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knipste er ein kleines blaues Kabel durch. Damit war das Telefonwählgerät lahmgelegt. Quint konnte jetzt das Steuergerät abschalten. Die Alarmanlagen im Haus waren ausgeschaltet, bis auf ein paar mechanische Sicherungsanlagen, welche die Bilder selbst schützten.

      Aber auch das war kein Problem. Mit einem Schlüssel vom Schlüsselbund schloss Quint den Verteilerkasten in der Ecke auf. Er und Webber nahmen Stabtaschenlampen aus den Aktentaschen. Dann legte der dicke Gangster den Hauptsicherungshebel herum. Die Stromversorgung im Haus war jetzt unterbrochen. Die Lichter erloschen.

      Da alle Fenster mit dichten stählernen Jalousien gesichert waren, konnte man von außen nicht erkennen, dass im Haus kein Licht mehr brannte. Quint und Webber liefen zu dem Ausstellungsraum im Erdgeschoss.

      Auf die Gemälde in diesem großen Raum hatten sie es abgesehen. Hier fand eine Ausstellung der wertvollsten Gemälde aus der Sammlung eines bekannten Multimillionärs statt, eines Mannes, den manche als . den reichsten der Welt bezeichneten. Quint und Webber arbeiteten schnell und wortlos.

      Alle Einzelheiten der ganzen Aktion hatten sie hundertmal durchgesprochen. Einer der Gangster leuchtete, der andere trennte mit einem Teppichmesser die Gemälde aus dem Rahmen. Zwanzig Bilder holten sich die Gangster, alles Werke der bekanntesten Meister des 20. Jahrhunderts.

      Keines von den Gemälden hatte einen Wert von weniger als hundertfünfzigtausend Dollar. Einige waren ein Vielfaches davon wert. Quint und Webber rollten die Bilder zusammen, wickelten jeweils fünf Rollen in braunes Packpapier, das sie ihren Aktentaschen entnahmen, und verstauten die handlichen Bündel darin.

      Fünf Bündel im Schätzwert von insgesamt zehn Millionen Dollar. Webber war nervös, Quint die Ruhe selber. Er leuchtete noch einmal in dem Ausstellungsraum umher, schaute sich um.

      „Abmarsch“, sagte er dann.

      Die beiden Gangster verließen das Gebäude. Sie kamen im Korridor an dem erschossenen Nachtwächter vorbei, der jetzt in einer großen Blutlache lag. Quint und Webber sprangen über die Blutlache hinweg, um sich nicht die hellen Tennisschuhe zu beschmutzen.

      Durch die Hintertür, durch die sie gekommen waren, verließen sie das einstöckige Gebäude wieder, Quint und Webber liefen über den Hof, kletterten über eine zwei Meter hohe weiße Mauer und erreichten auf einem schmalen Fußgängerweg den Parkplatz, auf dem ihr Wagen stand. Jetzt erst nahmen sie die schwarzen Masken von den Gesichtern.

      Ohne Eile gingen sie zu dem cremefarbenen Pontiac Javelin und stiegen ein. Die Aktentaschen kamen auf den Rücksitz. Quint sah auf seine Leuchtziffernarmbanduhr. Es war zehn Minuten nach drei. Die ganze Aktion hatte genau achtzehn Minuten gedauert, mit Mord, Millionenraub und allem Drum und Dran.

      Die beiden Männer steckten sich Zigaretten an. Jetzt konnten sie aufatmen.

      „Verdammt noch mal“, sagte Webber da. „Ich habe den Ultraschallsenderin der Galerie stehenlassen.“

      „Pfeif drauf“, brummte Quint. „Von dem Geld, das wir mit diesem Fischzug gemacht haben, können wir uns dutzendweise neue kaufen. Fingerabdrücke sind ja nicht drauf.“

      „Nein.“

      „Okay, dann fahr los.“

      Der Motor des Javelin sprang an und schnurrte fast unhörbar. Der große Wagen glitt vom Parkplatz. Pete Webber steuerte ihn durch die nächtlichen Straßen des Chicagoer Stadtteils Lincolnwood. Als sie an einer Telefonzelle vorbeikamen, bedeutete ihm Quint zu halten.

