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brennt, Leute, lasst euch von nichts ablenken, von nichts. Habt ihr die Waffen?“

      Die drei klopften sich an die Jackenbrust, wo sich dabei harter Untergrund bemerkbar machte und eine Wölbung. Sinclair fragte noch einmal: „Alles klar?“ Und als sie nickten, ging er.

      Als man ihn durch die Gittertür ließ, kam ihm ein Mann vom Küchenpersonal mit einem Geschirrwagen entgegen. Sinclair hörte noch, wie hinter ihm die Gittertür abgeschlossen wurde, ging weiter und sah im Vorbeigehen den Küchenhelfer an, der ihn mit seinem zerschlagenen Gesicht blöde angrinste. Nein, dachte Sinclair, die Type kenne ich nicht. Und er ging durch die Tür, die von innen durch einen Riegel zu öffnen war und nur von der anderen Seite her mit dem Schlüssel aufgeschlossen werden musste.

      Der Mann im Küchenhelferaufzug warf einen belustigten Blick hinter Sinclair her und blieb dann am Gitter stehen, wo ihn der bullige Wärter ansah wie den Mann im Mond.

      „Was willst du Heini hier oben?“, fragte der Schwergewichtler.

      „Falls du des Schreibens und Lesens kundig bist, geliebter Bruder, dann studiere mal, was dir dein Freund Tony überreicht!“ Und Le Beau, der den Aufputz noch immer trug, schob dem Bullen ein Schreiben durch die Gitterstäbe, das der sofort mit seinen Pranken ergriff, fast einen Meter von seinen Augen weghielt und ziemlich mühsam las. Als er das endlich buchstabiert hatte, knurrte er missbilligend: „Diese Ärzte! Dass es ein Telefon gibt, mit dem man mich einfach anrufen kann, darauf sind die wohl nicht gekommen, was? Da schreiben sie lieber so einen Käse, und nachher heißt es, die hätten zu viel Arbeit.“ Er stand auf, schloss die Gittertür auf, und damit hatte es sich für ihn schon. Als er sich zu Le Beau umdrehte, nachdem der hereingekommen war, flog ihm auf einmal etwas Dunkles ins Gesicht, dann wollte er es noch wegreißen, aber da war ein süßlicher Duft, so stark und so überwältigend, dass dem Bullenmann die Knie weich wurden. Er sank wie ein sterbender Elefant in sich zusammen.

      Le Beau fing ihn noch ein wenig ab, damit der Kopf des Dicken nicht an die harten Stäbe schlug, und dabei knurrte er: „Warum diese Kerle auch so unmäßig in sich hineinstopfen müssen. Unsereiner muss dann solche Fleischberge durch die Landschaft ziehen.“

      Er fasste den Hünen von hinten aus unter und schleifte ihn durch eine schmale Tür unweit des Gitters. Im Bauplan stand etwas von einer Abstellkammer. Als Le Beau sie betrat, erinnerte ihn das an ein Schuhkartonlager. Stapel von Kartons stürmten sich rechts und links von einem viel zu schmalen Gang. Als Le Beau den Menschenberg hinter sich her in die Kammer zog, erwies sich der Gang als viel zu schmal. Die Kartonstapel stürzten zusammen, und alles ergoss sich über den Wärter, der im Übrigen wieder zu sich kam.

      Le Beau hatte ein Paar echter Polizeihandschellen, die er dem Dicken einmal ums rechte Handgelenk und zum zweiten um einen der Gitterstäbe des kleinen Kammerfensters schloss. Während der Dicke sich wieder regte, maunzte und gurgelte, stopfte ihm Le Beau in einem günstigen Moment ein Dragee in den Mund. Der Dicke biss prompt zu, und der Rest lief selbsttätig. Schon nach ein paar Sekunden wurde der Berg wieder müde und sank dann mit dem Kopf wieder zwischen die Kartons. Le Beau nickte ihm freundlich zu und arbeitete sich über den Kartonberg zur Tür. Er verließ den Raum, schloss die Tür sorgsam ab und blickte auf den Gang. Da regte sich nichts.

      Die drei Experten, die vorhin von der Stationsschwester gebracht worden waren, hatte er von einer Nische aus gesehen. Um ein Haar wäre er vor ihnen hier gewesen. Er sah auf die Uhr. Noch eine Minute, dann würde der Film anlaufen, den sie bis auf die Sekunde organisiert hatten.

      Er blickte noch einmal in Richtung auf das zweite, jetzt offen stehende Gitter, vor dem das Arztzimmer lag, in dem sich jene drei Sportsfreunde befinden mussten, die vorhin gekommen waren.

      Le Beau ging zur Gittertür, schloss sie auf, machte sie hinter sich wieder zu - mit dem Schlüssel, versteht sich. Dann hatte er die andere Tür vor sich, die er vorhin mit dem Dietrich geöffnet hatte. Am Bund des Dicken war auch dafür ein Schlüssel, doch von hinten genügte es ja, den Riegel aufzuziehen. Er tat es, sah auf den Gang hinaus, wo lebhafter Betrieb herrschte. Schwestern flitzten in die Zimmer oder kamen heraus. Ein paar Pfleger bändigten einen übermütigen Verrückten, der partout auf allen Vieren herumspringen wollte und Hofhund zu spielen schien.

