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unsere Verschiffungsagentur an. Im Gegensatz zu Kanada, Kolumbien und andern Staaten, wo wir ohne eine Agentur das Fahrzeug selbstständig aus dem Hafen holen konnten, braucht man in Südafrika zwingend eine Agentur, da Privatpersonen kein Zugang zum Hafengelände erlaubt ist.

      Am nächsten Tag sitzen wir im Büro von Jetstream Freigt und sprechen mit dem Chef persönlich. Mr. Joshua meint: »Euer Schiff hat ein paar Tage Verspätung. Am 21. Dezember wird es voraussichtlich im Hafen eintreffen und einen Tag später solltet ihr euer Fahrzeug in Empfang nehmen können.«

      So kurz vor Weihnachten wird unser Suri also in Afrika eintreffen. Ein paar Tage später ist dann alles wegen der Weihnachtsferien geschlossen.

      Die nächste Zeit verbringen wir mit Sightseeing. Da das Gästehaus etwas außerhalb der City, in einem besseren Quartier liegt, braucht man immer ein Taxi, um die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Von der Benutzung der öffentlichen Busse wurde uns abgeraten.

      Der Taxifahrer meint: »Spaziert nie durch die Innenstadt. Schaut euch um: Ihr seht hier keinen einzigen Weißen. Bei Tag und Nacht kommt es hier zu Überfällen.«

      Nicht gerade ermutigend, was wir da hören, doch wegen der Städte sind wir ohnehin nicht nach Afrika gekommen.

      Tags darauf besuchen uns Jane und Peter in unserem Gästehaus. Schon in Indien hatten wir Probleme mit unserer Hinterachse und aus diesem Grund schrieben wir ein paar Freunde an. Andy, der ebenfalls lange in Südafrika unterwegs war, gab uns die Adresse von Peter, der in Durban wohnt, worauf ein reger E-Mail-Kontakt entstand. Jetzt trinken wir zusammen mit den beiden Tee.

      »Ihr müsst doch nicht die ganze Zeit in diesem Gästehaus ausharren«, meint seine Frau Jane, »kommt zu uns nach Kloof, das liegt nur ein paar Kilometer von hier. Da habt ihr ein eigenes Zimmer und mein Mann kann euch bei der Auslösung des Fahrzeugs behilflich sein.«

      Peter hat eine eigene Firma mit Produktionsstätten in verschiedenen Ländern. Da nun Weihnachten vor der Tür steht, hat er zwei Wochen Ferien und Zeit, mit uns ein paarmal zum Hafen zu fahren, um alle weiteren Abklärungen bezüglich der Verschiffung zu erledigen.

      Durban, die Millionenstadt am Indischen Ozean, ist der größte Hafen Afrikas, neuntgrößter Containerumschlagplatz der Welt und ökonomisches Herz der südafrikanischen Region KwaZulu Natal.

      Pet meint: »Fünfundneunzig Prozent der gesamten Steuereinnahmen des Landes werden von der Weißen Bevölkerungsschicht bezahlt und nur acht Prozent der Schwarzen bezahlen überhaupt Steuern!«

      Ob das wohl stimmt? Wir können es nicht überprüfen.

      Es ist der 22. Dezember, wir sind bereits eine Woche in Durban und heute können wir nach den Worten von Mr. Joshua definitiv unseren Suri in Empfang nehmen. Im Büro von Jetstream Freigt übergibt er uns die benötigten Formulare, mit denen wir zur Hafenanlage fahren. Die (schwarzen) Beamten sitzen träge in ihren Stühlen, teilweise haben sie die Füße auf den Tischen und nehmen sich nur widerwillig unseres Anliegens an.

      »Das war früher ganz anders«, meint Peter, »da oblag die Organisation der ganzen Hafenanlage den Weißen. Jetzt hat die schwarze Regierung diese lukrativen Posten ihren Freunden und Familienangehörigen zugeschanzt, die die erforderlichen Qualifikationen leider nicht haben. Das Ergebnis siehst du in diesem Büro.«

      Leider ist eine Nummer aus dem Auslieferungsformular falsch ausgefüllt und wir müssen zurück zu Mr. Joshua. Mit seinem Assistenten gehe ich zum Schifffahrtsamt, das uns eine neue Clearing-Nummer ausstellt, anschließend gehen wir wieder zusammen zurück zum Hafengelände.

      Diesmal läuft alles reibungslos. Mit einer leuchtend gelben Sicherheitsweste warte ich hinter dem Hafentor, bis unser Suri langsam angerollt kommt. Die Freude ist groß. Im hinteren Eck hat er ein paar Kratzer abbekommen, aber ansonsten hat er die lange Fahrt von Indien nach Südafrika unversehrt überstanden.

      Ein Problem bleibt weiterhin: Die defekte Hinterachse. Eine genaue Inspektion des schadhaften Teils besagt, dass es besser ist, wenn wir die Achse nicht nur schweißen, sondern komplett ersetzen.

