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      »Wenig«, erwiderte Helga. »Für heute bin ich mit der Arbeit fertig. Oh, du liebe Güte, Herr Winkler wird schon da gewesen sein.«

      »Winkler? Sie meinen den Verleger?«

      »Den meine ich. Er ist mein Brötchengeber.«

      »Und er kommt zu Ihnen ins Haus?«, fragte Theo staunend.

      »Er wohnt in der Gegend, bringt mir die Arbeit mit und holt sie auch wieder ab. Ist doch nett, nicht wahr?«

      »Umwerfend. Sie scheinen ja eine unbezahlbare Kraft zu sein.«

      »Ich werde bezahlt«, erwiderte sie, und nun musste sie doch lächeln. »Ich werde ganz gut bezahlt, wenn Sie das beruhigt. Jetzt muss ich nach Hause. Herr Winkler ist gewohnt, dass ich zuverlässig arbeite.«

      Gerald Winkler kam fast gleichzeitig mit ihnen an. Seine Augenbrauen hoben sich leicht, als er Theo gewahrte. »Herr Rodenberg«, sagte er erstaunt. »Sie sind schon zurück?«

      »Wie Sie sehen«, erwiderte Theo in seiner lässigen Art.

      »Sie arbeiten jetzt mit Helga zusammen?«, fragte Gerald Winkler.

      »Leider nein, wenigstens bisher nicht. Wir haben uns heute erst kennengelernt. Aber was nicht ist, das kann ja vielleicht noch werden.«

      »Dann möchte ich aber mein Interesse an Ihrem nächsten Buch anmelden.«

      »Mein Gott, Sie sind Till Roden!«, rief Helga jetzt aus.

      »Das Mädchen ist schnell im Denken«, sagte Theo schmunzelnd. »Sicher könnte man gut mit ihr zusammenarbeiten.«

      »Helga hat bei mir eine Lebensstellung«, erklärte Gerald Winkler. »Das möchte ich dazu bemerken.«

      »Ich hole gleich das Manuskript«, sagte Helga rasch und eilte schon die Treppe empor. Purzel begab sich in den Garten. Er hatte genug vom Autofahren.

      Was die beiden Männer miteinander sprachen, wusste Helga nicht. Sie war ziemlich in Verlegenheit gebracht, denn Theo hatte sie so eigenartig angeschaut.

      Als sich Gerald Winkler dann höflich verabschiedet hatte, sagte er: »Ich habe schon gefürchtet, Sie hätten was mit ihm.«

      »Warum gefürchtet?«, fragte Helga schnippisch. »Er ist ein großartiger Mann.«

      »Haben Sie sehr viel für ihn übrig?«

      »Sehr viel«, nickte sie. »Er ist klug, hochanständig und großzügig. Ich arbeite gern für ihn.«

      »Und sonst keine Wünsche?«

      »Sie sind ziemlich frech. Glauben Sie, dass Herr Winkler noch mal eine Frau anschaut?«

      »Warum nicht? Ich hatte auch mal so ein Biest am Hals wie er. Zum Glück hat sie mich nicht aufs Standesamt gebracht. Ich schaue Sie übrigens sehr gern an.«

      Da wurde Helga doch glühend rot. »Sie sind ein komischer Mensch«, sagte sie.

      »Komisch? Ich bin alles andere als komisch, liebe Helga. Was machen wir jetzt?«

      »Ich werde Purzel sein wohlverdientes Futter geben.«

      »Und dann? Wir haben noch sehr viel zu besprechen, oder haben Sie Marlen Broda schon vergessen?«

      »Vergessen nicht, aber ich weiß nicht, was ich da noch tun soll.«

      »Ich fahre zu ihrer Wohnung und höre mich um, und dann erstatte ich Ihnen Bericht. Wir könnten miteinander zum Essen gehen.«

      Er redete, als wären sie alte Bekannte. So ein Mann war Helga noch nie begegnet. Ihr Misstrauen war geschwunden, nun blieb nur noch die Frage, ob Marlen Broda eine Rolle in seinem Leben gespielt hatte, oder ob sein größtes Interesse Viola galt. Das wollte sie zu gern in Erfahrung bringen, und damit entschuldigte sie auch vor sich selbst ihre rasche Zustimmung zu seinem Vorschlag.

      Purzel bekam ein extra gutes Futter, und er kroch dann, behaglich schnaufend, in seinen Korb. Ihm war der Tag anscheinend auch ein bisschen anstrengend gewesen.

      Helgas Nerven waren so überreizt, dass gar keine Müdigkeit aufkommen konnte. Es ging ihr so viel durch den Kopf, dass sie sich ganz mechanisch Notizen über den zeitlichen Ablauf dieses Tages machte.

      Unruhig blickte sie auf die Uhr. Der Zeiger rückte unaufhaltsam weiter, ohne dass Theo kam.

      Theo Rodenberg oder Till Roden. Es war seltsam, aber darauf wäre sie sobald nicht gekommen. Seltsam war es auch, dass Viola ihr von diesem Mann so gar nichts erzählt hatte, und er selbst über sich auch so sparsame Auskünfte gab. Doch bei ihm sprachen wohl die Leistungen für sich selbst, er brauchte nicht die aufgebauschte Publicity, wie sie von anderen gefordert wurde. Gerald Winkler schätzte ihn hoch ein, und das kam einer Auszeichnung gleich.

      Nun beschäftigten ihre Gedanken sich nur noch mit ihm, und dann atmete sie richtig erleichtert auf, als der Gong ertönte.

      Purzel hob nur den Kopf und gab ein kurzes Wau von sich, sein Schwanz wedelte, als Helga Theo die Tür öffnete, aber dann streckte er sich wieder aus und schlief weiter.

      »Jetzt habe ich einen Mordshunger«, verkündete Theo, »gehen wir.«

      Helga stellte keine Fragen. Sie nahm ihre Lederjacke und folgte ihm. Theo sah müde und nachdenklich aus.

      »Das Stück bis zum Böck können wir zu Fuß gehen«, meinte er. »Ich brauche frische Luft.«

      Helga nahm keinen Anstoß daran, dass er sie gar nicht fragte, wohin sie gehen wolle. Sie kannte sowieso kein Lokal. Allein ging sie niemals in ein Restaurant, und hier kannte sie sich erst recht nicht aus.

      Der »Böck« war ein gemütliches Lokal, und wie Helga von Theo versichert wurde, bekannt für die gute Küche. Das konnte sie nur bestätigen, und als Theo mit großen Schlucken ein Weißbier getrunken hatte, seufzte er erleichtert auf. »Jetzt fühle ich mich wohler. Warum stellen Sie keine Fragen, Helga?«

      »Vielleicht wollen Sie nichts erzählen«, erwiderte sie.

      Er sah sie nachdenklich an. »Mir wäre es aber lieber, wenn Sie fragen würden, damit ich weiß, was Ihnen am wichtigsten erscheint.«

      »Ich würde gern wissen, ob es eine Verbindung zwischen Viola und Marlen Broda gibt.«

      »Über einen Umweg womöglich, und der heißt Werner Kilian. Es war seine Wohnung, in der Marlen zuletzt wohnte. Da er nicht der Typ eines Wohltäters ist, stimmt das nachdenklich.«

      »Aber wir sollten uns hüten, falsche Schlüsse zu ziehen.«

      »In dem Haus wohnt übrigens auch der Heini, mit dem Vera Winkler durchgebrannt war. Aber ihn hat sie auch schon wieder verlassen.«

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