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Zeichen des nahenden Endes waren demnach sicht- und hörbar. Der Dormettinger Bürgermeister Berner erinnert sich, dass „am 18. April abends gegen 8 Uhr […] die Sprengung der Neckarbrücken aus Richtung Rottenburg-Horb zu hören“ gewesen sei. Deutsche Truppen wollten also die Alliierten am weiteren Vormarsch hindern. Dieser ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten. Ein Flugblatt der US-Amerikaner „An den Bürgermeister“ bestätigte: „Amerikanische Truppen sind im Anmarsch auf Ihre Stadt“, „Widerstand gegen unsere Truppen würde die Zerstörung Ihrer Stadt zur Folge haben. Rasche Übergabe jedoch wird die Stadt und ihre Bewohner vor einem solchen Schicksal bewahren.“ „Sie haben die Wahl zwischen Übergabe und Schonung Ihrer Ortschaft oder Widerstand und Vernichtung.“

      Diese Ankündigung gilt selbstverständlich auch für die anrückenden französischen Truppen, denn erst die US-Führung hatte ermöglicht, dass Frankreich als vierte zukünftige Besatzungsmacht mit einer eigenen Besatzungszone auf Kosten der amerikanischen etabliert wurde. Nach der sog. Direktive JCS 1067 des Generalstabs der Streitkräfte der USA vom 26. April 1945 hatten sich die Militärregierungen zu formieren. Unter Punkt vier heißt es: „Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat […] Bei der Durchführung der Besetzung und Verwaltung müssen Sie gerecht, aber fest und unnahbar sein.“ „Es muss den Deutschen klargemacht werden, daß Deutschlands rücksichtslose Kriegführung und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und Chaos und Leiden unvermeidlich gemacht haben und daß sie nicht der Verantwortung für das entgehen können, was sie selbst auf sich geladen haben.“

      3 Arrest-Kategorien-Handbuch – Deutschland, herausgegeben vom Ober­sten Hauptquartier des Alliierten Expeditionskorps, April 1945. In: Das sowjetische Speziallager Nr. 2 1945–1950. Katalog zur ständigen historischen Ausstellung, hgg. von Bodo Ritscher, Göttingen, 1999, S. 24 f.

      Als man im April 1945 auf dem Rathaus Schömberg wie allenthalben glaubte, die NS-Herrschaft sei vorüber, hängte man schleunigst NS-Adler und Hitlerbild ab, die allerdings deutlich sichtbare verräterische Spuren auf der Tapete hinterließen. Waren sie Symbol für die Aufklärungsaufgaben der Nachkriegszeit? Kann man Vergangenheit und Schuld wie ein Bild abhängen? Wenig später wurde die Arrestzelle des Rathauses wieder benötigt für Männer, deren Schicksal im Nachkriegslager Dormettingen besiegelt wurde.

      Die Schwierigkeiten beginnen mit der Bezeichnung: Ein ehemaliges nationalsozialistisches Konzentrationslager wurde in der unmittelbaren Nach-NS-Zeit, nachdem es nur kurze Zeit leer gestanden hatte, wieder mit dem Begriff „Lager“ charakterisiert und bekam zur Unterscheidung nur ein anderes Epitheton, „schwarzes Lager“. Benutzte man die aus dem NS-Regime bekannte Bezeichnung aus Gewohnheit auch für die „Gegenseite“? Schließlich waren jetzt ehemalige Vertreter des besiegten Regimes eingesperrt.

      4 Listen aus Dachau mit Dachau-Nummern: Es sind die Nummern 154 638 bis 154 662 = 24 mit dem Datum 6. und 12. April 1945 und 155 898 bis 156 071 = 173 mit dem Datum 12. April mit der Bezeichnung „Zugang am 12. 04. von Natzweiler-Dormettingen“, also zusammen 197 Männer. Die Bezeichnungen wechseln von Sch. = Schutzhäftling, Sch.Po. = polnischer Schutzhäftling (oder anderer Nationen), Sch.Po. J. = Schutzhäftling polnischer Jude, Po. J. = polnischer Jude. Das KZ Dormettingen dürfte für viel mehr Häftlinge Platz geboten haben, aber vermutlich sind die Insassen des KZ Dautmergen mit denen Dormettingens vermischt worden, weil die Arbeitsstellen von beiden Lagern „beschickt“ wurden. Auch die Insassen des KZ Erzingen wurden zu diesem Zeitpunkt per Bahn nach Allach transportiert.

      5 Hans-Günter Richardi, Eleonore Philipp und Monika Lücking: Dachauer Zeitgeschichtsführer. Die Geschichte der Stadt im 20. Jahrhundert mit zeitgeschichtlichen Rundgängen durch den Ort und durch die KZ-Gedenkstätte. Herausgegeben von der Stadt Dachau. 2. Aufl. 2001, S. 74. – Vgl. Hans-Günter Richardi, Schule der Gewalt. Das Konzentrationslager Dachau. München, 1995. – Zur „Reichstagsbrandverordnung“ als „Rechtsbasis“ des Nationalsozialismus: Karl Ploetz: Auszug aus der Weltgeschichte und „Enzyklopädie des Nationalsozialismus“. – Stichwort „wilde Konzentrationslager“. In: „Das nationalsozialistische Lagersystem“ CCP), herausgegeben von Martin Weinmann, für 2001 Frankfurt am Main 1990, Seite LXXX. Das Landgericht Rottweil benutzt die Überschrift „Illegales KZ in Dormettingen“: Ks 3/51 2 Js 7223/47. – Die Pfarrer nennen 1977, als sie die Gedenkfeier auf dem KZ-Friedhof Schömberg einführen, das ehemalige Nazi-KZ Dormettingen „wildes Lager“. Siehe unten S. 72. – Die „Ortschronik Erzingen 1950–1989“ spricht von „Dormettinger Todeslager“ auf Blatt 39 zum Jahr 1952.

      Verschiedene Bezeichnungen

       des Schwarzen Lagers

      „Illegales Lager“, „illegales Gefangenenlager“, „illegales KZ“ (in)

       Dormettingen, „wildes Lager“, „französisches Häftlingslager“ oder „Dormettinger Todeslager“, „Schwarzes Lager“: Mehr als ein halbes Dutzend Bezeichnungen waren und sind bis heute über dieses Lager im Umlauf bzw. urkundlich im Totenbuch von Dormettingen bezeugt. Der Begriffswirrwarr spiegelt die Unsicherheit der Verhältnisse und das Unwissen über die Zustände im Lager. „Schwarzes Lager“ trifft den fürchterlichen Sachverhalt, dass nämlich schwärzeste Taten, Verbrechen von Verbrechern begangen wurden. „Schwarzes Lager“ Dormettingen steht dafür, dass

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