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erwähnt, weil ich nur aus meinem Herzen sprechen kann und mich in meinen Empfindungen nicht einschränken möchte. Dennoch soll mein Mitleid nicht seine Existenz als Mann schmälern. Seine Lebensgeschichte bereitet mir immer Seelenschmerz, wenn ich daran denke, aber gleichzeitig auch Stolz und Bewunderung, so einen Menschen zu kennen und zu lieben. Sanft streichelte ich mit einem Finger über seine Narben. Zu gerne wollte ich seine Wunden heilen. Die sichtbaren und die unsichtbaren. Dann begann er mich zu drängen. „Komm, fahren wir jetzt bitte!“, sagte er. „Um 10.00 Uhr geht mein Zug!“ Wir tranken unseren Kaffee aus und gingen zum Auto. Während der Fahrt wussten wir beide nicht, was wir miteinander reden sollten. Die ganze Zeit überlegte ich, was ich sagen könnte, damit wir uns wieder treffen. Auf keinen Fall wollte ich, dass das nur ein One-Night-Stand war. Andererseits wollte ich mich auf keinen Fall aufdrängen. „Ich werde dich nicht anrufen und dir auch nicht schreiben“, sagte ich zu ihm, bevor er aus meinem Auto ausstieg. „Warum nicht?“, fragte er. „Weil ich mich nicht aufdrängen möchte“, gab ich zur Antwort. „Wenn du mich treffen willst, dann musst du dich bei mir melden.“ – „Okay“, sagte er, küsste mich noch einmal und stieg aus. Da war es. Dieses Gefühl des unglücklich-Verliebtseins. Dieses Gefühl, dass er vielleicht nicht genauso empfand wie ich. Das Gefühl, sich in irgendeine hoffnungslose Sache zu verlaufen, aus der man nur schwer wieder rausfinden konnte. Das Gefühl, jemandem begegnet zu sein, der einem das Herz brechen konnte. Es gibt nur wenige Seelenpartner, die uns im Leben begegnen. Nicht nur in sexuellen oder partnerschaftlichen Beziehungen. Ich glaube, unsere Bestimmung ist es, diese Seelenpartner wiederzufinden. Man trifft sie nicht an jeder Straßenecke! Sie begegnen einem zufällig. Ich nenne sie auch Engel, weil sie einen Meilenstein für unsere persönliche und vor allem emotionale Entwicklung bedeuten. Manche dieser Engel begleiten einen nur kurz und hinterlassen gewaltige Spuren in unserer Seele. Sie unterstützen uns bei wichtigen Aufgaben. Andere bleiben für immer, oder zumindest für eine lange Zeit. Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind uns schon in einigen Leben vorher begegnet und mit einigen verbindet uns sogar die Ewigkeit. Wenn ich mir den Tod vorstelle, dann stelle ich mir einen Bahnhof vor. Einen ganz alten, einsamen Bahnhof, mit einem alten, verlassenen Wartehäuschen. Wenn deine Todesstunde dann bevorsteht, rollt ganz langsam und leise ein uralter Zug ein und bleibt direkt vor dir stehen, sodass du nur noch von deiner Bank, auf der du geduldig auf diesen Zug gewartet hast, aufstehen musst. Sobald du aufgestanden bist, öffnet sich die Tür des Waggons. Du gehst auf diese offene Tür zu und steigst ein. Vielleicht ängstlich – vielleicht traurig – vielleicht aber auch voller Hoffnung und Freude? Niemand außer dir befindet sich in dem Zug und du wählst einen Platz am Fenster aus. Der Zug rollt an und fährt mit dir durch bekannte Landschaften und Situationen. Du siehst alle Plätze, die du in deinem Leben gesehen hast und die für dich eine Bedeutung hatten. Du siehst spezielle und prägende Situationen aus deinem Leben. Du lächelst, während du durch die Fensterscheibe deine Lebensgeschichte im Vorbeifahren siehst. Auf diese Weise kannst du das Gesamtbild gut erkennen und du freust dich über die Bilder, die du siehst. Bilder aus einer Vergangenheit, die bisher noch deine Vergangenheit war und nun immer mehr und mehr zu einer Geschichte wird, die anscheinend irgendjemand irgendwann erzählt hat. Mit der Zeit hast du genügend Abstand zu den Bildern deines Lebens bekommen, sodass du dich nun auf das Ziel deiner Reise freust und die vorbeiziehenden Bilder langsam loslässt. Schließlich kommst du am Ziel an. Du spürst, wie der Zug immer langsamer wird und dann an einem Bahnhof anhält, der umgeben ist von einer paradiesischen Landschaft und von unglaublicher Schönheit. Du siehst schon durchs Fenster, wer gekommen ist, um dich von deiner Reise abzuholen. Voller Freude steigst du aus und läufst deinen Lieben, die schon auf dich gewartet haben, entgegen. Du begrüßt die Menschen und Tiere, die du in deinem Leben unendlich geliebt hast und die bereits vor dir an diesen Ort gekommen sind. Du freust dich, sie wiederzusehen. Mit ihnen verbindet dich der Hauch der Ewigkeit und gemeinsam verschmelzt ihr zu hellem Licht, steigt auf und erstrahlt in der reinsten, ewigen Liebe, während unter euch die Illusion des Bahnhofs verschwindet.

