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von Notwendigkeit bezeichnen könnte.“ Konsistenz bzw. logische Notwendigkeit eines Satzes sei nicht eine Art von Möglichkeit (wie physikalische Notwendigkeit), sondern vielmehr eine Voraussetzung dafür, dass etwas ein wahrer Satz sein kann.

      Markus Gabriel vertritt mit seinem „Neuen Realismus“ einige falsche Ansichten. Er meint, dass es die Welt nicht gibt. Die Welt definiert sich jedoch als alles oder als die Wirklichkeit. Seine Aussage ergibt bei letzterem also nur insofern Sinn, als dass wir die Wirklichkeit nur annehmen. Er meint es gibt Dinge die nicht zum „materiell-energetischem Universum“ (also der Wirklichkeit) gehören, wie z.B. die Gesetze der Physik. Abgesehen von Bewusstsein erscheint diese Annahme unsinnig. So existieren die Gesetze der Physik nicht als eigenständiges Ding einer Seinsform anderer Natur, sondern sind (je nach Definition) entweder die Informationen, die in Form von Sprache als WI oder BI existieren, und die die Bewegungen von WIen beschreiben, oder es sind die Bewegungen selbst bzw. die Veranlagungen der WIe sich auf bestimmte Weise zu bewegen (wobei diese Veranlagungen selbst nur physikalische Zustände sind). Gabriel kritisiert am Konstruktivismus, dass wenn das Gehirn die Welt konstruiert, es sich auch selbst mit konstruieren müsse. Das ergibt natürlich keinen Sinn. Die Idee des Konstruktivismus ergibt also nur insofern Sinn, als dass man die Welt inklusive Gehirn als existent annimmt, und das Gehirn dann ein Abbild oder eine Repräsentation der Welt konstruiert. Ein Argument des Konstruktivismus ist, dass das Gehirn die rohen Sinnesdaten ver- und bearbeitet, bevor sie uns als BI erscheinen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass wir die Formen unserer Wahrnehmung als existent annehmen, weil sie uns aus zahlreichen Gründen genau so erscheinen (sie verändern sich kontinuierlich und regelhaft nach den (angenommenen) Gesetzen der Physik und sie halten unterschiedlichen wissenschaftlichen (Wahrnehmungs-)Methoden stand).

      Gabriel verneint, dass wir immer nur lokale Ausschnitte der Wirklichkeit durch unser Gehirn verarbeiten und dass die Physik aus unserer kognitiven Nische auf das Universum schließt. Aber genau das scheint doch offensichtlich der Fall zu sein, denn unsere Sinnesorgane und unsere wissenschaftlichen Geräte können immer nur einen räumlich begrenzten Ausschnitt der Wirklichkeit erfassen, und dass die physikalischen Gesetze im ganzen Universum gelten, bleibt eine geschlussfolgerte Annahme. Stattdessen meint er, dass „unser kognitiver Apparat bis zur Grenze des Universums reicht“. Er meint die Physik ist im Stande die Grundstrukturen unseres Universums so zu erfassen wie sie sind. Dieser Fakt ist jedoch nur einen Annahme. Denn bevor wir annehmen, dass unsere physikalischen Gesetze wahr sind, nehmen wir an, dass es eine Wirklichkeit gibt, welche bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgt. Eine physikalische Theorie kann sich auch als falsch herausstellen. Gleiches gilt z.B. für bloße visuelle Wahrnehmung. (Gabriel meint, dass wir die Dinge so erkennen können, wie sie sind.) Bevor wir annehmen, dass ein Gegenstand genauso aussieht wie wir ihn wahrnehmen, nehmen wir an, dass überhaupt ein Gegenstand existiert und ein bestimmtes Aussehen (eine Form) hat. Dabei sind wir uns dieser zugrundeliegenden Annahme sicherer als bei der Annahme über das konkrete Aussehen. Gabriel meint, dass unsere visuellen Eindrücke gleich sind mit dem Aussehen von Dingen. Jedoch trifft dies nur bezüglich der Form der Dinge zu, und nicht bezüglich ihrer Farben. Für Gabriel scheint die Form der Dinge abhängig davon zu sein, wie sie von Subjekten wahrgenommen werden. Die Frage, wie die Dinge wirklich aussehen, hält er für unsinnig. Die Theorie der Wirklichkeit besagt aber gerade, dass die WIe unabhängig von der Wahrnehmung durch Subjekte existieren. Diese Annahme ist grundlegender als die Annahme (innerhalb der Theorie der Wirklichkeit), dass dann ein WI tatsächlich so aussieht, wie wir ihn wahrnehmen. Grundlage für all unsere Annahmen über die Wirklichkeit sind natürlich nur unsere Wahrnehmungen, denn ohne diese wäre unser Geist leer. Aber trotzdem können wir annehmen, dass ein Ding anders aussieht als wir es wahrnehmen. Er meint, dass „unser Denken und das Sein der Wirklichkeit sich fundamental in einer Kontinuität befinden“, und dass „wir nicht in Erkenntnisblasen sitzen aus denen wir nicht so richtig raus kommen“. Es ist richtig, dass wir unserer normalen, gesunden Sinneswahrnehmung vertrauen können, was mit ersterer Aussage gemeint ist. Aber die Bedeutung der zweiten Aussage, dass jeder nur seine Wahrnehmungen bzw. BIe hat und von der restlichen Welt nichts mit Sicherheit weiß, ist fundamentaler, also von grundlegenderer Richtigkeit, denn die Wirklichkeit und die Übereinstimmung von Wahrnehmung und Wirklichkeit wird nur angenommen.

