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die schiere Existenz eines Staates für ein Auseinanderbrechen der egalitären Solidargemeinschaft in hierarchisch strukturierte, spezialisierte »Zellen«, also Berufe, Stände und Klassen.1 Hinter dieser Dynamik steckt, wie im nächsten Kapitel zu zeigen sein wird, der unbändige Schuldendruck (auf allen Ebenen), der letztendlich dafür sorgt, dass ich heute hier ein Buch auf meinem Laptop verfassen und mir Informationen aus dem Internet besorgen kann. All das basiert zwangsläufig und notwendigerweise auf dem Urgrund allen Seins: dem Willen, sich selbst in all seiner Herrlichkeit zu erfahren und alle daraus resultierenden Fraktale. Der Selektionsdruck der Natur bringt den sich selbst erkennenden Menschen hervor, das Erkennen der Urschuld mündet im Staat, der dann seinerseits als befruchtender, kultureller Turbo für die geistige Evolution des Menschen fungiert. »Innerhalb« der ruhenden, weiblichen, ganzheitlichen Leere waltet das dynamische, männliche, dissoziierende Sein, das sich seinerseits wiederum in den ruhenden, weiblichen, ausgedehnten Raum und die dynamische, männliche, komprimierte Materie (Zeit) teilt. Die Materie wiederum zerfällt in das dunkle, weibliche, anorganische Tote und das helle, männliche, organische Lebende (so wie die Zeit in die zyklisch-weibliche Vergangenheit und die linear-männliche Zukunft zerfällt). Das (menschliche) Leben wiederum teilt sich in die unbewusste, weibliche, triebhafte Natur (Stamm) und die bewusste, männliche, vergeistigte Kultur (Staat). Im kulturellen Zyklus wachsen dann aus der feudalen Einheit kollektivistische, weibliche, egalitäre Strömungen (Sozialismus) und individualistische, männliche, elitäre Machtstrukturen (Kapitalismus).2

      Es dreht sich immer alles um die gegengeschlechtlichen Dichotomien »Einheit/Vielheit«, »Verbindung/Trennung« oder »Stillstand/Dynamik«, letztendlich also immer um die Allegorie vom Garten Eden – Paradies oder Sündenfall – und dies gilt für alles Existente auf allen Ebenen. Leben wir im Prinzip »Einheit/Verbindung/Stillstand«, so leben wir im Paradies, doch es mangelt uns an Erfahrung. Leben wir im Prinzip »Vielheit/Trennung/Dynamik«, so genießen wir den Fortschritt und alle geistigen und technologischen Errungenschaften, doch wir leben dann ebenso in einer Welt mit Krisen und Kriegen. Ist Gott die Leere, dann hat er sich noch nicht durch einen Beobachtungsakt selbst gespalten, existiert dementsprechend nicht und hat deshalb einen Mangel an »Sein« und die damit verbundene Erfahrung. Ist Gott das dynamische Sein, so erfährt er sich durch seine Schöpfung, kann aber nicht mehr allmächtig und allwissend sein.1 Er lebt dann auch mit allen »bösen« Dingen, die zur Selbsterfahrung gehören und strebt nach der leeren Einheit.

      Das mag dem einen oder anderen Leser noch wie plumpe Esoterik vorkommen, doch wir werden im Zuge dieses Buches diese Prinzipien zu begreifen lernen, völlig unabhängig davon, ob der Leser Atheist oder ein Mensch des Glaubens ist. Gott ist ein Prinzip, welches sich aus der Existenz des Seins ergibt – sowohl die Atheisten als auch die Religiösen haben auf ihre Art und Weise Recht und Unrecht zugleich. Es kommt nur auf den Blickwinkel an, und der wird sich für beide im weiteren Verlauf des Buches verändern, wenn sie sich nur darauf einlassen.

      Macht, Eigentum, Geld und Zins

       Der Eigentumstitel ›Macht‹ geht allen anderen Titeln immer voran. Titel können nur existieren, wenn sie besichert sind. Diese Besicherung kann nur durch angedrohten oder durchgeführten Einsatz von Waffen erfolgen. Die Waffe muss dabei nicht nur im Besitz, sondern auch im Eigentum der Macht bzw. der jeweiligen Machthalter sein. Die Waffe besichert das Eigentum an sich selbst. In der Waffe fallen demnach Besitz und Eigentum zusammen. Wer sie besitzt, ist zugleich ihr Eigentümer, da er mit Hilfe ihres Besitzes andere von ihrem Besitz ausschließen kann.

