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wir dann Richtung Ausgang und Gelände gingen, erzählte der Soldat neben mir allerlei Details, brabbelte mich voll. Ich konnte gar nicht zuhören, weil ich so begeistert war. Es drehte sich alles in meinem Kopf. Unermüdlich dachte ich nach, wie ich am besten vorgehen würde. Das war genau mein Ding, eine praktische Revolution. Jetzt lag es an mir, an uns, die Leute auf die Straße zu bringen, die Westdeutschen zu unterstützen, uns endlich zu befreien.

      Die DDR wurde befreit!

      Es war absolut surreal, aber ich hatte es ja mit eigenen Augen gesehen. Soviel Gerät und Leute. Ein Major Hoffmann befreite uns aus diesem Elend, unfassbar.

      Kapitel 12

      1.Oktober 1989 / 11: 25 Uhr / Vogtlandstadion, Plauen, DDR

      Erinnerungen Kay-Uwe Bergmann,

      Feldwebel der 1. KHH Feindaufklärungskompanie

      Als der Plauener raus war, witzelte Karl-Heinz Hoffmann: „Na das kann ja was werden. Laufen die alle schon mit solchen Zetteln rum? Dann werden wir leichtes Spiel haben meine Herren!“ Wir lachten herzlich, dann bat er uns zurück zur Besprechung und die Feindaufklärungskompanie um eine aktuelle Einschätzung. Ich berichtete also:

      „Bisherige Vorstöße haben ergeben, dass die uns gelieferten Informationen richtig sind. In den kleineren Kasernen und Stützpunkten der NVA entlang von Erfuhrt, Gera, Zwickau und Dresden herrscht gähnende Leere. Wie prognostiziert sind es diese Einheiten, die in Berlin an den Feierlichkeiten teilnehmen und bereits abgezogen wurden“.

      Hoffmann kommentierte kurz für die Neueren: „Es sind diese Verbände und Stützpunkte südlich, weiter weg von der deutschen Grenze, die dem Angriff auf Westdeutschland dienen, zum Beispiel starke Panzer- und Kampfjägerverbände, also ihr bestes Material, das sie jetzt gerade voller Stolz in Berlin zeigen“. Ich nickte ihm zu, dann fuhr ich fort: „Wie ebenfalls vorhergesagt gilt dies auch für die sowjetischen Truppen im Raum Leipzig, also das 241. Motorisierte Schützenregiment in Leipzig selbst, das 27. Motorisierte Schützendivision in Halle, sowie dem Luftsturmbataillon der 8. Garde-Armee. ABC Stützpunkte sollten weiterhin top gesichert sein, das steht außer Frage“.

      Erneut fügte Hoffmann dazu: „In den Sonderwaffenlagern in Himmelpfort und Stolzenhain verwahrt die GSSD nukleare Sprengköpfe, die im Kriegsfall an Einheiten der NVA ausgegeben werden sollen. Auf bedeutenden Militärflugplätzen, wie Großenhain und Altenburg, sind große Mengen Atomwaffen eingelagert. Diese Standorte werden gegenüber der DDR stets geheim gehalten. So auch in Finsterwalde. Sie sind normalerweise stark gesichert!“. Erneut stimmte ich zu, berichtete: „Ich habe kleinere Feindspäher-Einheiten an jeden Standort entsendet, sowohl an unsere strategischen Ziele als auch an jene, die nur beobachtet werden müssen. Wir haben ein Netz von Thüringen bis nach Ostsachsen gespannt, bis nach Berlin und Blankenburg. Diese Gruppen nehmen bereits Kontakt zu örtlichen Widerstandszellen in der Bevölkerung auf. Der Großteil meiner Einheiten aber kümmert sich um die Sondierung des Hauptquartiers der 3. Armee der NVA in Leipzig, unserem Primärziel.“

      Ich war fertig, daher übernahm Major Hoffmann zur Gänze. Er sagt ganz ruhig: „Ich danke Ihnen Feldwebel. Soweit der Führungsstab meiner Meinung ist, stoßen wir, wie geplant, direkt auf Leipzig vor, mit fast allem, was wir haben. Die russische 51. Flak- und Raketen-Brigade lassen wir links liegen, die können die auch nur langsam verlegen, außerdem schießen die sicher nicht mit Kanonen auf Spatzen. Besser aber noch, wir bleiben so lange wie möglich unerkannt. Wir lassen nur einige Einheiten hier, die uns den Rücken freihalten. Außerdem möchte ich, wenn alles klappt, dass zurückbleibende Einheiten umgehend ihre zusätzlichen Aufgaben wie Sicherheitsfunktionen in den Orten, Akquirieren von weiteren Kämpfen und Aufheizen der Stimmung wahrnehmen…. wir wollen unsere Auftraggeber ja nicht enttäuschen, außerdem wird es ja schönes Wetter!“

      Die Gruppe lachte ausgiebig.

      Hoffmann machte nach einer kurzen Pause weiter: „Feindliche Kasernen auf dem Weg werden wir einnehmen, als erstes die 3.Rbr. in Taulenshain. Wir übernehmen auch dort Waffen und Gerät. In Leipzig leiten wir dann den Aufstand, der sich bereits seit Wochen in Demonstrationen entlädt. Noch sind diese friedlich, aber mit unserer Einflussnahme werden sie sich entsprechend gewalttätig entwickeln!