      Aber dann auf einmal kamen die, auf die er gewartet hatte. Der eine sah aus wie Polizeichef McGowan. Ein Gesicht, das in dieser Stadt jede Großmutter und jedes Schulkind kannte. McGowan hatte es immer verstanden, bei der Wahlwerbung und auch sonst sein schönes Gesicht sehr oft abdrucken zu lassen. Der andere Mann, der neben ihm ging, musste Hamilton sein, der Chefarzt.

      Eines allerdings reizte Le Beau zum Lachen. Dieser Dr. Hamilton dort, der hatte ziemlich große Füße, und er marschierte damit ebenso eigenartig wie ein gewisser James Morris, von Beruf Chauffeur bei Baron Strehlitz.

      „O James, du altes Nashorn, die Trampelchen sind eben nicht zu verbergen“, murmelte Le Beau grinsend und machte die Tür etwas weiter auf.

      Er sah, wie die Schwestern, an denen Hamilton und McGowan vorbeigingen, devot grüßten. Der große Chefarzt dankte nur flüchtig und recht herablassend.

      Die Stationsschwester, die von den beiden wohl etwas verspätet Kenntnis genommen hatte, kam hinter ihnen her den Gang entlang. Und hier erwarteten Le Beau ernste Komplikationen. Also entschloss er sich, die ihm auch von Roberts Fotos her bekannte Schwester abzufangen.

      Er ließ die Tür angelehnt, marschierte auf McGowan und Dr. Hamilton zu, die nun an den letzten Zimmertüren vorbei waren. Er tat, als grüße er die beiden und raunte im Vorbeigehen: „Ich komme sofort zurück! Wartet hinter der Tür! Drei Spezialisten im Arztzimmer!“

      Da war er schon weiter. Die nicht sehr hübsche Stationsschwester trippelte ihm entgegen. Als sie bei ihm war, plärrte sie: „Was machen Sie denn hier? Küchenpersonal hat ...“

      „Herzliebchen, schrei nicht! Der große Boss ist da, und weißt du auch, wer bei ihm ist? Unser Bullenkönig! Siehst du, Herzchen, so hohen Besuch haben wir. Da musst du nicht herumschreien. Und der Chef hat eben gesagt: ,Bringen Sie mir mal die Stationsschwester! Aber dalli!‘ Nun wollen wir auch gleich zum lieben Häuptling gehen, sonst wird er uns noch böse.“

      Die Schwester war verwirrt. Dieser Kerl gebärdete sich wie ein Irrer, aber er war doch eben aus dem Isolierungstrakt gekommen. Was hatte das zu bedeuten?, fragte sie sich. Und bevor sie dieses Rätsel lösen konnte, war sie mit diesem irren Tony schon durch die Tür. Tony ließ sie hinter sich zuschnappen, und da sah sie dann Dr. Hamilton und ... Aber das ist doch gar nicht der Chef! Das ist doch ein Fremder, der nur so ähnlich aussieht!, dachte sie erschrocken.

      Sie wollte gerade ihre Überraschung in Worte fassen, da sagte dieser Tony neben ihr: „Herzchen, mach keinen Lärm! Was wir jetzt tun, ist gut. Bekommst auch ein Bonbon!“ Und er schob der völlig verblüfften Schwester genau das gleiche Dragee in den Mund, das auch der bullige Wärter geschluckt hatte. Schwester Claire wollte losschreien, wollte das Dragee ausspucken, aber da hatte Le Beau ihr mit einem Griff schon die Kinnlade zugedrückt, und sie zerbiss ungewollt die dünne Haut der Kapsel. Ihr wurde kurz darauf mulmig, die Knie knickten ein, und als sie alles um sich herum im Kreise tanzen sah, hatten die drei sie schon untergefasst.

      „Da haben wir einen Parkplatz für solche Fälle“, sagte Le Beau und machte die Tür zur Kartonkammer auf, wo schon der Wärter schlief. Ein paar Sekunden später war die Schwester dort untergebracht, von Le Beau sorgsam mit einer Deckenrolle unter dem Kopf bedacht. „Sie ist schließlich ein ganz brauchbares Mädchen“, hatte er dazu gesagt.

      Der Mann in McGowans Maske war in Wirklichkeit Baron Strehlitz. Der andere, in der Aufmachung des Chefarztes, hatte nicht nur James Morris' Plattfüße, er war sogar James selbst.

      „Zug zwei. Sind welche drin? Kennst du sie?“, fragte der Baron.

      Le Beau schüttelte den Kopf.

      „Fremde Größen, aber Schlägertypen mit Kanonen über dem schwarzen Herzen. Ich werde hineingehen.“ Er hatte noch den Geschirrwagen auf dem Flur stehen, nahm ihn, schloss die Gittertür auf und machte sie hinter sich, dem Baron und James wieder dicht. Dann bedeutete er den beiden, auf ihn

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