas schuldbewusst zu. »Aber sag, wie geht’s dir, mein Schätzchen?«

      »Mit den Schmerzmitteln von der Frauenärztin geht es«, erwiderte Anneka tapfer.

      Sie fühlte sich immer noch nicht richtig gut, wollte ihrer vielbeschäftigten Familie aber keine zusätzlichen Sorgen bereiten.

      Fee kannte ihre älteste Tochter allerdings gut genug und musterte sie prüfend.

      »Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist?«, hakte sie vorsichtshalber noch einmal nach.

      »Klar! Mach dir keine Sorgen, Mamilein.« Anneka dachte blitzschnell nach und legte die Hand auf den flachen Bauch. »Aber ehrlich gesagt habe ich einen Mordshunger. Hat Lenni nicht vorhin was von Omelette mit Salat gesagt?«, erinnerte sie sich glücklicherweise an das Gespräch vor wenigen Minuten. Auf keinen Fall wollte sie im Zentrum des Interesses stehen.

      Lenni indes ließ sich das nicht zwei Mal sagen.

      »In fünf Minuten können wir essen!«, verkündete sie eifrig und griff nach dem Korb, um tatendurstig in der Küche zu verschwinden.

      »Dann

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