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Tisch herum und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Weit streckte er die Beine von sich.

      Und während Lisa in ein angren­zendes Zimmer lief, schnappte Clay: »Dann spuck mal aus, Lane, was es gegeben hat. Ich ahne zwar, dass der Krieg zwischen euch und der Great Sand Ranch zum Ausbruch gekom­men ist, aber ich will Einzelheiten hören.« Seinem Ton fehlten Frische und Wärme, er war sachlich und fordernd.

      Lane hob das Gesicht und öffnete die Augen. Seine blutleeren Lippen bewegten sich: »Es gibt nicht viel zu berichten«, murmelte er. »Bill Forsyth hat meinen Vater erschossen und ich habe Bill Forsyth getötet. Heute Nacht kam Big Jim mit seinem Rudel auf die Bar-T. Dave starb, Cole fiel Big Jim in die Hände, die Ranch ging in Flammen auf. Ich entkam den Wöl­fen. Das ist die Geschichte, Clay.«

      Lisa kam zurück. Sie kniete sich ne­ben Lane auf den Fußboden und be­gann, seine Wunde zu versorgen. Sie arbeitete stumm und sorgfältig.

      »Es ist eine verdammt üble Ge­schichte, Turpin«, stieg es dumpf aus Clay Reeds Kehle. »Weshalb kommst du ausgerechnet zu mir damit?« Fast feindselig schaute er Lane dabei an.

      »Vater!«, rief Lisa vorwurfsvoll und zurechtweisend und schoss Clay Reed einen vernichtenden Blick zu. »Wo­hin hätte er sich sonst wenden sol­len?« Sie hatte die Wunde mit Per­oxyd desinfiziert und verband ihn nun. Lane spürte pochenden Schmerz.

      Reed zuckte nichts sagend mit den Achseln. »Er hätte wissen müssen, dass ich mich niemals einmischen werde. Ich arbeite öfter mal für Big Jim.« Seine Brauen schoben sich zusammen wie dunkle Raupen. Eine steile Falte stand plötzlich über seiner Nasenwurzel. »Und ich bin sehr dankbar dafür, dass Big Jim mich in Ruhe lässt. Darum hätte er nie her­kommen dürfen.«

      »Ich bin nicht hier, um mich bei dir zu verkriechen, Clay.« Lanes Tonfall gewann an Festigkeit. »Aber ich wäre dir für einige Dinge sehr dank­bar …«

      »Ich glaube nicht, dass ich auch nur einen Finger für dich krumm mache, Turpin!«, unterbrach ihn Reed eisig und unbarmherzig. Er nahm die Beine zurück, beugte sich weit über den Tisch. In seinem Blick erschien eine zornige Flamme, »Ich lasse mich von dir in nichts hineinziehen, was mich Kopf und Kragen kosten kann!«, fauchte er bissig. »Euer Krieg interes­siert mich nicht. Soll Big Jim auch mir und Lisa das Haus über dem Kopf an­zünden?«

      Abrupt richtete Lisa sich auf. Ihre roten, sinnig geschnittenen Lippen verzogen sich angeekelt. »Soll das etwa heißen, Vater, dass du Lane in diesem Zustand wieder in die Nacht hinausjagen willst? Hast du denn kein Gewissen? Sind dir Ruhe und Sicher­heit mehr wert als ein Menschenle­ben?« Die Leidenschaft in ihrer Stimme erschütterte Lane.

      »Natürlich, das ist mir schon klar!«, giftete Reed und funkelte seine Toch­ter an. »Du ergreifst seine Partei, weil dir der Kerl etwas bedeutet. Denkst du denn, ich habe es nicht bemerkt, dass er immer wieder nur deinetwe­gen zu uns gekommen ist? Die Blicke, die ihr gewechselt habt, waren deut­lich genug.« Sein Kopf schnellte herum zu Lane. »Denke nur nicht, Turpin, dass ich persönlich etwas ge­gen dich habe. Ganz und gar nicht.« Seine Stimme hatte wieder den sachli­chen Tonfall angenommen. »Aber wie ich Big Jim kenne, kreuzt er in spätestens einer Stunde bei mir auf, weil er nicht dumm ist und sich an fünf Fingern abzählen kann, wohin du dich gewandt hast. Und er wird mich an den Ohren aufhängen, wenn er da­hinter kommt, dass ich dir geholfen habe. Du hast nichts mehr zu verlie­ren. Aber ich! Und ich werde alles verlieren, wenn …«

      Lisas entrüstetes Zischen schnitt ihm das Wort ab. Es glich dem wüten­den Zischen einer Schlange. Der Anflug von Wildheit in ihren ebenmäßi­gen Zügen ließ erkennen, dass sie kurz vor der Explosion stand. »Ich schäme mich für dich, Vater!«, sprudelte es aus ihr heraus. »Ja, es stimmt: Lane bedeutet mir etwas — er bedeutet mir eine ganze Menge. Und ich werde ihm helfen. Versuch nur nicht, mich davon abzuhalten. Ich fürchte Big Jim nicht. Wenn Lane seinen missratenen Sohn erschossen hat, dann wird er da­für einen Grund gehabt haben. Lane ist am Ende. Er ist chancenlos. Ihn sei­nem Schicksal zu überlassen wäre un­gefähr dasselbe, als würdest du ihm eine Kugel in den Kopf schießen.«

