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die bewundernden Blicke der Passanten und freute sich, wenn sie als Frau und Tochter des Dirigenten Ossiander erkannt und dementsprechend hofiert wurden.

      Nach fast zwei Stunden steuerten die beiden, vollbepackt mit Einkaufstüten auf ein stadtbekanntes Café zu.

      Claudia bemerkte, daß ihre Mutter zur Uhr sah.

      »Das wird spät für dich, wie?« erriet sie. »Heute abend gehst du doch zu Papas Konzert, nicht? Wenn’s knapp wird, verzichte ich aufs Eis. In Italien gibt’s ja genug davon?«

      »Nein, nein, die Zeit muß sein. Ich hab’s dir versprochen.«

      »Fein«, freute Claudia sich. »Aber ich muß Silke anrufen. Die wartet sonst.«

      »Das machst du im Café«, entschied Annalena und schritt eilig auf einen freien Tisch zu.

      Claudia bekam ein Eis serviert, Annalena bat um einen Fruchtdrink. Um sie herum versammelten sich vergnügte Gäste, man rief sich Grüße und Wünsche für die Ferienzeit oder das nächste Wochenende zu und sowie ein Platz frei wurde, stand schon der nächste Anwärter bereit.

      Claudia war mit ihrer Schleckerei so beschäftigt, daß sie den lässig gekleideten Herr, der sich ihrem Tisch mit erwartungsvollem Lächeln näherte, gar nicht bemerkte.

      Erst als er überrascht ausrief: »Hallo, Annalena, was für ein wunderbarer Zufall, dich hier anzutreffen!« sah sie auf.

      Ein freundliches Männergesicht wandte sich ihr neugierig zu. Das offene Lächeln war gewinnend, der Blick verriet verschmitzte Lebensfreude und herzliche Aufmerksamkeit.

      »Ja, ein netter Zufall!« hörte sie ihre Mutter zustimmen.

      »Claudia, das ist Wolfgang. Wolfgang Bosch, ein Freund von Bekannten. Wir kennen uns schon länger. Willst du dich nicht setzen, Wolfgang?« bot sie ihm dann gleich an.

      Wolfgang Bosch setzte sich, dann reichte er Claudia die Hand. Mit einem verlegenen Gesicht griff sie danach. Er war ihr nicht unsympathisch, aber es war ihr irgendwie unangenehm, daß ihre Mutter einen Mann, den sie noch nie gesehen hatte, einfach duzte.

      »Einkäufe für den Urlaub, wie?« erriet er. »Oder verspätete Geburtstagsgeschenke? Und? Freut sich eine junge Dame von gerade elf Jahren auf die Ferien, wie ich es als Schüler tat?«

      »Klar!« sagte Claudia schnell, obwohl es doch gar nicht so war.

      »Claudia«, verriet ihre Mutter mit besonders weicher Stimme, »langweilt sich manchmal in unserem Haus an der Adriaküste.«

      »Das kann ich verstehen.«

      Claudia sah ihn an. Er hatte wache Augen von undefinierbarer Farbe. »Das glaub’ ich nicht. Sie sind doch schon… na ja… also…«

      »Alt, nicht wahr?« lachte er. »Du meinst, ich bin zu alt, um verstehen zu können, wie ein Einzelkind sich im Urlaub ohne Spielkameraden langweilt?«

      »Genau.«

      »Claudia!« schalt Annalena sie. »Wie taktlos von dir!«

      Claudia blickte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Aber Wolfgang Bosch war kein Spielverderber. Er blinzelte ihr voller Verständnis zu, bis sie lachen mußte.

      »Sind Sie jünger als mein Vater?« fragte sie.

      Er nickte amüsiert, aber nicht ohne Stolz. »Ich denke, ja.«

      Annalena schüttelte den Kopf. »Was du nur für Fragen stellst, Claudia!«

      »Na und? Ich kenn’ den doch gar nicht. Und was ist? Darf ich jetzt aufstehen und telefonieren? Oder ist das auch taktlos?«

      »Natürlich nicht.« Annalenas schöngeschwungene Lippen wurden plötzlich ganz schmal.

      Claudia verschwand. Wolfgang Bosch wandte sich sofort ihrer schönen Mutter zu.

