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Mann des Begleitkommandos sahen, wie der Mexikaner einen wuchtigen Hieb mit dem Gewehrkolben führte und der Sergeant hintenüber flog. Er knallte in den Staub, blieb liegen. Sein Hut war davongeflogen, seine kurzgeschnittenen Haare klafften auseinander.

      »Estupido!« knirschte der Greaser wütend.

      Aus den Haaren des Sergeanten lief Blut auf den Weg.

      Jetzt konnte ihm kein Mensch einen Vorwurf machen. Er hatte es wenigstens versucht, wenn er auch gescheitert war.

      Die anderen blickten erstarrt zu ihrem Sergeanten hin.

      »Absteigen… schnell!«

      Jetzt war niemand mehr da, der ein Kommando gegeben hätte. Es war auch aussichtslos, sie hatten keine Chance. Einer nach dem anderen stieg von Pferd und Wagen. Man trieb sie auf die Seite, man jagte sie auf die Büsche zu und nahm ihnen alles ab, was sie besaßen – Geld, Uhren, Ringe – alles. Selbst Federmesser wechselten den Besitzer. Dabei ging alles schnell – so schnell, daß die Männer kaum zur Besinnung kamen und sich plötzlich auf dem Weg in die Büsche wiederfanden. Man jagte sie unter Bewachung immer weiter.

      Die Greaser hockten auf den Armeepferden, fuchtelten mit Gewehren und Machetas über ihren Köpfen und schrie immer wieder: »Adelante – vorwärts, schnell, lauft!«

      Sie liefen, Angst im Nacken, daß die Greaser sie doch noch töten würden, immer weiter, bis zwischen die verstreut stehenden Büsche in irgendeiner Senke. Irgendwann glaubten sie das Knarren von Rädern, das Knallen von Peitschen zu hören.

      »Eh – ihr hierbleiben!« schrie einer der Greaser und schlug dem First Corporal die flachgehaltene Machetaklinge über den Kopf. Der First Corporal brach in die Knie, die Greaser lachten schallend und höhnisch. »Ihr euch nicht rühren, sonst alle tot, wenn kommen!«

      Mit der Drohung rissen sie die Pferde herum und jagten davon, zurück an den Weg, an dem es nichts mehr zu sehen gab – keinen Lieutenant, keinen Sergeanten, keinen Wagen. Nur ein paar Blutflecken waren noch da und schillerten wie dunkles Öl in der Sonne.

      Über diesem schmalen Weg zwischen den Hügeln lag Charlton, das Mädchen neben sich, dessen Bluse drei Knöpfe weit offen war, so daß Charlton den Ansatz ihrer strammen braunen Brüste sehen konnte.

      »Soldados americanos«, sagte Maddalena verächtlich und spuckte einfach aus. »Was sind das für Soldaten, eh? Und sie haben unsere Truppen einmal besiegt – diese Männer? Sie können nicht kämpfen, sie sind feige!«

      Charlton stand auf und schüttelte den Kopf.

      »No«, sagte er halblaut. »Das verstehst du nicht, Maddalena. Sie sind nicht feige, sie sind nur nicht verrückt genug, umsonst zu sterben!«

      »Pah – Feiglinge!« erwiderte sie verächtlich. »Kämpfen nicht. Wir hätten gekämpft!«

      »Sicher«, murmelte Charlton. »Das hättet ihr. Und dafür wäret ihr nun alle tot. Das ist der Unterschied zwischen euch und uns – wir kämpfen immer nur dann, wenn wir eine Chance sehen, wenn es sich lohnt. Das verstehst du nicht, wie?«

      »No«, sagte sie herb und enttäuscht. »Warum kämpfen sie nicht? Man kann nur einmal sterben, Amigo!«

      »Es ist nicht gleich, wann man stirbt und wie.«

      Sie sah ihn kopfschüttelnd an, nichts als Verständnislosigkeit in den dunklen Augen.

      »Ich begreife euch nicht – ihr seid so anders. Warum seid ihr so? Ihr gebt kampflos drei Wagen auf… warum?«

      »Weil sich Wagen ersetzen lassen – Menschen nicht.«

      »Es gibt so viele Menschen!«

      »Ja«, sagte Charlton. Er wußte nicht, wie er es ihr beibringen sollte. Sie dachte anders. »So sind wir nun mal – ich auch.«

      »Du nicht, du bist stark, Louis.«

      »Stark?«

      Er zuckte die Achseln. Sie griff nach seiner Hand und lief mit ihm los wie eine Gazelle über Stock und Stein hinunter zu den Pferden. Bei den Sprüngen preßte sich der flatternde Leinenstoff gegen ihre schlanken, langen Schenkel. Ihre Brüste hüpften unter der dünnen Bluse wie zwei junge Rehzwillinge.

