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      Der Maskierte lachte knurrend. „Sie erwarten doch darauf keine Antwort, Mann.“

      „Doch.“

      „Wenn ich sie Ihnen geben würde, müsste ich Sie hinterher abknallen, denn dann wüssten Sie zu viel. Wäre Ihnen das angenehm?“

      „Eine Kugel im Kopf?“

      „Mhm.“

      „Wem ist das schon angenehm?“ Der Maskierte nickte. „Eben. Bevor ich jetzt mit dem Einräumen anfange - würden Sie sich bitte umdrehen?“

      „Sie haben doch nicht vor, mir in den Rücken zu schießen?“

      „Ich werde überhaupt nicht schießen, vorausgesetzt, Sie tun, was ich von Ihnen verlange.“

      „Ich hab auch was gegen Schläge ins Genick.“

      „Es wird Ihnen nichts passieren, wenn Sie meine Befehle befolgen. Umdrehen!“

      Cantrell wandte sich langsam um. Der Killer kam näher. Cantrell spannte die Muskeln. Er traute dem Maskierten nicht. Das mindeste, was nun passieren würde, war ja doch ein Schlag in den Nacken. Es wäre ein Risiko für den Killer gewesen, Cantrell auf den Beinen und bei Bewusstsein zu lassen. Er musste damit rechnen, dass der Anwalt spätestens dann Alarm schlug, wenn er das Apartment verlassen hatte. Ein Risiko, das er sich mit einem einzigen präzisen Schlag vom Hals schaffen konnte. Deshalb rechnete Tony Cantrell mit einem Hieb in den Nacken. Und deshalb hatte Cantrell die Muskeln gespannt. Um einen solchen unwillkommenen Treffer zu verhindern.

      Cantrell lauschte auf die Geräusche, die der näher kommende Maskierte machte.

      Jetzt hörte der Anwalt den Killer knapp hinter sich atmen. Cantrell spürte förmlich das Hochzucken des Revolverarms.

      Das war der Moment, wo er handeln musste. Er kreiselte in Gedankenschnelle herum. Gleichzeitig schraubte er sich zusammen. Die Waffe sauste herab. Er fing den Arm mit der Linken ab. Mit der Rechten schlug er hart an das Dreieck unter den Rippen des Killers. Der Schlag hob den Mörder aus. Er warf ihn zurück. Der Mann stieß einen Schmerzlaut aus. Er krümmte sich zusammen.

      Cantrells Handkante kümmerte sich um die Revolverhand. Er hackte zu. Der 38er polterte zu Boden.

      Ein Aufwärtshaken beförderte den Killer drei Meter zurück. Der Mann kam schnaufend wieder. Mit gesenktem Kopf. Wie ein wütender Stier, dem sie die Hörner geklaut hatten.

      Cantrell fing den Anstürmenden mit einer Schlagdoublette ab. Simultan dazu riss er das rechte Knie hoch.

      Noch einmal musste der Killer drei Meter zurückmarschieren. Aber das war noch nicht das Ende des Kampfes. Mit einem wütenden Knurren entschloss sich der Kerl für die nächste Attacke. Er hatte schnell gelernt und erkannt, worauf es bei Cantrell ankam und wovor er sich in Acht nehmen musste.

      Ein blitzschneller, gemeiner Tritt.

      Cantrell spürte den schmerzhaften Schlag gegen das Schienbein. Wie ein Stromstoß, der die Nervenbahnen versengte, schoss der Schmerz bis ins Hüftgelenk hoch.

      Cantrell war für den Bruchteil einer Sekunde unkonzentriert. Da explodierte ein linker Schwinger an seinem Kinn. Der Anwalt brauchte vier Schritte, um seinen eigenen Schwung abzufangen.

      Der Killer setzte nicht nach. Er bückte sich nach seiner Waffe. Tony Cantrell überlief es heiß und kalt. Mit einem federnden Satz war er bei dem Maskierten. Ein atemloser Kampf um den Revolver begann. Cantrell rammte dem Kerl den Ellenbogen in die Leber. Er versuchte den Maskierten zu Fall zu bringen. Erbittert kämpften die beiden Männer um den Sieg.

