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seine Konten zu spülen. Zur richtigen Zeit die richtige Idee, das war immer seine Philosophie gewesen. Man musste den Augenblick erkennen und die Chancen, die in ihm noch verdeckt schlummerten, zum Vorschein bringen.

      Andere hielten das für eine besondere Gabe. Eine Art Visionärs-Gen, das nur wenigen eigen war. Für Arthur Rollins war eher unverständlich, dass nicht alle erkennen konnten, was er erkannte.

      Im Gegensatz zu vielen anderen jedoch, die auf ähnliche Weise zu Reichtum gekommen waren, hatte Rollins Geld nie viel bedeutet. Es war Mittel zum Zweck und so leicht er es gewonnen hatte, so leichtsinnig war er auch bereit, es wieder aufs Spiel zu setzten.

      Die Vision war für ihn entscheidend. Und die Vision, die ihn von Kindesbeinen an fasziniert hatte, war untrennbar mit Reisen zu den Sternen verbunden.

      Es hatte den Flug eines Schiffs zur Wega gegeben. 26 Lichtjahre breit war der Abgrund, der bis dorthin überwunden werden musste und weshalb sich die Kolonisten ausgerechnet die Wega ausgesucht hatten, war Rollins schon immer schleierhaft gewesen. Die Tatsache allein, dass man dort das Vorhandensein mehrerer erdähnlicher Planeten nachgewiesen hatte, konnte es allein nicht sein, denn erstens war die Wega nicht die einzige Sonne, bei der man ähnliches vermutete und zweitens waren solche Ortungen auf eine Entfernung von mehreren Lichtjahren immer nur so etwas wie begründete Vermutungen. Was man wirklich vorfand, konnte man immer erst sagen, wenn tatsächlich ein Raumschiff vor Ort war und auf der jeweiligen Welt landete.

      In der Anfangszeit der menschlichen Raumfahrt im zwanzigsten Jahrhundert hatte es selbst bei Planeten in unmittelbarer Nachbarschaft der Erde erhebliche Überraschungen gegeben, als man es endlich geschafft hatte, Sonden auf die Oberfläche des Mars oder in die tieferen Schichten der Venus-Atmosphäre zu senden...

      Die Ungewissheit ließ sich also niemals ausschließen. Sie war zwangsläufig die Begleiterin aller Kolonisten.

      Dass die Wega früher ein Ziel extrasolarer Kolonisten geworden war als Systeme wie Sirius oder Tau Ceti, die viel näher lagen, hatte wohl etwas mit einer ganzen Anzahl von Rohstoffen zu tun, die die Sponsoren besonders interessiert hatten. Spektralanalysen hatten das Vorhandensein von Transuranen von abnormer Stabilität nachgewiesen, durch die man sich ein neues Antriebssystem erhoffte. Eine Energiequelle, die den ewigen Energiehunger der Menschheit in der Lage war zu stillen. Aber das war alles Schnee von gestern. Von diesen Hoffnungen hatte sich im Verlauf der Geschichte Wegas nichts erfüllt. Die Vorkommen dieser Stoffe waren zu gering, die technische Verwertbarkeit wurde durch einige Faktoren behindert, die die Forschung seinerzeit noch nicht erkannt hatte und inzwischen war der Mainstream der Forschung und mit ihm der Großteil der zur Verfügung stehenden Forschungsmittel in eine andere Richtung geflossen.

      Das war der Lauf der Dinge und Arthur Rollins hatte die Geschichte der Wega-Expedition aufmerksam verfolgt. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, da man noch hin und wieder Funksprüche von ihr empfing, die dann allerdings hoffnungslos veraltet gewesen waren.

      Irgendwann war der Kontakt dann abgebrochen.

      Arthur Rollins hatte gar nicht erst versucht, besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den Kontakt zur Erde aufrecht zu erhalten. Er hatte seine Mission von vorn herein darauf ausgerichtet, eine unabhängige Kolonie zu gründen, die auf sich allein gestellt war. Einen anderen Weg gab es auch gar nicht, angesichts der gewaltigen, nur in Jahrzehnten zu überbrückenden Distanz zur alten Heimat. Auf Nachrichten, die sie mit vierzehnjähriger Verspätung erreichten, konnte man getrost verzichten.

      So war der Kontakt immer spärlicher geworden. Jetzt, da man das große Ziel erreicht hat, wurde natürlich eine Botschaft nach Hause geschickt, die unter anderem Arthur Rollins kurze Ansprache zur Namensgebung von Second Earth enthalten würde.