      Wildkatze, dachte er. Unvorstellbar, daß du einmal in einem Haus mit Dienern gelebt haben sollst.

      *

      Sie sah ihn mit blitzenden Augen an und riß ihn mit sich fort.

      »Komm, Louis!«

      Ihre langen schwarzen Haare flatterten wie eine Fahne, ihre Muskeln federten durch und trugen sie leichtfüßig zu den Wagen hinab.

      »Patronen!« knurrte Felice Garcia ihnen entgegen. »Im Wagen mit der Plane…, nur Patronen und Pulver. Da ist die Kiste, Louis!«

      Sie hatten den Lieutenant, den Third Corporal und den Sergeanten bei der Fahrt einfach zwischen die Büsche geworfen. Jetzt schleppten sie die Kiste aus dem Transportwagen und stellten sie vor Garcia hin. Der ließ sich ein Beil geben und schlug auf die beiden Schlösser ein. Danach starrten sie alle auf das Geld.

      »Louis, wieviel?«

      »Hmm«, machte Charlton. »Fünftausend Dollar – vielleicht etwas mehr. Felice, mach schnell, ihr müßt verschwinden. Eine Armeesoldkasse stehlen, das vergessen sie euch niemals!«

      »Pah, sie kommen nicht so schnell«, lachte Garcia. »Was sagst du, kostet ein gebrauchtes Gewehr? Fünfzig Dollar? Gut, das wären hundert Gewehre, aber ich will eine Kanone haben, ich muß eine Kanone haben, verstehst du?«

      Eine Kanone! dachte Charlton, der und eine Kanone! Er muß verrückt sein. Nun gut, soll er sich eine besorgen, kaufen kann er sie nicht, also muß er irgendwo einen Überfall machen.

      »Du kannst sie doch bedienen, Louis?«

      »Sicher«, sagte Charlton kurz. »Das ist nicht weiter schlimm. Ich bin daran ausgebildet worden, ehe ich zu der Transportkompanie versetzt wurde – ich war Kanonier.«

      »Gut – wir werden uns eine Kanone besorgen, Louis. Eh, nimm Maddalena, reite voraus!

      Garcia starrte ihnen nach und grinste. Eine Kanone, dachte er, damit schieße ich alle tot! Ich, General Felice Ramondo Garcia, will eine Kanone haben. Dann kann ich mit einem Schuß hundert Gegner töten. Ich kämpfe gegen alle – gegen kaiserliche Truppen und die von Benito Juarez. Ich werde eines Tages Gouverneur von Nueva Leon sein – oder noch mehr – ich, Felice Ramondo Garcia!

      Charlton ritt, sah das Mädchen an, schwieg aber. Er würde niemals allein sein, das wußte er. Sie kam mit, wohin es auch immer ging.

      »Du wirst ihm helfen, Louis?«

      »Ja«, antwortete er dünn. »Sicher…«

      Sie lachte kichernd und drängte ihr Pferd näher.

      »Du wirst sie mit der Kanone alle erschießen – die Juaristas und die Maximilianos, alle, ja?«

      »Nun ja, wenn ich kann?«

      »Du wirst können – mit mir kannst du alles, weißt du? Wir werden leben – wir beide…, immer zusammen!«

      Er sagte nichts, sah weg.

      »Wenn wir nicht zusammen leben können, werden wir zusammen sterben, hörst du?«

      »Ja, ich höre!«

      So was! dachte Charlton. Ich werde sie nie mehr los. Sie ist verrückt nach mir. Ich dachte nie, daß ein Girl jemals so verrückt nach mir sein könnte. Dabei weiß sie doch, was ich getan habe. Ich habe zwei meiner Kameraden umgebracht. Wenn sie damals mitgemacht hätten…

      »Louis!«

      Charlton fuhr zusammen und schreckte hoch.

      »Louis, was werden sie tun, deine Freunde von der Armee?«

      »Gar nichts«, brummte er. »Sie haben Befehl, niemals über die Grenze zu gehen. Ich hab’s Felice

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