      Nur wenn Leipzig, also die Stadt selbst, nur wenn die starken NVA Grenztruppen rund um die Stadt, in den Wäldern und Bergen der Region, in unserer Hand sind, können wir wieder auf unsere Ziele im Süden vorgehen, die wir jetzt noch auslassen. Nur dann sind wir strategisch abgesichert, weil wir damit die NVA im Zentrum treffen.

      Das wird sie alle beschäftigen.

      Erst dann folgen Bautzen und Finsterwalde, wie sie alle wissen! Während dessen fahre ich mit den restlichen Trupps nach Walpersberg bei Kahla. Das Objekt in Finsterwalde übernehmen Behrendts und Bergmanns Spezialkommandos!“ Finsterwalde war nicht auf der Liste unserer Auftraggeber gestanden, es war unser Ding mit den Jungs vom Verfassungsschutz; Und unser Ticket in die Freiheit!

      Es war der Grund warum wir täglich auf Urbach warteten.

      Wir verabschiedeten uns, Gehlen salutierte, begeistert gaben wir ihm die Ehrenbezeugung zurück.

      Kapitel 12

      2. Oktober 1989, 06.00 Uhr / 15 km vor Leipzig

      Odfried Hepp, Kommandeur der 1.Leichten KHH Panzerkompanie

      Unsere ASchUFTDA war wie im Film. Wir waren gegen 23: 00 Uhr aus Plauen aufgebrochen, mit ca. 300 Mann. Das kleine Bataillon bestand aus fünf Infanterie, zwei leichten Panzer Kompanien und mehreren spezialisierten Trupps und Einheiten. Alle motorisiert. Wo wir in der Nacht hinkamen, waren unsere Jungs schon aktiv gewesen. Kai-Uwes Feindaufklärung und deren Einzelkämpfer in den Stoßtrupps arbeiteten still, leise und effektiv. Selbst die russischen Kasernen im Kreis Gera und Altenburg, sowie in Naumburg und Borna, meist bis auf die Bewachung und wenige Mann leer, wurden ohne offene Kampfhandlungen eingenommen.

      Niemand hatte gemerkt, dass sie jetzt uns gehörten.

      In den Morgenstunden dann der Vorstoß auf Merseburg, das Braunkohle Tagebaurevier. Ein großes Gewirr an Löchern, verlassenen Straßen und mächtigen Hügeln. Von hier aus würden wir unsere Angriffe auf Stützpunkte in der Region, würden wir die kommenden zwanzig Stunden alles leiten und koordinieren. Wir waren nahe an Leipzig, aber dennoch außen vor. Wir hatten Zugriff auf Halle und die avisierten militärischen Ziele, das 11.MSD, das AZ/17 und das MB/III, die auf der anderen Seite von Leipzig und Halle jetzt relativ schutzlos vor uns lagen. Die Russen waren im Wesentlichen im Osten der DDR, die nächsten Stützpunkte hier waren die Militärtechnische Schule in Bad Düben und das Jagdfliegergeschwader 1 in Holzdorf. Das hier war also ein idealer Standort um sich bedeckt und ohne direkte Aufmerksamkeit aufzuhalten.

      Unser Hauptquartier selbst aber bauten wir mitten im Abbaugebiet Merseburg Ost so gewaltig wie möglich auf, wie ein riesen Hauptquartier, stellten allerhand erbeutetes Material in Sichtweite auf, direkt unterhalb des Förderturmes, plusterten uns schon einmal optisch zur Invasionsarmee. Hoffmann hielt es von Anfang an gut mit seinen Leuten, verteilte erbeutetes Material an alle Kämpfer, Waffen und Gerät wurde umgehend in den Verband integriert.

      Als wir in Merseburg waren, kamen den ganzen Vormittag wichtige Leute, Delegationen, teilweise Menschen aus Leipzig, Vertreter, Oppositionelle, aber auch Menschen, die überhaupt nicht den Anschein machten, hierher zu gehören. Alle kamen in das mächtige Hauptquartier. Natürlich auch Geheimdienste, welche wusste ich nicht, nur, dass es keine waren, die ich schon getroffen hatte; Und das sollte was heißen!

      Mittags kamen verschiedene eingeweihte Politiker, Pfarrer und Würdenträger aus der Stadt, demütig, alle schon vorab informiert. Dann, am frühen Nachmittag, sendete Hoffmann wie geplant allerhand Männer los, erst mehrere kleine Trupps in zivil für die Innenstadt von Leipzig, dann die kämpfenden Einheiten für die verschiedenen strategischen Ziele, zuletzt spezialisierte Männer für verschiedene Horch-, Koordinierungs-, und Kommunikationsstellen. Dann ging die ganze Operation los.

      Als der restliche Tag und auch die Nacht vorüber waren, fanden wir uns wieder in Merseburg ein. Wir waren praktisch alle unversehrt, hatten aber des nachts Hunderte Angehörige der Volksarmee

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