      Lanes Gestalt wuchs schwerfällig in die Höhe. Schwer stützte er sich mit beiden Armen auf den Tisch. Enttäu­schung spiegelte sich in seinen ver­krampften Zügen wider. In seinem Blick woben die Schatten des Schmer­zes und der Erschöpfung. Aber da wa­ren auch Härte und Unbeugsamkeit zu sehen. »Wahrscheinlich hat dein Vater recht, Lisa«, murmelte er und seine Stimme raschelte wie altes Per­gament. »Ich darf euch nicht mit hin­einziehen. Big Jim ist unberechenbar. Und er ist voll Hass. Er wird vor nichts und niemand haltmachen. Also ver­schwinde ich.«

      Reed sank wieder in seinen Stuhl zurück. Sekundenlang spürte er so et­was wie Ekel vor sich selbst. Aber die Furcht vor Big Jim in ihm überwog. »Ein kluger Entschluss«, bemerkte er grunzend und wich dem flammenden Blick seiner Tochter aus.

      »Ich lasse es nicht zu!«, rief sie wie besessen.

      Aber Lane winkte ab. »Ein Mann muss sich einen letzten Rest von Stolz bewahren, Lisa. Diesen Stolz aber verliert er, wenn er sich selbst zum Bettler degradiert. Ich werde niemals um etwas betteln. Weder bei Big Jim, noch bei deinem Vater. Du hast mir sehr geholfen, weil du meine Wunde versorgt hast.« Er wandte sich Reed zu. »Ich gehe, Clay. Aber ich kehre zurück. Big Jim ist mir eine Menge schuldig. Wenn er kommt, bestell es ihm.«

      Reed knallte die flache Hand auf den Tisch. »Zum Teufel, Lane, ver­steh mich doch!«, rief er fast weiner­lich, was Lane seltsam berührte. »Ich habe genug gekämpft in meinem Le­ben. Jetzt bin ich alt und will meinen Frieden. Big Jim duldet mich hier nur, weil ich ihm das vierbeinige Raub­zeug von der Weide fege. Aber er wird mich davonjagen, wenn ich mich gegen ihn wende.«

      Lane humpelte zur Tür. Lisa stellte sich ihm in den Weg. Entschlossene Härte zeigte sich in ihrer Miene. »Du kommst keine drei Meilen weit, Lane. Es dauert mindestens eine Woche, bis du wieder einigermaßen hergestellt bist. Ich weiß ein Versteck, wo Big Jim dich nicht findet. Dorthin bringe ich dich. Und du gehst nicht eher fort, bis du vollkommen gesund bist.«

      »Du bist total übergeschnappt, Lisa!«, kreischte Reed. Seine weinerli­che Art war verschwunden. Nur die Angst vor der Zukunft beherrschte ihn. »Big Jim vernichtet uns, wenn wir ihn herausfordern!«

      Lisa lächelte. Ein Zug eisiger Ver­achtung lag um ihren Mund, als sie knapp und böse sagte: »Du kannst ihm ja entgegen kriechen und dich für deine Tochter entschuldigen. Ich je­denfalls stehe auf Lanes Seite. Und mit dir bin ich fertig.«

      »Aber es ist doch nur deinetwegen, Lisa!« Reed brachte es nur mühsam hervor. Vergeblich versuchte er, das Zittern in seiner Stimme zu unter­drücken. Erregt kratzte er sich am Kinn. Gefühl und Verstand lagen in ihm in zäher Zwietracht. Er musterte Lane mit einem raschen, abschätzen den Blick, dann sah er wieder auf Lisa - beschwörend, fast flehend.

      Aber deren Augen verrieten nur den Widerwillen, den sie empfand. Reed blickte in ihr willensstarkes Ge­sicht, in die trotzigen Augen, und hatte plötzlich den Eindruck, dass sie die verborgensten Züge seines Wesens durchschaute. Er befand sich in einer fürchterlichen Gemütsverfassung. Schließlich überwand er seine Ängste und Befürch­tungen und flüsterte fast, als er fragte: »Was brauchst du, um aus dem Valley zu verschwinden, Turpin? Sag es mir und ich will sehen, ob ich dir es geben kann. Ehe ich Lisa verliere, will ich Big Jims Zorn in Kauf nehmen.«

      »Selbst wenn er ein Pferd hätte, käme er nicht weit.« Die Anspannung war aus Lisas Miene gewichen. Fast mitleidig fixierte sie ihren Vater. Sie ahnte, welche Überwindung es ihn kostete, Lane dieses Angebot zu un­terbreiten, das ihm nichts einbringen konnte als Ärger. Ihre Stimme klang weich und gelöst, als sie fortfuhr: »Ich werde ihn in die Höhle in der Alderschlucht bringen, Vater. Dort findet ihn Big Jim niemals. Er kann da blei­ben, bis seine Wunden verheilt sind. Und dann sehen wir weiter.«

      Clay Reed überlegte kurz, dann nickte er widerwillig, und es war klar, dass er wenig begeistert war von al­lem. »Einverstanden. Aber verliert jetzt keine Zeit mehr. Big Jim wird nicht lange auf sich warten lassen.«

      *

      Clay Reeds unheilvolle Vermu­tung ging schon bald in Erfüllung. Kaum, dass Lisa und Lane die

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