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permanent tollten sie im Wasser herum oder spielten etwas. Zunächst studierten sich beide Gruppen, dann beließ man es bei gelegentlichen Blicken zur anderen Seite. Eigentlich war an dem Dutzend Jungs und Mädels nichts auszusetzen, sie fielen eigentlich nur durch ihren »Peggy Reichtum« auf.

      Und die Pomade.

      Was allerdings Matthias irgendwann keine Ruhe ließ, war ein blondes, herzergreifendes Mädchen, das sich bei der Gruppe befand. Nachdem er sie entdeckt hatte, konnte er seine Augen nicht mehr von ihr lassen. Sie war zierlich, trug einen schönen Badeanzug, der ihre makellosen Beine hervorragend zum Vorschein brachte; genau wie ihren runden Busen, der einen intensiven Abdruck unter dem Badeanzug hinterließ. Ihre Augen hatte er noch gar nicht gesehen, da sie eine Sonnenbrille trug. Was er aber sehen konnte war, dass sie offensichtlich keine Begleitung hatte, und dass sie wunderschön aussah. Hin und wieder sprach sie mit einer ihrer Freundinnen und lächelte, dann war Matthias für einige Sekunden wir paralysiert. Als sie ihn wiederum entdeckte und ihr Blick, das merkte er trotz Sonnenbrille sofort, an ihm hängen blieb, war es ganz um ihn geschehen. Es war ein Kinkerlitzchen, aber auch ein Spiel, bei dem es Matthias flau im Magen wurde, weil er so glücklich war. Beide taten so, als sähen sie nicht herüber, nur um jedes Mal kurz inne zu halten, wenn sich ihre Blicke zufällig trafen. Natürlich hatten wir das längst bemerkt und sahen Matthias so lange an, bis er mal wieder den Blick und seine Aufmerksamkeit auf seine Freunde lenkte. Wir lachten ihn herzhaft aus, weil wir schon eine gefühlte Ewigkeit auf seine Geistesgegenwart gewartet hatten. Matthias lief rot an und auch der jungen Dame schien nicht entgangen zu sein, dass man sich über sie amüsierte. Sie senkte ihren Kopf und verbarg sich hinter zwei vor ihr sitzenden Burschen.

      „Na, du alter Schwerenöter?“ Michael beruhigte sich gar nicht mehr und klopfte Matthias heftig auf die Schulter. „Ruhe jetzt, ist ja gut, ich hab’s kapiert ihr Idioten“ zischte dieser, und: „Sie ist bezaubernd. Ich habe sowas noch nie gesehen. Zumindest denkt das mein Herz. Ich möchte sie kennenlernen. Was meint ihr?“ Kurze Pause, wir legten die Köpfe quer und zeigten einfach nur auf die große Gruppe, dann schüttelten wir den Kopf. „Spinnst Du?“ stöhnte ich. „Sehen die so aus, als lassen sie ihre Prinzessin mit uns nach Hause gehen? Ich hatte heute eigentlich etwas Besseres vor, als mich mit einer Sportgruppe der Pfandfinder oder irgendeinem Ruderverein zu prügeln. Die Jungs haben auch schon genervt zu uns gesehen, bloß, weil wir da sind.“ Matthias sah kleinlaut und verwirrt in die Richtung seiner Herzensdame, dann nickte er und ließ ab. Normalerweise ließ er sich nicht so leicht aufhalten, wenn er etwas wollte.

      Es verging eine weitere Stunde, dann machte sich zur Begeisterung von Matthias der größte Teil der Jungs zu irgendetwas auf den Weg und die Mädchen bewegten sich in Richtung Wasser. Man konnte direkt sehen, wie es anfing, in ihm zu brodeln. Mir schwante sofort nichts Gutes. Mein Freund war bereit zu kämpfen: In der neuen Bundeswehr, für sein Land und für die wahre Liebe seines Lebens! Noch ehe wir etwas sagen konnten stand er auf, um sich erneut bis auf die Badehose zu entkleiden. „Bist du dir wirklich sicher, was du da tust? Dieses Techtelmechtel kann böse ausgehen!“ meinte Michael. „Ich bin vorsichtig, sülze nur etwas rum, falls die Gang zurückkommt, verdrücke ich mich schnell.“, erwiderte Matthias. „Und was ist mit den zwei Burschen, die verblieben sind? Die werden schweigen?“, setzte Michael nach. Matthias überlegte, zuckte dann aber nur mit den Schultern und lief ruhigen Schrittes los. Er ging just in dem Moment zur Wasserlinie, als sie alleine in Richtung Strand schwamm. Konnte auch kein Zufall sein. Zwanzig Meter im Wasser trafen sie sich und fingen an, miteinander zu reden.

      Beide lachten und sahen sehr fröhlich aus.

      Nicht so wie wir.

      Ehrlich gesagt wollte ich sofort einpacken und mich auf alle Eventualitäten vorbereiten. Diese Sportler Jungs behagten mir überhaupt gar nicht. Zu abgeklärt. Zu trainiert. Und genau passend in diesem Moment kam die ganze Gruppe Jungs wieder um die Ecke. Sie blieben überrascht stehen, als sie Matthias und ihre Begleitung im Wasser sahen; Dann redeten sie kurz miteinander, bevor sie schnellen Schrittes, tobenden Gesichtern und ersten Brüllern auf die beiden frisch Verliebten zuliefen.