      Paul C. Martin, Macht, der Staat und die Institution des Eigentums

      Es ist nicht Sinn und Zweck dieses Buches, wirtschaftswissenschaftliche Abhandlungen zu verfassen. Deshalb werden die folgenden Kapitel trotz der immensen Komplexität des Themas verkürzt und möglichst vereinfacht dargestellt. Auch können wir auf die Unterschiede zwischen Martins Debitismus-Theorie und Heinsohn/Steigers Eigentumsökonomik nur bedingt eingehen. Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass nur Zitate als solche direkt den betreffenden Personen zuzuordnen sind, während der übrige Text meine persönliche Interpretation darstellt. Diese beruht zwar auf den Theorien der genannten Ökonomen, muss mit diesen aber im Detail nicht zwingend übereinstimmen. Vielmehr soll ein grober Konsens hergestellt werden, um die Kontinuität zu wahren. Wenn Sie heute auf der Straße einen x-beliebigen Menschen fragen, was Geld eigentlich ist, wird die überwiegende Mehrheit – darunter auch die überwiegende Mehrheit der Ökonomen – es als »Tauschmittel« bezeichnen. Es ist schwer zu begreifen und noch schwerer zu akzeptieren, dass das allgemeine Paradigma »Geld wurde erfunden, um Tauschvorgänge zu vereinfachen« für falsch erklärt werden muss. Nie gab es in vorstaatlichen Zeiten so etwas wie Geld, d.h. ein Gut, das sich aus dem allgemeinen Gütertauschprozess als Geld herausgebildet hat, das jeder annimmt aufgrund des Wissens, dass jeder es annimmt. Zwar gab es durchaus Tauschvorgänge1, doch die beschränkten sich in der Hauptsache auf den Tausch zwischen Stamm und Stamm, oder beruhten auf einem indirekten Tausch, der sogenannten »Schenkökonomie«, die aber keinen ökonomischen oder gewinnorientierten Nutzen verfolgt, sondern eine soziale Funktion erfüllt. Von einem Tauschmarkt oder einer universellen Ware, die als Geld fungiert, fehlt historisch allerdings jede Spur. Wurde doch, im Gegenteil, innerhalb des Stammes solidarisch produziert, d.h. der Stamm sorgte wie eine Großfamilie für seine eigenen Bedürfnisse und das gemeinschaftlich produzierte Gut wurde auf die Stammesmitglieder aufgeteilt bzw. nach konsensualen Regeln zugewiesen. Nach Oppenheimer gibt (bzw. gab) es sogar Stämme, deren Mitglieder mit dem Begriff »tauschen« überhaupt nichts anfangen können und die einem beim Versuch, ein Gut gegen ein anderes (oder gegen eine Dienstleistung) zu tauschen, nur fragende Blicke zuwerfen. Wir halten also fest: Ein allgemein anerkanntes Zahlungsmittel gab es in vorstaatlicher Zeit nicht, zumindest wurde bisher noch kein Beweis für eine Ausnahme entdeckt. Noch immer halten Mainstream-Ökonomen und Professoren im Universitätsbetrieb, ohne den Funken eines Beweises, an dem grundfalschen und folgenschweren Tausch-Paradigma fest – allein weil es einfach und oberflächlich betrachtet einleuchtend klingt und nicht zuletzt auch deshalb, weil dieses Paradigma die Urprämisse ist, auf der so gut wie alle ökonomischen Lehren fußen. Diese Prämisse zu hinterfragen, würde 250 Jahre Wirtschaftswissenschaft auf den Kopf stellen und einen erschütternden Paradigmenwechsel einleiten. Solche Erschütterungen kommen selten schlagartig, sondern vielmehr erst mit dem natürlichen Tod jener, die im wissenschaftlichen Betrieb die Rahmenbedingungen vorgaben.

      Was Geld ist und wie es entsteht, erklären sich die ökonomisch Ungebildeten möglicherweise anders als die ökonomisch Versierten. Aber irgendwie ist es in allen Theorien immer von Beginn weg da. Einmal ist es eine Ware, die jeder will. Einmal druckt es der Staat und verteilt es in der Bevölkerung, damit diese Handel treibt mit Geld als Tauschmittel. Einmal entsteht es irgendwie im Prozess des Wirtschaftens usw. Bevor wir diesen Irrtum aber aufklären, wollen wir ein paar juristische Spitzfindigkeiten aufzeigen, die bei der Unterscheidung von Stamm (und Feudalismus/Sozialismus: siehe unten) und Eigentumsgesellschaft bald von großer Bedeutung sein werden.

      In der Stammesgemeinschaft gibt es nur Besitz und kein Eigentum. Ich kann in einem Stamm etwas besitzen, das auf Konsens aller übrigen Stammesgenossen beruht (z.B. eine Wohnstätte oder einen Acker, den ich für die solidarische Produktion bearbeite). Aber all das ist nicht mein Eigentum, sondern gehört zum Stammesbesitz1. Selbstverständlich mag das einzelne Stammesmitglied seine privaten Utensilien sein Eigen nennen, sie also besitzen, aber Eigentum im juristischen Sinne kann es nur dort geben, wo es eine Zentralmacht (den Staat) gibt, die dieses Eigentum durch ihr Machtmonopol schützt. Es muss also eine übergeordnete Rechtsinstanz geben, die Eigentum garantiert und Verträge zwangsvollstrecken kann. Würde der Staat als Machtmonopol in einer Eigentumsgesellschaft Eigentum nicht mehr durch seine Legislative, Exekutive und Judikative schützen, würde das Recht des Stärkeren gelten, der Preis für Eigentum würde verfallen und es könnte bei der Kreditschaffung nicht mehr beliehen werden, weil Geschäftsbanken (die es dann ebenfalls nicht mehr geben würde) es nicht mehr als Pfand akzeptieren würden. Der Unterschied zwischen Besitz und Eigentum ist auch in der Eigentumsgesellschaft ersichtlich, etwa wenn jemand eine Wohnung als Mieter oder ein geleastes Auto besitzt, deren Eigentümer jemand anderer ist. Das Eingangszitat Martins lässt bereits erkennen: Die Macht (daher der Staat) geht allen Eigentumstiteln voran. Im Staat müssen Besitz und Eigentum an der

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