      Zum Glück sind wir in Südafrika. Hier gibt es unser Modell wie Sand am Meer. Wäre dasselbe in Indien passiert – noch schlimmer in Ladakh auf 5600 Metern – nicht auszudenken.

      Begegnung mit einer Speikobra

      Wie so oft im Leben hat alles zwei Seiten. Dank unserem Pech mit der Achse haben wir das Glück, die hilfsbereite Familie von Peter und Jane kennenzulernen, an ihrem Leben teilzunehmen und ihre Freunde kennenzulernen.

      Wie fast überall auf der Welt, haben auch hier die Geschäfte über Weihnachten und Neujahr geschlossen. Die Garage, in der wir die Achse auswechseln werden, macht erst in einer Woche, am 4. Januar wieder auf. So nehmen wir gerne die Einladung an, mit unserer Gastfamilie für eine Woche in den Drakensbergen zu campen. Die Autos werden beladen mit Bier und Fleisch – etwas anderes brauchen die Südafrikaner nicht – und los geht die Fahrt vorbei an Maisfeldern, Grasland und sanften Hügeln. Wir befinden uns immer noch in der Provinz KwaZulu Natal.

      Kleine Rinderherden bevölkern die weite Landschaft, bis nach Underberg die ersten Ausläufer der Drakensberge zu erspähen sind. Hier am St Bernards Peak Campground werden wir für eine Woche dem Nichtstun frönen. Wobei … ganz richtig ist das nicht. Es gibt Wanderwege, Mountainbike-Trails und der nahe See lädt zu einem erfrischenden Bad ein. Regelmäßig gegen Abend türmen sich Gewitterwolken auf und ein kurzer Regenschauer bringt Abkühlung von der großen Hitze.

      Die Drakenberge sind für Südafrikas Wasserversorgung von großer Bedeutung. Nur drei Stunden ist dieser Gebirgszug, den die einheimischen Zulus Pfeilspitzen nennen, vom quirligen Durban entfernt, und doch wähnen wir uns in einer anderen Welt. Was für ein Kontrast zur Großstadt und vor allem zu Indien.

      Genau zum Jahreswechsel fahren Conny und Tomi, mit ihrem MAN von Actionmobil, auf den Platz. Mit ihrem übergroßen Fahrzeug sind sie natürlich der Hingucker des Campingplatzes. Vor drei Jahren haben sie ihr Hab und Gut verkauft und sind mit ihrem Expeditionsmobil von Deutschland aus gestartet. Erst fuhren sie durch den Nahen Osten, bevor sie anschließend die afrikanische Westroute in Angriff genommen haben.

      Und nun sitzen wir gemeinsam in ihrem Fahrzeug, plaudern bis spät in die Nacht vom Reisen und stoßen pünktlich um Mitternacht auf ein neues, abenteuerliches und ereignisreiches Reisejahr an. Zwei Tage später reisen sie weiter Richtung Botswana. Gewiss werden wir uns irgendwo im südlichen Afrika wiedersehen.

      Am nächsten Morgen begeben wir uns ein weiteres Mal auf eine Wanderung in die Drachenberge. Die Wanderschuhe sind geschnürt, der Rucksack vollgepackt und los gehts.

      Obwohl diese Gegend die größte Trockenheit seit 15 Jahren aufweist, blühen etliche Blumen auf den weiten Hochwiesen. Adler kreisen über unseren Köpfen und … was ist denn das? Keine zwei Meter vor mir bäumt sich eine hellbraun geringelte Schlange auf, zum Glück direkt vor ihrem Loch. Hätte sie keine Fluchtmöglichkeit, hätte sie sich noch größer aufgestellt und ihr Gift gezielt in meine Augen gespritzt, denn wie sich später dank eines Schlangenbuches herausstellt, handelt es sich um eine Ringhalskobra, eine afrikanische Speikobra. Ihr Gift lähmt die Atemwege und kurze Zeit später erstickt man jämmerlich. Wenn sie ihr Gift dem vermeintlichen Angreifer in die Augen sprühen, zerstören sie die Bindehaut und das kann zur Blindheit führen.

      »Es gibt sehr viele Speikobras in Südafrika«, meint Pet, »darum ist es wichtig, immer frische Milch dabeizuhaben. Wirst du von einer Speikobra angespuckt, wasch sofort die Augen mit Milch aus. Die Milcheiweiße neutralisieren das Gift der Schlange.«

      Schon wieder was gelernt!

      Nach einer Woche Campingferien sind wir erneut in Durban. In der Zwischenzeit hat auch die Garage von Peter Gaw nach den Festtagen wieder geöffnet. Drei Tage wird es dauern, bis die neue Hinterachse eingebaut ist. Wir entscheiden uns, wenn die Achse schon demontiert ist, auch noch die Radlager auszutauschen sowie eine zusätzliche Luftfederung einzubauen.

      Fünf Tage später sind wir abreisefertig. Wie sich gezeigt hat, war es höchste Zeit, die Achse auszutauschen: Auf beiden Seiten ist schon ein langer Riss ersichtlich.

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