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Keinen Schritt zurück! - The sad story of brave Maggy Stuart. Florian Juterschnig
Читать онлайн.Название Keinen Schritt zurück! - The sad story of brave Maggy Stuart
Год выпуска 0
isbn 9783347151826
Автор произведения Florian Juterschnig
Жанр Учебная литература
Издательство Readbox publishing GmbH
„Oh mein Gott!“
„Aber er sagt, dass wir einfach vorher abhauen sollen, dann ist nichts mehr nachvollziehbar, und wir haben zumindest eine gewisse Chance.“
„Der spinnt, wie kannst du ihm eigentlich noch trauen, wenn er solche Ansagen macht!“
„Er hat gesagt, wir werden vielleicht nur in eine Strafkompanie versetzt, dann haben wir auch zumindest mehr Chancen als in der Todeszelle.“
„Du spinnst wohl auch! Auf solche Spielchen lasse ich mich nicht ein. Ich informier die anderen, du sorg dafür, dass dein Herr Major es sich nicht doch anders überlegt!“
„Gösch, sind Sie lebensmüde? Als wir gesagt haben, sehen Sie sich bei Ihren Untergebenen um, wollte ich, dass Sie potenzielle Abtrünnige finden und zurückhalten. Sie sollten verhindern, dass sich jemand durch vorschnelle Kleinaktionen selbst verrät, und die Leute abholen, wenn wirklich einmal die Straße marschiert. Wir wollten nicht, dass Sie Rekruten, noch dazu aus der Schülerkompanie, bei irgendwelchen symbolischen Aktionen verheizen!“
„Ich habe bei der Aktion rechtzeitig die Reißleine gezogen, die Beteiligten werden alle bald an die Front kommen und können nicht mehr weiter gefährlich werden.“
„Diese Jungen sollen jetzt den Preis für Ihr Versagen zahlen?“ Generaloberst von Luchs bekam einen hochroten Kopf.
„Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass ich bereits die nächste Aktion samt entsprechender Meldung in Gang gebracht habe.“
„Ach ja?“
„Die Alliierten bitten die Smarberger Jugend um Unterstützung durch Partisanenangriffe.“
„Jetzt reicht’s mir mit Ihnen! Raus! Beck, bringen Sie den Mann zur Tür; er hat in unseren Kreisen nichts mehr zu suchen. Sollten Sie hier noch einmal außerdienstlich auftauchen, lasse ich Sie hochgehen. Seien Sie aber versichert, dass dies auf umgekehrtem Wege nicht funktionieren mag.“
„Der Tipp eines Majors an die Volkspolizei?“
„Der Tipp eines Majors, den man wegen mehrfachem grobem Missbrauchs seiner Befehlsgewalt und ausufernder Brandschatzung im Frontgebiet nach Hause versetzt hat? Der versucht hat, eine Bande von Mördern als seine Privatarmee durchzusetzen? Sie dreckiger, genusssüchtiger Opportunist, Widerling, der nur richtig zu liegen trachtet! Raus!“
„Das muss ich mir nicht gefallen lassen. Guten Tag, meine Herren.“ Beck warf einen amüsierten Blick auf seinen Chef, welcher die Hände gereizt auf die Tischplatte stützte.
„Beck? Ich befürchte, unsere Herangehensweise war schlussendlich die Falsche.“
„Wie meinen Herr Generaloberst?“
„Nun … der Versuch, das niedere Fußvolk bei der Truppe in Querulanten zu verwandeln, Revolution von unten. Sie sehen ja selbst, was dabei rauskommt, wenn man sich mit derlei Idioten einlässt.“
„Sie meinen?“
„Ja, leider. Wir müssen unsere alten Pläne adaptieren und die Sache wieder selbst in die Hand nehmen. Scheinbar können sich auch motivierte Täter unterhalb einer gewissen Einflussgrenze nicht selbst organisieren. Es wird Zeit, dass wir handeln.“
Zum Mittagessen gab sich Mutter Stuart alle Mühe. Sie hatte den Notgroschen angebrochen und reichlich eingekauft. Den ganzen Markt war sie abgelaufen, alle Lebensmittelmarken, die sie noch gebunkert hatte, waren nun aufgebraucht. Die Einkaufstaschen zu schleppen hatte der alten und kranken Frau die letzten Reserven gekostet. Dennoch, wenn die Kinder heimkehrten, dann war es das schon wert. Zuerst kam die Suppe. Eine kräftige Lungenstrudelsuppe sollte es werden. Mühsam hatte sie aus Mehl und Brotresten einen dünnen Teig gezogen, Fleischreste auf dem Schwarzmarkt gekauft und eine schöne dicke Rolle heraus gebacken. Die Stücke kamen auf das festliche Porzellangeschirr, daneben im Topf kochte eine kräftige Brühe aus Kräutern und ein wenig Schmalz, immerhin einmal etwas Kräftiges in diesen Zeiten.