      Er meint, dass „wir nicht hinter unseren Augenhöhlen sitzen und auf die Wirklichkeit schauen die ganz anders sein kann als sie uns erscheint“. Ersteres ist jedoch fester Bestandteil der Theorie der Wirklichkeit. Unser Denken findet im Gehirn statt. Und die Wirklichkeit kann insofern ganz anders sein als sie uns erscheint, als dass wir mit der Theorie der Wirklichkeit ebenfalls annehmen, dass wir bloß Wahrnehmungen der Wirklichkeit haben. Da die Gehirnzustände dieser Wahrnehmungen ein eigener WI ist, ist nicht klar, dass er andere WIe korrekt abbildet, was auch immer das heißen mag. Wir nehmen jedoch wie gesagt an, dass die Formen (bzw. Kontraste) die wir sehen tatsächlich der Wirklichkeit entsprechen. Insofern nehmen wir also wirklich an, dass die Wirklichkeit nicht anders sein kann als sie uns erscheint.

      Für Gabriel ist Wahrheit unabhängig vom menschlichen Verstand. Was er damit wahrscheinlich eigentlich meint ist, dass WIe unabhängig von menschlichen Verstand existieren. Wahrheit wäre für ihn also die bloße Existenz von etwas. Solch ein Wahrheitsbegriff ist jedoch überflüssig und nicht der tatsächlichen Verwendung des Begriffs entsprechend. Sinnvoller ist der Begriff der Wahrheit als eine Beziehung zwischen Verstand und Welt. Er meint das Wahrheit das Zutreffen von Eigenschaften auf einen Gegenstand ist. Vereinfacht man die redundante Dopplung in dieser Definition wäre Wahrheit das Zutreffen von Existenz (z.B. statt der Ball ist blau nur noch da ist ein Ball). Gabriel vergisst also die Beziehung zwischen der Welt und dem abbildenden Verstand und bleibt bei der trivialen Erkenntnis, dass Wahrheit das ist, was der Fall ist. Er meint, dass wir Erkenntnisse nicht konstruieren wie nach dem Konstruktivismus, sondern entdecken, weil die Welt schon vorher so war. Wir konstruieren jedoch insofern, als dass wir die Wirklichkeit nur annehmen. Betrachten wir die Wirklichkeit allerdings als existent, so wie wir es normalerweise tun, sind all unsere Erkenntnisse über sie natürlich nur Entdeckungen. Gabriel verwendet auch den Begriff des Wissensanspruch, der nichts anderes bedeutet, als dass man annimmt, dass etwas Wissen bzw. wahr ist.

      Gabriel meint, dass Denken ein Sinn ist (Vortrag: Markus Gabriel – Denken als Sinn). Denken ist jedoch immer nur das Reflektieren von Sinneswahrnehmung. Ohne Sinneswahrnehmung gibt es keine Gedanken, umgekehrt jedoch schon. Und Denken soll auch nicht wie Sinneswahrnehmung nur abbilden oder repräsentieren, sondern ständig verarbeiten, also neu kombinieren. Gabriel meint, dass unsere Wahrnehmung keine Brücke schlagen muss zwischen Wahrzunehmenden und Wahrnehmungsprodukt, sondern dass sich die Wahrnehmung schon am selben Ort wie ihr Gegenstand befindet. Dies ignoriert jedoch völlig die physische Realität, in der Gegenstand und Gehirnzustand voneinander getrennt sind und nur durch einen Wahrnehmungsprozess einander beeinflussen.

      Wie auch Gabriels Neuer Realismus vernachlässigen Bewegungen wie der Spekulative Realismus oder die objektorientierte Ontologie, dass alles was wir erleben, nur BIe sind. Von der (angenommenen) Wirklichkeit erfahren wir nur durch (angenommene) Wahrnehmungen. Dennoch ist es wie im ersten Kapitel und im Kapitel Theorie der Wirklichkeit als angenommene Wahrheit beschrieben sinnvoll, die Wirklichkeit nicht nur als Annahme zu betrachten, sondern als tatsächlich existent. Nach der objektorientierten Ontologie gibt es nicht nur eine relationale Kluft zwischen Mensch und Objekt, sondern auch zwischen allen Objekten oder Entitäten. Subjekte hätten kein kognitives Primat gegenüber den Beziehungen der Objekte zu anderen Objekten. Dies ist jedoch letztendlich nur die triviale Erkenntnis, dass der Mensch nur WI in einer Wirklichkeit wie jeder andere auch ist, und nach den Regeln der Physik mit ihr interagiert. Die besondere Stellung des Menschen bleibt jedoch insofern bestehen, als dass rein rational gesehen die Wirklichkeit nur eine Annahme ist, und wir uns die Kluft zwischen BI und WI selbst schaffen, indem wir die Existenz des WIes annehmen. (Bezüglich des kognitiven Primats und der gesonderten Stellung des Subjekts: Wie auch später im Kapitel über Information besprochen kann die Definition davon, was als Information bzw. als „kognitiv“ gilt beliebig weit gefasst werden, da als kognitiv alles gelten kann, was auch nur entfernte Ähnlichkeit mit den Gehirn und der Sinneswahrnehmung des Menschen hat. So wird bei der objektorientierten Ontologie der Wahrnehmungsprozess des Menschen, weil er auch nur aus Physik

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