      Irgendwann würde man vielleicht ein überlichtschnelles Kommunikationsmittel erfinden... Man hatte schon danach geforscht, als die hundert EXODUS-Raumer vor 19 Jahren das heimatliche Sonnensystem verließen. Vermutlich wird man noch mal weitere fünfzig Jahre dazu brauchen, um ein System der Informationsübertragung zu erfinden, dass der Relativitätstheorie ein Schnippchen schlägt, lautete Arthur Rollins Ansicht dazu. Er war jetzt fünfzig. Die Lebenserwartung lag zwar im Jahr 2110 bei 90 Jahren, aber es war fraglich, ob er dieses Alter erreichen würde. Schließlich waren die EXODUS-Raumer über lange Zeiträume hinweg einer sehr hohen Dosis an Gamma-Strahlung ausgesetzt gewesen. Und es gab kaum etwas, das für ein langes Leben noch schädlicher war als die zellzerstörende Wirkung dieser Strahlung.

      Auch wenn die strahlenmedizinischen Einrichtungen an Bord der Schiffe des ersten Konvois sicherlich zum Besten und Fortschrittlichsten gehörten, was die Menschheit je in dieser Hinsicht hervorgebracht hatte.

      Arthur Rollins I glaubte daher nicht daran, dass er die Erfindung eines überlichtschnellen Funks noch erleben würde.

      4

      Die 50 Schiffe, die die Reise durch das Nichts zwischen den Sternen überstanden hatten, schwebten im Orbit von Second Earth.

      So ähnlich Second Earth der Erde ansonsten auch sein mochte, in einem Punkt unterschied sich diese Welt ganz gravierend von ihrem Lichtjahre entfernten Zwilling.

      Der dritte Planet des Tau Ceti Systems besaß keinen Mond. Damit war Second Earth auch im Tau Ceti System ein Sonderling. Es gab keinen anderen Himmelskörper innerhalb des Systems, der alle astronomischen Merkmale eines Planeten erfüllte und nicht wenigstens einen Trabanten besaß.

      „Wir haben hier mehrere Anfragen von den anderen Schiffen des Konvois“, meldete die Funkoffizierin der EXODUS-1. „Die Siedler drängen darauf, endlich die Oberfläche zu betreten.“

      „Sie werden sich noch gedulden müssen“, bestimmte Arthur Rollins. „Wir werden erst mit einer Expedition auf der Oberfläche landen und alle Risiken abchecken. Von schädlichen Mikroorganismen bis zu Lebensformen, die uns eventuell gefährlich werden könnten.“

      „Na ja, waffenfähige Raumschiffe haben wir bis jetzt ja nicht im Orbit gefunden!“, meinte der Waffenoffizier. Er war ein lustiger Mann, der für seinen Humor berüchtigt war. Dass seine Witze manchmal unfreiwillig komisch waren tat diesem Ruf keinen Abbruch – und seiner Beliebtheit in der Crew auch nicht.

      Aber in diesem Moment schien Arthur Rollins einfach keinen Sinn für Humor zu haben. Er sagte kein Wort, sondern bedachte den Waffenoffizier nur mit einem vernichtenden Blick.

      Eine Viertelstunde später wurde ein Landeshuttle aus dem Hangar der EXODUS-1 ausgeschleust. Rollins ließ es sich nicht nehmen, selbst an Bord zu gehen und das Kommando zu führen. Ansonsten bestand die Shuttle-Crew vor allem aus einigen Wissenschaftlern und der Schiffsärztin Myling Smith. Sie hatte als zwanzigjährige Krankenschwester den Flug begonnen und sich während der 19 Jahre Flugdauer zur Ärztin ausbilden lassen. Schließlich war man sich an Bord der Konvoi-Schiffe durchaus der Tatsache bewusst gewesen, dass man auf die Aus- und Weiterbildung jüngerer Besatzungsmitglieder und der während des Fluges geborenen Kinder dringend angewiesen war. Myling Smith hatte sogar eine Doktorarbeit verfasst und in den ersten Jahren war auf Grund der noch nicht ganz so unüberwindlichen Entfernung noch ein einigermaßen aktueller Austausch von Forschungsergebnissen möglich gewesen. Die Frage, ob der Doktortitel von Myling Smith auf der Erde anerkannt worden wäre, war müßig.

      Wie alle anderen Konvoi-Siedler wusste die jetzt Neununddreißigjährige, dass es so gut wie ausgeschlossen war, dass sie zur alten Heimat der Menschheit zurückkehrte…

      Es waren noch einige Mitglieder des Sicherheitspersonals an Bord. Sie standen unter dem Kommando von Ferdinand Andropow, einem ehemaligen Offizier der planetaren Verteidigungskräfte des Mars.

      Arthur Rollins wies den Shuttle Piloten an, das Shuttle in einer sehr flachen Bahn der Oberfläche zu nähern und eine ausgedehnte Runde über beide Kontinente zu ziehen.

      „Aye, aye, Sir!“, bestätigte der Pilot. Sein Name war Mgobo Ndonga und er war wie viele andere an Bord der EXODUS-Schiffe ein Gescheiterter. Er hatte im Transportgewerbe gearbeitet und seinen Pilotenschein verloren, weil er einen schweren Unfall verursacht hatte, bei dem eine Orbitalstation zu Schaden gekommen war. Die Versicherung hatte sich geweigert,

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