      Da traf das Knie des Gangsters Cantrells Unterleib. Ein höllischer Schmerz nahm dem Anwalt den Atem. Der Verbrecher schnellte von Cantrell weg und richtete wutschnaubend die Waffe auf ihn.

      „Verdammt, Mann, ich hätte Lust, dich jetzt umzulegen!“, fauchte der Mörder.

      Cantrell sah den Kerl durch einen trüben Schleier. Der Mann bewegte sich jetzt auf ihn zu.

      Und dann kam der Schlag, dem Tony Cantrell nicht ausweichen konnte.

      10

      Sossiers Mörder hatte es eilig. In fliegender Hast raffte er sämtliche Fotos zusammen. Er schleuderte sie in das kleine Köfferchen. Auch die Negative kassierte er. Und die Namensliste. Nervös warf er noch einen raschen Blick in den leeren Safe. Trotz der Eile war er gründlich. Glück für ihn, dass der Mann, den er soeben ins Out geschickt hatte, für ihn den Safe gefunden und auch geöffnet hatte. Das war eine Bedienung, wie sie der Killer begrüßte.

      Der Killer blickte auf Cantrell hinunter. „Alex Sossier war ein mieses Schwein, Kumpel. Es ist ein Fehler, sich auf seine Seite zu stellen. In ganz Chicago wirst du keinen finden, der auch nur eine einzige Träne um diesen Schurken vergießt.“

      Der Maskierte wandte sich um und verließ das Zimmer des Sonnenkönigs.

      Als der Mann die Diele durchschritt, kam Tony Cantrell zu sich. Oh Gott, was war los in seinem Kopf. Tausend kleine Idioten waren da. Jeder machte etwas anderes. Und alle miteinander machten einen mörderischen Krach.

      Cantrell hörte draußen die Tür zufallen. Ächzend kam er auf die Beine. Er musste es durchstehen. Er brauchte den Killer, brauchte die verschwundenen Fotos und Negative, brauchte die Namensliste. Ein pelziges Gefühl in seinem Mund. Strohtrocken fühlte sich die Zunge an. Mit enormen Gleichgewichtsstörungen nahm Tony Cantrell die Verfolgung des Verbrechers auf.

      Dicke Schweißperlen kollerten ihm in die Augen und brannten da höllisch.

      Cantrell wischte sie mit dem Ärmel von der Stirn. Er schnaufte durch die Diele. Lange schon war ihm nicht mehr so elend gewesen. Er fühlte sich hohl, ausgebrannt, erledigt. Aber etwas in ihm ließ ihn nicht aufgeben. Das war sein Ehrgeiz.

      Er konnte es nicht vertragen, zweiter zu bleiben.

      Verbissen wollte er das ungünstige Blatt wenden.

      Stöhnend riss er die Tür auf. Dass der Killer nicht mit dem Lift nach unten gefahren war, stand für ihn fest. Das begriff sein lahmer Denkapparat.

      Feuertreppe!, schrillte es in seinem Gehirn. Er wankte auf die Eisentür zu. Die tausend kleinen Idioten in seinem Kopf legten nacheinander die Arbeit nieder.

      Cantrell öffnete die Eisentür. Er vernahm Schritte. Sie klopften zwei Etagen unter ihm über die Stufen. Der Vorsprung des Killers war noch nicht entmutigend groß.

      Cantrell pumpte Sauerstoff in seine Lungen. Seine Hände klammerten sich an das Geländer. Er versuchte so schnell zu sein wie der fliehende Maskierte. Er setzte die Füße nacheinander auf die Stufen. Es geschah mechanisch. Um nicht zu stürzen, stützte sich Cantrell auf das Geländer. Das Laufen kurbelte seinen Kreislauf an, Er erholte sich. Jede zurückgelegte Stufe bedeutete die Rückkehr eines Bruchteils seiner verlorengegangenen Kondition.

      Immer schneller lief er.

      Er holte sogar auf. Der Killer erreichte das Erdgeschoss. Er wirbelte aus dem Gebäude, rannte über einen sonnenüberfluteten Parkplatz. Gehetzt schaute er sich um. Cantrells Schritte hatten ihn nervös gemacht. Verdammt, er hätte den Mann kräftiger niederstrecken sollen. Oder gleich umlegen. Dann hätte er jetzt nicht die Beine so sehr

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