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arme Bursche schrie mordsmörderisch«, setzte Concho seinen Bericht fort. »Der Sergeant warf eine Flasche nach meinem Kopf, der ich nach Kräften auszuweichen bemüht war, Sir. Zufällig wollte sich in diesem Moment gerade einer der Freunde des Halbohres auf mich werfen – von hinten, Sir! Dieser wackere Mensch bekam die Flasche des Sergeanten an den Kopf, weshalb er auch heute noch im Revier liegt, schätze ich. Es war eine ganz und gar unglückliche Sache, Sir. Einer der anderen frommen Iren wollte mir einen Stuhl auf den Kopf legen. Ich tauchte wohl etwas zu schnell nach unten, und so traf er statt meiner einen meiner Partner. Der brach sich den Arm, Sir – tut mir mächtig leid!«

      »Major«, schnaufte Hayes empört. »Mister Hurst vergißt zu erzählen, daß er den großen Spucknapf als Keule benutzte. Und dann rissen sie das alte Planwagenrad von der Decke, das im Saloon zur Verzierung angebracht war, und stülpten es vier Mann über die Köpfe. Damit nicht genug, versuchten sie den Sergeanten auf das Rad zu flechten – jedenfalls schrien sie, sie würden es tun, als die Streife vorbeikam.«

      *

      »Ah«, knurrte Forester. »Mister Hayes, und diese Einzelheiten kennen Sie, wie? Schon gut, Concho – komm heraus!«

      »Nicht ohne den da!« sagte Concho träge. Er deutete mit dem Daumen auf Mattare, der bewegungslos drüben vor der Pritsche stand. »Der kommt mit mir, Sir.«

      »Natürlich, ich brauche euch beide!« knurrte Forester bissig. »Ich komme gerade aus Fort McIntosh, Concho. Schöne Schweinerei passiert – alle Stationen alarmiert, überall Patrouillen unterwegs. Sinnlose Maßnahme, das Gesuche nach Greasern. Kennst du Garcia… Felice Ramondo Garcia? Sein Vater war Gouverneur von Nuevo Leon.«

      Concho Hurst zog die Brauen hoch.

      »Ich kannte ihn – vor dem Krieg«, murmelte er. »Mein Vater fuhr manchmal zu den Garcias. Sie hatten ziemlichen Einfluß auf den Handel in Nuevo Leon bis hinab zur Grenze. Er müßte jetzt – achtundzwanzig Jahre alt sein. Was ist mit ihm?«

      »Er hat eine kleine Armee Mörder und Halunken gesammelt, nennt sich General und macht die Gegend unsicher. Solange er das drüben tat, ging uns das nichts an. Der Kerl ist jedoch vor drei Tagen über die Grenze gekommen! Er hat fast sechstausend Dollar Armeesold kassiert und zwanzigtausend Schuß Munition gestohlen. Dazu siebzehn Pulvertonnen – volle, versteht sich! Lieutenant Ribbon liegt in Camp McAllen. Ob er durchkommt, weiß kein Mensch zu sagen.«

      Concho wechselte einen Blick mit Mattare. Der Chiricahua starrte ihn an, kniff ein Auge zu, führte die Hand zum Mund und legte sie danach an sein Ohr.

      »Was sagt er?« wollte Forester wissen. Er wußte wie jeder hier, daß Mattare keine Zunge mehr besaß.

      »Er fragt, ob jemand Garcia gesehen hat, oder ob ihr nur gehört habt, daß er es gewesen sein soll«, antwortete Concho Hurst knapp. »Was ist – hat ihn jemand erkannt?«

      »Der Sergeant des Sicherungskommandos«, gab Forester zurück. »Wir hielten ihm ein Bild Garcias vor, das wir aus einer alten Zeitung hatten. Kein Zweifel, daß er es war. Concho, du weißt, daß wir keine Truppen nach drüben schicken können!«

      »Aber Zivilisten, was?« brummte Concho trocken. »Möglichst Leute, die sich drüben auskennen, nehme ich an. Ich habe euch gegen die Mescalero-Apachen als Scout gedient, versuche aber seit einem Vierteljahr wieder, einen kleinen Handel aufzubauen. Verstehe mich richtig, Jim, ich bin Händler…«

      Mattares Blicke glitten hin und her. Einmal betrachteten sie Forester, dann wieder Hurst.

      »Ich weiß, daß du Händler sein willst«, knurrte Forester. »Komm schon raus da – wir reden unterwegs darüber. Ich soll dir etwas von General Howard bestellen – für den Fall, daß du dich um einige Dinge kümmern könntest.«

      Hurst schwieg, winkte Mattare, und sie verließen das Jail. Draußen schickte Forester den verkniffen wirkenden Hayes voraus, hielt Concho zurück und sah sich um.