      Scheiße! Was jetzt kam war wirklich Scheiße!

      Kapitel 4

      Gleicher Tag / Eckernförde

      Erinnerungen von Inge Viett

      Auf einem kleinen Kutter nahe der Küste bei Eckernförde standen wir mit unseren Fahrrädern und schleckten Eis, das er eben für uns gekauft hatte. Wir waren in zwei Stunden von Arnis nach Eckernförde mit den Fahrrädern gefahren und hatten dann eine Gelegenheit mit dem Boot nach Kiel gefunden. Von dort aus würden wir zügig nach Schönberg kommen. Der Kapitän schloss auch nicht aus, für uns die Kieler Bucht zu kreuzen und auf der anderen Seite bei Laboe anzulegen, dann hätten wir nur noch einige Kilometer zu fahren. Ich war immer noch wie verzaubert.

      „Was machst du denn so?“, frage ich. Bisher hatten wir nur über Alltägliches geredet, über die Landschaft oder über die Kindheit, nicht aber über ernstere oder tiefergehende Fragen. „Ik‘ bin Berliner und studiere an da Humboldt Uni, ne!“ schlackste Ralf. Ich lachte. „Ne wirklich jetzt, red‘ kein Stuss! Was machst du so?“ Wir sahen uns immer noch dauernd an, so dass mir laufend ganz heiß war, auch da, wo keine Sonne hinkam. „Ne wirklich, ik‘ studiere an der Uni in Berlin und werde wohl dem Staat in irgendeiner krassen Sache hölfen“. Bestätigte der in astreinem Berlinerisch. Er lächelte dazu sanft, ich dagegen nicht mehr. Das Kasperletheater funktionierte nicht mehr. Was für ein Spießer, rumorte es, naja, aber Berlin war cool. „Wau! Echt heftig. Hätte ich nicht erwartet. Bist aber trotzdem ein Netter!“, gestand ich Augen zwinkernd. Was er so tat war mir eigentlich egal.

      „Ja ich bin ein Netter, ehrlich…“ gab er jetzt in normalem Hochdeutsch zur Antwort. „weißt du, meine Familie besteht auf viele Dinge. Man kann sich nicht allem entziehen. Mein Weg ist derzeit recht weit gezeichnet. Aber das macht mich nicht trübsinnig. Es gibt mir Sicherheit und Gelegenheit, Reisen wie diese zu machen. Und im Osten ist halt alles nicht so einfach. Aber wir arbeiten alle hart und werden es schaffen, dass wir wieder blühende Landschaften haben. Es lebe der echte Sozialismus!“

      Ralf grinste, als er das sagte, und kommentierte: „Ne aber ohne Witz, ist mir wichtig. Das wird schon bei uns da drüben! Und ich mag es dort einfach, ich liebe meine Heimat! Von ganzem Herzen.“

      Ich starrte ihn an. Er konnte reden und er war intelligent; Auch wenn er Stuss laberte. Und scheinbar war er nur ein halber Spießer. Eher ein Mini-Rocker, ich war sofort verknallt. Das verwunderte mich, weil Jungs eigentlich immer Arschlöcher waren und ich eigentlich bisher eher Sex mit Frauen hatte. Ein Thema, das für mich damals aber keins war. Es war eben so,.. und jetzt war es scheinbar anders. Er war zwei Köpfe größer als ich und da ich es jetzt ernst mit ihm meinte, blickte ich wie ein hilfsbedürftiges Mädchen von unten zu ihm herauf, denn ich wollte ihn. „Was starrst Du mich so an? Nicht einverstanden?“ Plötzlich beugte er sich etwas nach vorne und drückte mir einen dicken Schmatzer auf. Dann flüsterte er: „Das war jetzt nicht geplant!“ Mehr fiel ihm nicht ein? „Ist das alles?“ fragte ich.

      „Ähhhh … darfst du das überhaupt schon?“ wollte er wissen.

      So ein Arschloch! Ich wurde stinksauer und rief: „Jaaa! Und …“

      Er unterbrach mich, in bester Manier, in dem er mich ganz fest an sich zog, leicht anhob und mich so richtig intensiv küsste. „Das kann er auch noch!“ dachte ich. Mir wurde ganz schwindlig. Das Boot schunkelte umher und in meinem Kopf begann sich alles zu drehen. Wie verderblich, eintönig und im Allerlei gefangen hatte der Tag, nein, mein Leben begonnen. Und wir herrlich hatte sich heute alles entwickelt!

      Gleicher Tag - Erinnerungen von Ralf-Peter Devaux

      Während wir eng umschlungen gemeinsam auf das offene und beruhigende Meer blickten, unterhielten wir uns über alles Mögliche. Als Kind einer ruhelosen Stadt schätzte ich das sehr. Zuhause war alles starr und konform. Ich war auf dem Weg, eine makellose, militärisch geprägte Diplomatenkarriere hinzulegen, so wie es meine Eltern von mir erwarteten und planten und hatte auch nicht wirklich etwas dagegen. Es war so, wie ich es Inge sagte: Es gab mir Freiheiten. Egal, in welche Schachtel man gesteckt wird, egal, welche Uniform

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