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Kapitalismus, verstanden als durch und durch privatisierte Welt des Eigentums, müsste sogar sauberer wirtschaften, weil die Verseuchung eines privaten Gebietes (auch Gewässer) mit Chemikalien Entschädigungsforderungen des jeweiligen Eigentümers nach sich zöge. Anderseits aber sorgt im Kapitalismus der Schuldendruck für einen wesentlich höheren Output an Müll und Abgasen, sodass sich insgesamt die Umweltverschmutzung eines überbevölkerten Staatssystems in Waage halten dürfte, egal welches ideologische System darin implementiert wurde. Wir sehen also: Im Gegensatz zur kapitalistischen Wirtschaft gibt es in der sozialistischen Produktion keinen Zwang zur Effizienzsteigerung, Verwohlfeilerung, Qualitätssteigerung2 und Kostensenkung, da es im planwirtschaftlichen Modell die Finanzierungs- und Abnahmegarantie gibt.

      Wollte man all diese Symptome des Sozialismus bekämpfen, kann die Folge nur sein: Ein noch genauerer und noch rigoroserer Plan, d.h. weitere Bürokratie und damit, wie wir bereits gehört haben, noch höhere Komplexität mit immer geringerem Nutzen und immer größerer Instabilität. Und ließen sich die Probleme damit wirklich lösen? Allein die Frage ist naiv, wenn man einem sozialistisch-bürokratischen Verwaltungsstaat gegenübersteht, doch wollen wir trotzdem versuchen, den Widerspruch zwischen der Plan-Zentrale und dem Betrieb klar herauszuarbeiten. Da Betrieb und Zentrale eigene und vor allem diametral gegenüberstehende Interessen verfolgen und obendrein die Menschen auf allen Ebenen der Hierarchie ihr eigenes Süppchen kochen, mangelt es im Sozialismus an der Informationsweitergabe bzw. der Kommunikation im Allgemeinen, welche im Kapitalismus vom Markt bzw. dem Geldsystem erledigt wird.

       »Die zentralen Planungsorgane […] verfügen über keine hinreichend breite und zuverlässige Informationsbasis bezüglich der Bedingungen der Wirtschaftsführung jedes Betriebes und insbesondere der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen. Auch über das Ausmaß der wirklichen Bedürfnisse der Gesellschaft an Ausrüstungsgegenständen, Roh- und Werkstoffen, Konsumgüter und Lebensmitteln besitzen sie nur eine ungefähre Vorstellung.«1

      Doch es kommt noch schlimmer. Resultiert doch aus der Diskrepanz zwischen Zentrale und Betrieb falsche Information. Stahlmann dazu:

       »Den Markt zu planen wird damit aber für den Abnahmegaranten zu einer unlösbaren Aufgabe, denn der Logik des Einzelbetriebes muss es entsprechen, sein Informationsmonopol auszunutzen und nicht nur die Qualitätskontrolle, sondern auch die Tonnen- und Kostenplanung unüberblickbar zu machen. […] Die Betriebe haben ihrer Logik gemäß kein Interesse, Informationen an die Zentrale zu geben, denn sie müssten mit höheren Planauflagen und geringeren Materialzuweisungen rechnen. Die Zentrale ist im Übrigen durch ihre Getrenntheit von den Teilproduzenten auch nur abstraktes Gemeininteresse, d.h. auch sie weiß nicht über die realen Bedürfnisse der Gesellschaft Bescheid, sondern erstellt nur Prognosen. […] Der Widerspruch zwischen Planer und Betriebsmanager aber muss eine Form finden, innerhalb derer er sich bewegen kann, und so besteht die Planaufstellung in langwierigen und zähen Verhandlungen, wobei es wie gesagt für den Betrieb darum geht, möglichst viel Zuteilung bei möglichst niedrigem Plan zu erhalten, die Zentrale aber in die entgegengesetzte Richtung steuern möchte.«

      werden, wie Glühbirnen oder Kühlschränke, genau umgekehrt. Der Staat muss sparen und fördert die Langlebigkeit einiger weniger Produkte.

      Allein die Bedarfsmeldungen von den Einzelbetrieben an die Zentrale sind bei Weitem zu hoch angesetzt, weil die Betriebe sich gegen alle Eventualitäten rüsten und ihre Lager befüllen möchten.1 Neben dem Informationsmonopol hat der Betrieb auch die Möglichkeiten der Bestechung und Beeinflussung, die sich im wirren bürokratischen Dickicht der sozialistischen Planwirtschaft systemimmanent ergeben. Stets werden die einzelnen Betriebe versuchen, ihre Planerfüllung so niedrig wie möglich zu halten, um im nächsten Zeitraum nicht überfordert zu werden. Der ständige Versuch, mehr Ressourcen zu erhalten und die ständige Anhäufung von abstrakter Arbeit2 führt zu einer stetigen Ausdehnung der Betriebe, statt zur Intensivierung der Produktion.3 Bei Projektkosten dagegen setzen die Betriebe die Plankosten bewusst niedrig an. Damit erhöhen sich die Chancen, dass das Projekt bewilligt wird. Erst später werden die wahren Kosten enthüllt.4 Die Existenz eines riesigen Schwarzmarkts im sozialistischen System zeugt weiters davon, dass in dem undurchschaubaren Dickicht sozialistischer Bürokratie weder Materialverbrauch, noch Ausstoß innerhalb der Betriebe kontrolliert werden können. Während der kapitalistische Betrieb das Ziel anstrebt, durch möglichst effiziente Produktion qualitativ hochwertige Produkte zum niedrigsten Preis anzubieten, um die Konkurrenz auszustechen, strebt der sozialistische Betrieb das exakte Gegenteil an. Er will möglichst viele Arbeitskräfte einverleiben, möglichst hohe Preise erzielen, bei möglichst niedriger Qualität. Stahlmann schreibt:

       »Gerade im Zwang zur Entfaltung der produktiven Potenzen und der damit verbundenen Eliminierung der wertschöpfenden Arbeit besteht der historische Fortschritt und zugleich die Selbstentleibungstendenz der kapitalistischen Konkurrenz. Der Realsozialismus aber ist in seinem Versuch der positiven Entfaltung des Werts nur zur permanenten Ausweitung von Investition und Arbeitskraftvernutzung fähig, was ab einem bestimmten Punkt – der Erschöpfung der stofflichen Grenzen im gesteckten nationalen Rahmen – nur noch Stagnation bedeuten kann.«

      Die absurden Berechnungsgrundlagen zur Verwandlung eines Werts in einen realen Preis werden bei der Betrachtung der perversen negativen Anreize eines sozialistischen Systems vollends der Lächerlichkeit preisgegeben. Ohne Eigentum, Markt und daher Angebot und Nachfrage sind Preisfestlegungen eine Illusion, vor allem wenn der Preis sich u.a. nach dem zur Expansion tendierenden Wert »Arbeit« bzw. Produktionskosten bemisst und dieser Wert selbst in Geldeinheiten gemessen wird. Hier beißt sich die Katze also in den Schwanz. Der Preis im Sozialismus ist ohne jede Aussagekraft1 – nur die Betriebe sehen im Preis eine Zahl, die möglichst hoch sein muss, wird doch die Gewinnspanne als Prozentsatz der Produktion berechnet, was letztlich dazu führt, dass schlechtere Produkte oft mehr kosten als bessere, schlichtweg weil der Betrieb mit den schlechteren Produkten höhere Aufwendungen bei der Zentrale veranschlagt.

      Das systemimmanente Aufblähen der Kosten führt im Sozialismus, neben bereits aufgezählten Fakten, zu permanenter Inflation. Die Inflation wiederum wird durch Preisfixierung und Subventionen künstlich nach unten gedrückt, was einerseits zu Mangelproduktion führt und andererseits die Qualität der Produkte weiter verschlechtert, weil aus bekannten Gründen im Sozialismus an der Qualität zuerst gespart wird. Da diese Mangelproduktion im besten Fall durch die billiger produzierende »sozialistische Konkurrenz« ausgeglichen werden muss, d.h. alle Betriebe durch Umverteilung in einen Topf geworfen werden, wird auch dem letzten »moralischen« Betrieb (ohne ökonomische Anreize bleibt nur mehr die Moral) suggeriert, dass sich selbst der kleinste Rest an Leistung im Sozialismus nicht auszahlt.2 Es hat schon etwas Skurriles an sich, wenn gerade Lenin moniert, dass große kapitalistische Monopole an ihrer »inneren Fäulnis« zugrunde gehen und dabei das große sozialistische Staatsmonopol übersieht. Denn er hatte Recht: Es ist die innere

      Fäulnis, die den Sozialismus auffrisst. Natürlich soll unsere Analyse nicht bei den Betrieben Halt machen. Die Ineffizienz und Erstarrung zieht sich fraktal hinunter zu den Mitarbeitern des Betriebes und führt zur so bezeichneten »Tragik der Allmende«. Peter Mersch schreibt dazu:

       »Bewirtschaftet etwa eine größere Gruppe gemeinsam ein Feld (eine sogenannte Allmende), und vereinbart sie, dass allen Individuen der gleiche Anteil am Gesamtertrag zusteht, so dürfte es dabei auf lange Sicht zur sogenannten Tragik der Allmende kommen, da nun besonders ›faule‹ Ackerbauern den größten Nutzen aus dem von allen erwirtschafteten Ertrag haben: Faulheit generiert zum wirtschaftlichen Vorteil und setzt sich folglich immer stärker durch. Man könnte es auch so sagen: Aus Sicht eines egoistischen Selbsterhaltungsinteresses ist im sozialen System der Allmende die Faulheit die beste Strategie.«1

      Genau das passiert im sozialistischen Betrieb – Faulheit setzt sich nicht nur durch, sondern schaukelt sich unter den Mitarbeitern sogar gegenseitig hoch, da ohnehin jeder gleich entgolten wird, unabhängig vom Arbeitsaufwand. Etwaige sozialistische Anreizsysteme, die den Kapitalismus zu kopieren versuchen, sind dabei bloß Tropfen auf dem heißen Stein; sie vermögen das Grundproblem nicht zu lösen. So kommt also zum Drang des Betriebes, Arbeitskraft aufzusaugen, noch die individuelle Faulheit der Mitarbeiter hinzu, die

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