      Der dicke Mann stieg aus. Die Schalldämpferpistole hatte er unter der leichten hellen Sommerjacke verborgen die er nun übergezogen hatte. Es war eine laue Juninacht. Die Siebeneinhalb-Millionen-Stadt war in einen kurzen Schlaf gefallen.

      Quint betrat die Telefonzelle, warf seinen Dime ein, hielt den Hörer ans Ohr und wählte eine Nummer, die er im Kopf hatte. Der Teilnehmer am anderen Ende nahm schon nach dem ersten Läuten ab.

      Er nannte keinen Namen.

      „Ja?“

      „Ich bin es. Erkennen Sie meine Stimme?“

      „Ja.“

      „Es hat geklappt. Alles da. Wir machen dann weiter wie besprochen.“

      „Okay.“

      Der Teilnehmer am anderen Ende hängte ein. Quint verließ die Telefonzelle. Er hatte mit dem Mann gesprochen, der den Auftrag zu dem Gemälderaub gegeben hatte. Dem Mann, der die Pläne und alles besorgt hatte. Dem Mann, dem Quint und Webber die Bilder liefern sollten.

      Larry Quint fühlte sich sehr wohl, als er zum Wagen zurückging. Er begann zu pfeifen. Dass er einen Menschen erschossen hatte, machte ihm nichts aus.

      2

      Der große, schlanke Mann mit der dunklen Brille parkte den Chevrolet Chevelle Malibu auf dem Parkplatz im Hof. Das Fahrzeug war gepanzert, hatte beschusssichere Reifen, kugelfeste Scheiben und wog zwei Tonnen. Dank der Servolenkung konnte man es mit einem Finger dirigieren.

      Die beiden Männer im Chevrolet stiegen aus. Der schlanke, elegante Mann mit der dunklen Brille und dem hellen Sommeranzug war Tony Cantrell, der Top-Anwalt und Privatdetektiv aus Western Springs. Sein Begleiter Jack O'Reilly schob seine zwei Zentner hinter ihm her.

      O'Reilly war ein Mann, der Felsen sprengen konnte. Zwei Meter groß, Ex-Schwergewichtschampion und strotzend vor Kraft. Die Anzugjacke spannte über seinem breiten Brustkasten.

      Die Einfahrt zur „Chicago Art Gallery“, einem einstöckigen Betongebäude mit großen, bläulich spiegelnden Fensterfronten, war von Cops abgesperrt. Auch am Eingang standen zwei Uniformierte. Es war 16.00 Uhr, ein heißer Juninachmittag.

      Cantrell und O'Reilly wussten bereits aus den Nachrichten, dass Gangster in der Nacht die Galerie um Gemälde im Wert von zehn Millionen erleichtert und einen Nachtwächter erschossen hatten. Cantrell zeigte den Cops am Eingang mit der Glastür seine Detektivlizenz.

      „Tony Cantrell und Jack O'Reilly. Wir werden erwartet.“

      „Natürlich, Gentlemen. Der linke Seitenkorridor in der Halle. Im Büro der Galerieleitung.“

      „Danke.“

      Die Galerie war an diesem Tag geschlossen. Die Angestellten waren nach der Mittagszeit nach Hause geschickt worden und sollten sich für die Polizei zur Verfügung halten. Einer der Cops hielt Cantrell und Jack O'Reilly die Glastür auf.

      Auch in der Halle, an deren Wänden surrealistische Gemälde hingen, stand ein Uniformierter von der Metropolitan Police.

      „Immer das Gleiche“, sagte O'Reilly. „Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird alles scharf bewacht. Wollen mal hören, was die Gentlemen von der Galerieleitung uns zu sagen haben. Die geraubten Gemälde gehören doch Jason Goldstein?“

      „Genau. Leute, die ihn kennen, behaupten, dass er vielleicht nicht der reichste Mann der Welt wäre, aber bestimmt das größte Ekel. Wenn er da ist, dann ist etwas gefällig.“

      O'Reilly grinste. Wegen seiner Vorliebe für gut zu bereitetes oder gut geformtes Fleisch wurde er von seinen Freunden Butch genannt.

      „Das geschieht dem alten Pfeffersack ganz recht, dass er um seine Bilder erleichtert worden ist“, sagte er. „Aber um den Nachtwächter

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