Zur Hauptspeise konnte die arme alte Mutter ihren Kindern natürlich keinen Braten bieten, aber den Hunger waren sie mittlerweile gewohnt. Doch sie hatte sich etwas Geld geliehen und konnte bei einem Händler am Hafen Pferdefleisch zu guten Preisen kaufen. Mit etwas Mühe ließen sich daraus immer noch ganz ansehnliche Naturschnitzel zubereiten, die rieb sie dann mit Knoblauch und Pfefferresten ein, das gab ein wenig mehr Geschmack. Dazu gab es reichlich Kartoffelpuffer, gestampfte Kartoffeln und noch einmal gekochte Kartoffeln mit Kräutern. Kartoffeln bekam man noch reichlich, und so wollte sie sich bemühen, den Überhang möglichst zu variieren.
Es konnte natürlich nicht nur bei einer Hauptspeise und einer dünnen Suppe bleiben. Nachspeise war aber mit dem Notgroschen nicht zu bewerkstelligen. Schließlich gab sich die Mutter damit zufrieden, einige Erdbeermarmeladebrote aufzutischen.
So öffnete sie die hofseitigen Fenster und ließ ein wenig frische Luft in die enge Stube.
Zufrieden strich sich Mutter Stuart die Schürze glatt.
Über den klapprigen Esstisch hatte sie einen weißen Vorhang als Tischtuch gezogen, Großmutters Porzellangeschirr nahm die Familie sonst nur zu ganz feierlichen Anlässen. Nur ein Wasserkrug schien ihr auch zu simpel, also war sie auf den Großmarkt gegangen und hatte einen Kasten Bier gekauft, Richard wollte bestimmt trinken.
Der Suppentopf stand genau in der Mitte, daneben die Strudelstücke. Die Schnitzel standen mit Leinen zugedeckt von ihr aus gesehen links.
Die Brote und den Kaffeeersatz wollte sie erst später servieren.
Nun sah Mutter Stuart auf das große Familienfoto. Ihren strengen, vielleicht etwas harschen Ehemann in seiner Uniform, Richard, auch in Uniform, stolz daneben. Ruhig, schüchtern und doch eine Frohnatur, wie sie war, stand Elisa daneben, die Hände in ruhiger Güte vor dem zierlichen Körper. Die kleine Margaret in ihrem gelben Kleidchen blickte ihr mit ihren dunklen Knopfaugen entgegen. Dann, dann war da noch sie. Die gütige alte Mutter Stuart, welche sich stets im Hintergrund gehalten und doch immer alle gestützt hatte. Die sie stets gepflegt, bekocht und umsorgt hatte, auch wenn es ihr selbst oft schlecht gegangen war. Sie war die liebevolle und großherzige Seele in der kleinen Stube.
Von der großen Politik wollte sie gar nichts verstehen, dieses ewige Gehabe der Männer vom Krieg hielt sie für nichts als Schulhofschlägereien im Großen. Die kleine Wohnung am Kapistranring 6 in der Altstadt von Smarberg, in welcher es immer nach frisch gebackenem und dem leidigen Tabak roch, in welcher ganze Scharen von Kindern ein- und ausgelaufen waren – dies war ihre kleine Welt gewesen, die nun ein Ende gefunden hatte. Mutter Stuart setzte sich an den Tisch und wartete auf ihre Familie. James Stuart war auf dem Feld der Ehre gefallen, Margaret Stuart weit weg von ihrer Mutter auf der Akademie, die beiden anderen Kinder auf der Flucht, vielleicht auch schon tot. Mutter Stuart wartete über eine Stunde, das Essen wurde allmählich kalt. Natürlich wusste sie, dass die Kinder nie mehr zu ihrer Tür hereinkommen würden. Vielleicht die kleine Maggy einmal, wenn sie denn je erfuhr, was geschehen war. Tränenüberströmt nahm Mutter Stuart einen Zipfel des Tischtuches und schleuderte mit einem Schwung das festliche Mahl auf den Boden.
Sie konnte sich nicht helfen, irgendetwas war anders geworden. Natürlich waren sie alle etwas übernächtigt gewesen und freilich erschöpft von dem letzten Tag, besonders der Parade und dem Ball. Aber dennoch gab es an diesem Morgen, eigentlich schon am Abend des Balles etwas Neues. Maggy konnte es nicht so ganz erklären. Sie fühlte eine unglaubliche Müdigkeit, verbunden mit dem Umstand, dass sich auch alle anderen komisch verhielten.
Gewiss, Schwester Edda war eine schweigsame Person, aber als sie sie auf dem Heimweg vom Ball quasi völlig ignoriert hatte, da bekam Maggy schon Selbstzweifel. Zwar gab sich die Frau des Öfteren gegenüber den Mädchen reserviert, aber hin und wieder war sie für Fragen, Wünsche und Jux schon offen. Hatte sie einen Fehler gemacht? Sie irgendwie verärgert? Maggy dachte angestrengt nach, während sie durch die fahlen Gänge der Pension wandelte. Der Vorfall mit dem Straßenkind konnte es ja wohl nicht sein, das Sitzen auf der Marmortreppe beim Ball erst recht nicht. Maggy war nicht unbedingt jemand, der sich in den