      Ich fuhr weiter. An diesem Tag wollte ich nicht traurig oder unglücklich verliebt sein. Ich wollte meinen Geburtstag feiern und mir vorstellen, dass er mich auch vermissen wird und an mich denkt. Also traf ich mich mit ein paar Freundinnen und hatte wirklich viel Spaß an diesem Tag. Keine Sorgen wegen Geld oder Liebe belasteten mich. Ich war einfach nur glücklich und auch froh darüber, diesen Geburtstag so dermaßen intensiv erlebt zu haben. Nie würde ich diesen Tag vergessen. Dessen war ich mir bewusst. „Und du hast ihn einfach mitten in der Nacht mit nach Hause genommen, obwohl du ihn noch nie vorher gesehen hast?“, fragte Sabrina erstaunt, als ich ihr von meiner Begegnung mit Farid erzählte. „Der hätte dich vergewaltigen oder ermorden können!“, warnte sie mich. Ich wehrte ab und schüttelte entschlossen den Kopf. Schließlich wusste ich, dass mir nichts passiert wäre. Es war ein Wissen tief in mir! Aber es ist schwierig, jemandem zu erklären, was man selbst tief im Innersten weiß. Also versuchte ich es erst gar nicht.

      Die Tage vergingen und Farid meldete sich nicht. Ich schaute sein WhatsApp Profil an. Er war online und meldete sich nicht. Ich schaute auf sein Instagram. Er war online und meldete sich nicht. Mit jedem Tag, der verging, wurde ich immer enttäuschter. Verdammt! Warum habe ich ihm gleich mein Herz gegeben? Das kann doch nicht sein! Ich wusste genau, dass es eben nicht einfach nur ein One-Night-Stand war! Für mich zumindest nicht! Aber leider, vielleicht sah er es anders? Sonst hätte er sich doch sicher gemeldet? Eine Woche später dachte ich nur noch daran, ob ich mich melden sollte. Aber nein! Das wollte ich auf keinen Fall! Wie sieht das denn aus? Erst sage ich ihm, dass er sich melden muss, wenn er Interesse an mir hat und dann melde ich mich? Das geht doch gar nicht! Schließlich machte ich mich auf den Weg nach Hause, nachdem ich meinen Vater besucht habe und blieb noch kurz bei einem Bankomaten stehen. Mein Vater wohnte in meiner Heimatstadt, nicht ganz eine Stunde Fahrt von meiner Wohnung entfernt, zusammen mit seiner Pflegerin. Ich besuchte ihn für gewöhnlich einmal pro Woche. Sehnsüchtig nahm ich das Handy und schaute es beschwörend an. „Warum schreibst du nicht?“, sagte ich laut. Und plötzlich schrieb er wirklich: „Hey! Hallo! Wie geht’s? Möchtest du mich in zwei Stunden vom Bahnhof abholen?“ Überrascht und überglücklich über dieses Lebenszeichen von Farid, gab es für mich nur eine Antwort. Natürlich! Und wie ich möchte! Obwohl ich ein bisschen beleidigt war, weil er sich eine Woche lang nicht gemeldet hat, wollte ich trotzdem meine Enttäuschung nicht zeigen. Ich wollte ihn einfach nur wiedersehen. Wie ein frisch verliebter Teenager fuhr ich schnell nach Hause, räumte meine Wohnung schnell auf und zauberte mir einen verführerischen Style ins Gesicht und auf den Körper. Selbstverständlich war ich rechtzeitig am Bahnhof und wartete im Auto, als er mit zehn Minuten Verspätung aus der Bahnhofshalle marschierte. Mein Herz schlug bis zum Hals hinauf, so aufgeregt war ich und so voller Vorfreude über das, was mich heute Nacht erwarten würde. Und so war es auch. Wir küssten uns im Auto, hielten uns die Hand während der Fahrt und kaum waren wir in meiner Wohnung angekommen, fielen wir übereinander her. Jetzt erst konnte ich ihm sagen, wie enttäuscht ich darüber war, die ganze Woche lang nichts von ihm gehört zu haben. „Mach das nie wieder, weil du bist mir nicht egal!“, flüsterte ich ihm vorwurfsvoll ins Ohr, während ich ihm zärtlich den Hals küsste. Ich konnte den Sex mit ihm so intensiv genießen. Seine feurige Leidenschaft und sein kraftvoller Körper machten mich immer wieder scharf auf ihn. Und so liebten wir uns wieder die ganze Nacht. Es war fantastisch und ich war sehr glücklich und wieder wollte ich diesen Moment – diese Nacht – für immer festhalten. Aber auch diese fantastische Nacht endete und wieder machte ich Frühstück am nächsten Morgen und wieder wollte er spätestens um 10.00 Uhr wieder am Bahnhof sein. Wieder hatte er irgendwas wahnsinnig Wichtiges zu erledigen. Und wieder meldete er sich tagelang nicht. Dieses Spielchen machte mich verrückt. Warum machte er das? Hatte er eine Freundin? War das Absicht? Es war einfach nur grausam! Aber ich wollte ihn nicht weiter darauf ansprechen und ich wollte ihm nicht schreiben. Ich war zu stolz dafür und ich hatte Angst, abgewiesen zu werden.

      Als ich eine Woche später meine frische Wäsche in den Kasten legen wollte, überraschte mich ein enormer Hexenschuss. Es war mir unmöglich, mich aufzurichten. „Ach, das ist nur ein Hexenschuss. Der vergeht in ein paar Tagen von selber wieder“, beruhigte ich mich selbst. Farid meldete sich nicht und meine Rückenschmerzen wurden stärker anstatt besser. Sie wurden so stark, dass ich einige Tage später den ärztlichen Notdienst anrufen musste. Der Notdienst konnte mir nicht helfen, das Gelenk war zu sehr verschoben und der Arzt stellte eine eigenartige und schmerzhafte Erhebung

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