      »Sie ist im schwierigen Alter, Liebling. Sei nicht so streng.«

      »So, dann gefällt dir meine Tochter wohl?«

      »Natürlich! Sie ist genauso, wie ich sie mir vorgestellt habe. Ganz ihre Mutter, nur noch nicht so hinreißend weiblich.« Er nahm ihre Hand, und sein Blick erfaßte sie voller Ungeduld. »Du hast ihr also noch nicht verraten, was uns verbindet und was du vorhast?«

      »Unmöglich! Das kann ich doch nicht, Wolfgang! Ein falsches Wort von mir, und sie vertraut sich Fabian an!«

      »Wie du es planst, wird es richtig sein«, meinte er, nahm ihre andere Hand und hauchte auf beide einen Kuß.

      *

      Fabian Ossiander zog mit seinem Taktstock eine scharfe Linie durch die Luft, dieser Bewegung folgte eine kurze Geste, die in ein Verbeugen seines Oberkörpers überging. Der letzte Akkord verhallte.

      Er legte den Taktstock beiseite und griff in seine Hosentasche, um ein blaugepunktetes Tuch hervorzuziehen. Damit wischte er sich über den Nacken, so daß die leicht gekräuselten, dunklen Haare ganz durcheinander gerieten.

      Es störte ihn nicht. Mit gefälligem Lächeln blickte er auf die Musiker des Staatsorchesters, bis die mit ihren Instrumenten den Lärm machten, die Bewunderung und Dankbarkeit für seine Führungsqualitäten zum Ausdruck brachte. Natürlich, alle respektieren seine Geduld, sein Feingefühl und vor allem seine Genialität.

      Es war heiß an diesem Nachmittag. Abends würde es hoffentlich kühler sein. Aufatmend bewegte er sich vom Pult herunter und wandte sich nur kurz dem riesigen Oval voller Sitzreihen zu. Wie immer bei seinen Proben ließ er nur auserwählte Persönlichkeiten als Zuhörer zu. Weiter hinten allerdings drängten sich Neugierige. Unter denen befanden sich viele seiner Fans, die sich die teuren Abendkarten nicht leisten konnten.

      Bevor Fabian im Gang verschwand, der in die unterirdischen Räume führte, winkte er einmal huldvoll hinüber. Gleich danach, in der dürftig eingerichteten Garderobe, würde er endlich für wenige Minuten er selbst sein.

      »Fabian!« Eine weibliche Stimme erreichte ihn gerade noch, bevor er wegtauchen konnte. Er sah sich um.

      »Fabian!« wiederholte die Stimme. Es klang wie ein hingebungsvoller Seufzer.

      Mit wenigen Schritten hatte Wiebke Lohmer ihn eingeholt. Die Anwältin war anfang vierzig und eine sehr selbstbewußte und energische Frau, die ihren knabenhaften Typ elegant zu betonen wußte.

      »Du warst mal wieder phänomenal, Fabian! Hast du mich nicht bemerkt? Ich saß links in der dritten Reihe. Natürlich habe ich dir nicht mal zugezwinkert«, meinte sie kokett. »Ich weiß doch, daß du von Frauen Diskretion erwartest.«

      Mit seinen vierzig Jahren war Fabian kein junger Mann mehr, aber immer, wenn eine Frau Verständnis für ihn bewies, schwellte sich seine Brust wie die eines Jünglings. Er war für jede Art von Bewunderung empfänglich und genoß es, wenn Frauenblicke ihn verschlangen.

      Die Anzeichen seiner Erschöpfung verflogen im Nu. Wiebke Lohmer stand ihm seit einigen Jahren als Juristin mit Rat und Tat zur Seite. Als Anwalt hatte sie ihm allerdings einen tüchtigen Kollegen empfohlen, denn sie wußte, eine zu enge berufliche Zusammenarbeit würde ihre persönliche Beziehung zu Fabian nur belasten.

      So beschied sie sich mit andern Hilfeleistungen und hatte schon einige Male dafür gesorgt, daß Fabian ganz unbehelligt von seiner Familie und Managern ein stilles Wochenende abseits des Trubels verbringen konnte. Ob er dann über Nacht allein blieb war ihr nach außenhin gleichgültig geblieben. Viel wichtiger war ihr, daß Fabian ihr immer zu Dank verpflichtet war.

      »Was machst du heute abend nach dem Konzert?« fragte sie jetzt. Dabei stellte sie sich in Positur, damit er ihre perfekt gestylte Erscheinung beachten konnte.

      Fabian lächelte gequält. »Annalena kommt zum Konzert. Danach wird sie mich bald nach Hause schleppen. Du weißt doch, sie beschwert sich in letzter Zeit oft, daß ich kaum Zeit für Claudia habe.«

      »Claudia, deine Tochter? Mein Gott, die ist doch ein Kind. Hat sie keine Freunde?«

      Er stutzte. Über so was

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