      »Nun paß mal gut auf«, murmelte er leise. »Ich verdanke dir eine solche Menge, daß ich meine Schuld niemals abtragen könnte. Wenn du mich damals nicht verbunden und meinen Leuten Nachricht geschickt hättest, wo sie mich holen sollten…«

      »Hör doch davon auf«, schnitt ihm Concho das Wort ab. »Was willst du?«

      Forester seufzte, sah weg und brummte: »Ich will gar nichts, hol’s der Teufel. Der General will was. Hör dir aber erst an, was er tun würde, wenn du auf seinen Vorschlag eingehen solltest. Du hast mir erzählt, du würdest liebend gern wieder Handel mit Mexiko treiben wie dein Vater. Du hast aber auch gesagt, daß das im Grund nicht möglich wäre, solange der Bürgerkrieg drüben tobt. Nun – es gäbe eine Möglichkeit für dich, doch Handel zu treiben. Wir könnten dich unterstützen – wir, verstehst du?«

      »Die Armee?« fragte Concho Hurst verstört. »Wie das, Jim? Seit wann treibt die Armee Handel?«

      Forester lächelte dünn.

      »Nicht direkten Handel, verstehst du? Offiziell tun wir gar nichts, wir halten uns aus dem Krieg drüben raus. Was so an Gerüchten umläuft, kennst du ja, wie? Vielleicht sind diese Gerüchte wahr – verstehst du? Wir könnten, wenn diese Nachrichten stimmen, alles nach drüben liefern. Waffen, Verpflegung, Zelte… alles, was ein Land braucht. Dazu hätten wir einen Mann nötig, der sich drüben auskennt und dem wir vertrauen können. Wir würden dafür sorgen, daß dieser Mann seinen Handel fast ungestört führen kann.«

      »Mit Juarez und dessen Leuten?« fragte Hurst erstaunt. »Und wenn nun euer Juarez verliert? Gegen seine Horden aus Yaqui-Indianern, Peones und landlosen Leuten kämpfen gutausgebildete europäische Truppen. Wenn Frankreich noch mehr Soldaten schickt, wenn die Österreicher dasselbe tun, dann…«

      »Sie werden nichts tun«, murmelte Forester gedämpft. »Im Gegenteil, wir haben sichere Nachrichten, daß sie im Verlauf eines Jahres alle Truppen abziehen wollen. Juarez wird gewinnen, und der Mann, der ihm jetzt hilft, wird eines Tages eine Menge Freunde in Mexiko haben. Nehmen wir an, wir machten dich zu diesem Mann?«

      »Und wenn eure schöne Rechnung nicht aufgeht?« zischte Hurst. »Dann wäre ich der bestgehaßte Mann in Mexiko!«

      »Sie geht auf – und wenn wir Truppen landen müßten, wie wir es schon einmal getan haben!« erwiderte Forester hart. »Was, zum Henker, haben Europäer in Amerika verloren, frage ich dich. Wozu haben wir die Briten aus unserem Land gejagt? Um jetzt als Nachbarn Franzosen und Österreicher zu bekommen? Juarez wird siegen – und du könntest der Mann sein, der ihm dabei hilft. Um freie Nachschubwege zu haben, müßte jedoch Gesindel wie Garcia verschwinden. Wir leben in ständiger Angst, daß einer unserer Transporte von einer dieser Banden überfallen werden könnte. Juarez kann uns keine Truppen zur Begleitung der Transporte stellen, er braucht die in Coahuila und in Mittelmexiko. Seine Truppen hier sind schwach, schlecht bewaffnet, kaum fähig, mit Banden fertigzuwerden, die überall wie Pilze aus dem Boden schießen. Jemand muß Garcia aufstöbern, ehe der Kerl sich mit dem gestohlenen Geld einen Haufen Banditen zusammensucht, sich Waffen verschafft und zur tödlichen Gefahr für unsere Transporte wird. Natürlich suchen auch die Leute von Juarez nach ihm, aber Garcia kennt die Berge wie kaum jemand. Wir haben zwei­tausend Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt. Na?«

      Concho Hurst sah fort. Handel, dachte Concho grübelnd. Handel wie früher, gesicherte Wege… alte Freunde sehen, wenn sie noch leben.

      Mattare stieß einen Kehllaut aus, tief, gurgelnd – die einzigen Laute, die er von sich geben konnte. Concho sah ihn an.

      »Was meinst du, Mattare?«

      Der Chiricahua legte je zwei Finger schlitzförmig geöffnet vor die Augen. Dann deutete er nach Westen und beschrieb einen Halbkreis, ehe seine Hand zu Boden wies und seine Finger sich so bewegten, als ginge jemand in eine bestimmte Richtung.

      »Was sagt er, Concho?«

      »Er meint, wir sollten es riskieren«, brummte Concho mürrisch. »Ich sollte an später denken, sagt er. Mein Vater hätte sein gutes Auskommen gehabt und wäre heute bestimmt ein wohlhabender Mann, wenn er den Handel nur Schritt für Schritt

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